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Hochwasserschutz Tausendfach gefordert: Lostau braucht einen Deich!

Von Thomas Rauwald 11.12.2014, 02:12

Lostau/Magdeburg l Lostau im Ausnahmezustand: Hunderte Soldaten der Bundeswehr, Kameraden von knapp 40 freiwilligen Ortsfeuerwehren, THW-Mitglieder aus fünf und DRK-Helfer aus acht Ortsverbänden und viele, viele private Sandsackfüller und Sandsackverbauer sowie zahlreiche Firmen, Betrieb und Verwaltungen kämpfen im Juni des Vorjahres bis zur Erschöpfung gegen die Wassermassen der Elbe. Der Schutz von Lostau gelingt. Doch Alt Lostau steht völlig unter Wasser, ist förmlich abgesoffen.

Die Bewohner haben ihre Häuser verlassen. Existenzen stehen auf dem Spiel. Als das Wasser in Alt Lostau weicht und die Menschen in ihre Häuser zurückkehren, wird das Ausmaß des Elbehochwassers deutlich. Tränen fließen. Das große Aufräumen beginnt.

Wenige Tage später muss die Müllabfuhr tonnenweise Möbel, Fernsehgeräte, Waschmaschinen, Kühlschränke, Lampen, Trockenbauwände, Fußbodendielen, Polstermöbel, Blumentöpfe, Türen, Zargen, Bilder, Computer abfahren. Manche Häuser sind nicht zu retten, müssen abgerissen werden.

Alle zehn Jahre ein Jahrhunderthochwasser?

Wie schon beim Augusthochwasser 2002 - als Jahrhunderthochwasser deklariert - wird elf Jahre später die Bürgerforderung nach einem Deich, nach einem sicheren Hochwasserschutz mit Nachdruck und noch lauter erhoben. Alle zehn Jahre eine Jahrhundertflut, und die eine immer mächtiger, immer zerstörerischer als ihr Vorgänger, das geht so nicht weiter.

Während für den Deichbau in Gerwisch in diesem Jahr bereits die Entwurfsplanung öffentlich vorgestellt worden ist und ein Baubeginn für den kommenden Mai in Aussicht gestellt worden war, stecken Planer, Hydrologen, Ökonomen, Naturschützer und die Experten vom LHW noch die Köpfe zusammen, um einen optimalen Trassenverlauf für den Deich in Lostau zu finden.

Burkhard Henning, der Leiter des LHW, und Ulf Reimherr vom für Lostau zuständigen Flussbereich Schönebeck haben die vom Planungsbüro entworfenen vier Varianten vor sich auf dem Tisch.

Ulf Reimherr macht zunächst die Basis der Arbeit deutlich. "Das LHW hat eine technisch einwandfreie Wasserschutzanlage hinzustellen. Sie muss den wirtschaftlichen Ansprüchen gerecht werden und zudem die Ökologie im Blick haben."

In den vier Varianten, die im Flussbereich intern weiter diskutiert werden, wird mal der eine, mal der andere Aspekt - Ökologie und Ökonomie - schärfer herausgearbeitet und umfassender berücksichtigt. Der Deich wird in einem ökologisch sehr sensiblen Bereich errichtet, in einem so genannten FFH-Gebiet. Das sind spezielle europäische Naturgebiete, die dem Schutz von Pflanzen (Flora), Tieren (Fauna) und Habitaten (Lebensraumtypen) dienen.

Wenn man hier bauen möchte, macht sich eine enge Kooperation mit den Naturschutzbehörden notwendig. Mehr noch als sonst üblich muss auf die Natur bei der Planung und beim Bauen Rücksicht genommen werden. So ist es unabdingbar und Bestandteil des Planungsverfahrens, dass in dem für den Bau in Frage kommenden Areal eine so genannte Kartierung erfolgt. Das ist eine Auflistung aller dort vorkommenden Pflanzen und Tiere, die während der Vegetationsperiode erfolgt. Geplant ist sie für das nächste Jahr von Mai bis September.

Und mit dem Deichbau machen sich in einem solch besonderen Schutzgebiet auch umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen notwendig. Ihr Umfang ist auch von der Dimension des Bauwerkes abhängig. Was dort ist Lostau gebaut werden wird, ist schon gewaltig. Je nach Trassenverlauf-Variante schwankt die Deichlänge zwischen rund 1800 und 2800 Meter. Man kann davon ausgehen, dass der Deich über drei Meter hoch werden wird. Die Sockelbreite beträgt rund sechs Meter.

Der Deich wird auf der Krone einen zwei Meter aspahaltierten Deichkontrollweg mit jeweils 50 Zentimeter breitem Bankett bekommen. Landseitig wird über einer Berme ein Deichvetreidigungsweg gebaut, der fünf Meter breit ist. Aus Platzgründen ist diese Bauweise zwischen der Bebauung von Alt Lostau und der Alten Elbe nicht möglich. Hier wird der Deichverteidigungsweg auf dem entsprechenden Abschnitt verlaufen. Zusätzlich wird eine Spundwand gesetzt. So sehen es die ersten Entwurfsplanungen, die noch nicht verbindlich sind, vor.

Von weiteren Baugrunduntersuchungen, der Bewertung der Retensionsräume, also von Flächen zur Ausdehnung des Elbwassers, und der Ökonomie wird es abhängen, welche Variante der LHW letztendlich präferiert. Dann geht das Vorhaben in das Genehmigungsverfahren. Allen vier Versionen ist gleich, dass Alt Lostau geschützt wird. Richtung Gerwisch wird mit einem Querdeich von der L 52 in rechtem Winkel bis zum Alten Bahndamm begonnen. Die Trassenverläufe unterscheiden sich dann in der Bewahrung oder Schaffung der Retentionsflächen. Eine Version präferiert auch einen Ringdeich um Alt Lostau. Nördlich wird der Deich mit einer Hochwasserschutzwand am Weinberg anschließen, erläutert Burkhard Henning.

Projekt wird in Lostau öffentlich vorgestellt

Auch in Lostau wird es eine öffentliche Vorstellung des Deichbauprojektes geben. Die LHW-Leute haben dafür den 19. Februar ins Auge gefasst. Man ist sich sicher, dass es einen regen Gedankenaustausch geben wird. Für eine konstruktive Diskussion sind die Experten immer zu haben. Immerhin wird der Deich, der rund 4,1 Millionen Euro kostet, Lostau neu prägen. Und das Schutzbauwerk wird die Ortschaft wappnen für die nächste Jahrhunderflut.