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Deichbau Gerwisch hat auf Sand gebaut

Läuft alles nach Plan, wird voraussichtlich Ende Mai 2015 begonnen, den
neuen Gerwischer Deich zu bauen. Dieser soll ein Hochwasser aufhalten
können, das noch 65 Zentimeter über dem Jahrhunderthochwasser 2013
liegt.

Von Manuela Langner 17.10.2014, 03:14

Gerwisch l Durchschnittlich einen Meter höher als der vorhandene Deich wird die neue Hochwasserschutzanlage sein. Der 1675 Meter lange Deich zwischen August-Bebel-Straße (Kombüse/ Baggervermietung) und Bahndamm wird in sechs Abschnitte unterteilt, die Rainer Fiedler vom zuständigen Ingenieurbüro aus Gommern erläuterte. Dem voran stellte er die Ergebnisse der Baugrunduntersuchung. Das gesamte Gebiet sei bis in große Tiefen sandig, also stark durchlässig. "Es ist keine wasserstauende Deckschicht im Untergrund vorhanden."

Da mit der endgültigen Auswertung des Hochwassers 2013 vermutlich erst in zwei bis drei Jahren zu rechnen ist, hat das LHW eine eigene Festlegung getroffen, erklärte Roland Günther, stellvertretender Leiter des Flussbereichs Schönebeck. Der Gerwischer Deich soll einem Hochwasser, das noch 65 Zentimeter höher als das Jahrhunderthochwasser 2013 ausfällt, standhalten können.

Der erste Abschnitt betrifft das Hochufer ab Kombüse. Hier entsteht eine überbreite Krone, auf der Kontroll- und Verteidigungsweg miteinander kombiniert werden. Der Deich rückt näher ans Wasser.

Das Wohngebiet Domblick befindet sich hinter dem zweiten Deichabschnitt. Auf der drei Meter breiten Krone entsteht ein zwei Meter breiter Kontrollweg. Der drei Meter breite Verteidigungsweg entsteht auf der vier Meter breiten Berme, die wiederum einen Meter unter der Krone liegt. Die Treppe, die ein bequemes Erklimmen des Deiches vom Domblick aus ermöglicht, wird wieder installiert. "Auch bei Hochwasser wird ein Befahren des Deiches mit Lkw möglich sein", sagte Rainer Fiedler.

Erst auf Nachfrage von Ortsbürgermeisterin Karla Michalski wurde deutlich, dass der Deich nicht dort liegen bleibt, wo er sich jetzt befindet, sondern dass die Masse näher an die Potztrine geschoben wird. Wo heute der Deich liegt, wird die Sickermulde angelegt. Rainer Fiedler erklärte, wie mit Dichtung und Filter beim Deichaufbau gearbeitet werde, um angesichts des sandigen Untergrunds die Standsicherheit zu gewährleisten. Fünf Pumpstellen werden entstehen. Die Pumpen muss die Gemeinde anschaffen. "Die Leute haben dort auf Sand gebaut", sagte Roland Günther. "Wir können das Problem des Drängwassers nicht mit unserem Deich lösen, wir können es nur reduzieren."

"Wir können das Drängwasserproblem nicht mit unserem Deich lösen, nur reduzieren." - Roland Günther, LHW

Der bereits vorhandene Deichverteidigungsweg entlang des dritten Abschnittes (hinter den Gärten), der 2013 gute Dienste geleistet hatte, kann liegen bleiben. Auch hier wird der Deich um etwa einen Meter erhöht.

Am Schöpfwerk wird mit einer Kombination aus Betonwand und Spundwand gearbeitet, um auch den vierten Abschnitt effektiv abzudichten.

Eine Spundwand kommt ebenso am fünften Abschnitt hinter dem Schöpfwerk zum Einsatz. Der vorhandene Damm kann genutzt werden. Ein kombinierter Kontroll- und Verteidigungsweg soll angelegt werden.

Der sechste Abschnitt verläuft parallel zur Bahn und schafft den Anschluss an den Biederitzer Deich. Komplizierter als zu erwarten macht diesen Abschnitt die Forderung der Deutschen Bahn, einen 14,35 Meter breiten Abstand zur Gleisachse einzuhalten.

Auf einen Rechenfehler machte der Gübser Ortsbürgermeister Karl Heinz Latz aufmerksam. Dieser wurde von Roland Günther eingeräumt. Allerdings sei es dennoch "zu händeln", versicherte er. Werner von Barnekow konnte er die Sorge nehmen, dass der Deichverteidigungsweg nicht als Einbahnstraße sondern als Ringverkehr angelegt ist, wie das der Anwohner gefordert hatte.

Die Gerwischer könnten ruhiger schlafen, meldete sich Ortswehrleiter Wolfgang Beckmann zu Wort, wenn der Rest des Gerwischer Deiches auf der anderen Seite der August-Bebel-Straße am Reiterhof entlang in Richtung Klärwerk und Sandberge ebenfalls saniert werden würde. Dieser Abschnitt werde zu Lostau gezählt, erklärte Roland Günther. Die Vorstellung des Bauvorhabens erfolge in Kürze.

Ob nur in der Gemeinde Möser oder auch in Gerwisch konnte er noch nicht sagen.

Mit dem Baustart sei aller Wahrscheinlichkeit nach Ende Mai 2015 zu rechnen, kündigte Roland Günther auf Nachfrage von Holger Pitsch an. Die Planung sei von Anfang an in enger Abstimmung mit den Genehmigungsbehörden erfolgt, so dass keine Probleme auftreten sollten. "Ich gehe davon aus, dass wir kein Planfeststellungsverfahren brauchen." Dieses könnte den Baustart um Jahre verzögern.

Wolfgang Rosenau erkannte "bautechnisch mehr Probleme, als dargestellt wurden" und bezeichnete die Standsicherheit des Deiches als größtes Problem. Sein Anliegen, die Unterlagen einsehen zu können, soll erfüllt werden. Ob die Unterlagen in Gerwisch oder in Biederitz ausliegen werden, wurde noch nicht mitgeteilt.

Wie der Gerwischer Deich in die Gesamtplanung einbezogen sei, wollte Jochen Schmidt wissen. "Wie hoch baut Sachsen?", ergänzte Karla Michalski die Fragestellung. Als Roland Günther antwortete, dass er erst am nächsten Tag nach Sachsen fahre, äußerte sich Schmidt sehr enttäuscht. "Ohne dieses Wissen ist jede Planung sinnlos."

"Ohne das Wissen, wie hoch Sachsen seine Deich jetzt baut, ist jede Planung bei uns sinnlos." - Jochen Schmidt

"Wir haben uns an Modellen orientiert, die das Hochwasser 2013 sehr gut abbilden", verteidigte Roland Günther die Vorgehensweise des LHW. "Ich kann nicht beantworten, ob es ein Hochwasser höher als 2013 geben wird."

Seinen Alternativvorschlag, den er schon bei der Vorstellung der Vorplanung im Frühjahr unterbreitet hatte, trug Horst Herrmann erneut vor: Von der August-Bebel-Straße den Deich direkt nach Biederitz hinüberziehen. Die Strecke sei viel kürzer als die geplanten sechs Abschnitte. Das sei schon gesetzlich nicht möglich, weil dann Überschwemmungsflächen verloren gingen, antwortete Roland Günther. Das sah Horst Herrmann nicht so. Schließlich könne die Potztrine weiterhin als Vorfluter genutzt werden. Die Kosten für ein neues Schöpfwerk und doppelte Hochwasserschutzanlagen sprächen dagegen. "Das ist keine Option", sagte Roland Günther.

Indem die Alte Elbe immer mehr verlande, weniger Wasser aufnehme, werde der Wasserstand in der Elbe künstlich erhöht, also auch die Gefahr, dass das Pretziener Wehr gezogen werden muss. Das wiederum steigere die Gefahr für die Orte, die am Umflutkanal liegen. Mit diesem Szenario konfrontierte Karl Heinz Latz das LHW. Holzungen in der Alten Elbe seien zuletzt gerichtlich gestoppt worden, sagte Roland Günther, der die Bedenken des Gübser Ortsbürgermeisters nachvollziehen konnte und mitteilte, dass das LHW die Problematik nicht aus den Augen verliere. Dass sich auch im Gerwischer Umflutgebiet immer mehr Riegel aus Bäumen und Sträuchern bildeten, die ein Abfließen des Wassers erschwerten, sprach Karla Michalski an.

Und was passiert, wenn während des vermutlich mehr als einjährigen Deichbaus ein Hochwasser auftritt? "Die Baufirmen dürfen jeweils nur einen Abschnitt aufmachen, den sie innerhalb von drei Tagen wieder verschließen können", sagte Roland Günther. Trotz Bauphase soll der Hochwasserschutz am Gerwischer Deich ständig gegeben sein.