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Straathof hart in der Kritik Im Angebot: Ein Kilo Hack für 3,58 Euro

Eine neue Form der Tierhaltung fordert Bündnis 90/Die Grünen im
Landtag, die Linken sind anders als die CDU für Bestandobergrenzen, bei
der SPD liegt das Augenmerk auf der Wirtschaftlichkeit. Der Fall
Straathof begleitet die Debatte. Fakt ist: Mehr Tierwohl würde höhere
Preise bedeuten.

Von Franziska Ellrich 31.01.2015, 02:24

Magdeburg/Gladau l Mit einem Preis von 3,58 Euro für einen Kilogramm Gehacktes vom Schwein wirbt derzeit ein Discounter. Die Werbeanzeige liest gestern Abgeordneter Matthias Graner (SPD) in der Debatte im Magdeburger Parlament vor. Der Kommunalpolitiker aus dem Jerichower Land reagiert damit auf den Satz der Grünen-Abgeordnetin Dorothea Frederking: "Die Menschen wollen kein Fleisch von gequälten Tieren auf ihrem Teller."

"Solche Preise sind nur durch Massentierhaltung möglich, glauben sie wirklich, dass die Menschen kein Fleisch aus Massentierhaltung wollen?", fragt Graner in Richtung Frederking. Ihre Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert mit dem Antrag "Tierfabriken stoppen und Landwirtschaft schützen", dass die Größe von Tierbeständen sowohl betriebsbezogen als auch gebietsbezogen gesteuert werden. 50 000 Tiere wie in den Gladauer Ställen der Straathof Holding seien dann nicht mehr möglich. Frederking nennt Vorschläge des Bauernbundes von 3750 Mastschweinen oder 2000 Zuchtsauen pro Anlage.

Verlagerung ins Ausland

Dass die Anlage in Gladau demnächst geschlossen wird, ist für Frederking "der Beginn einer Wende in der Tierhaltung". Der Straathof-Konzern hatte die mit einem Haltungsverbot vom Landkreis belegte Anlage verpachtet. "Der Pächter hat entschieden, den Betrieb zu schließen", teilt ein Straathof-Sprecher auf Volksstimme-Nachfrage mit. Jetzt gehören Frederking zufolge im nördlichen Sachsen-Anhalt nur noch fünf Anlagen zur Unternehmensgruppe Straathof - in Klein Demsin, Wasmerslage, Binde, Hübitz und in der Nähe von Loburg. "Dass weitere Standorte verpachtet oder geschlossen werden, steht derzeit nicht zur Debatte", erklärt der Straathof-Sprecher. Und lässt offen, ob einzelne der 40 gekündigten Mitarbeiter aus der Gladauer Anlage an einem anderen Produktionsstandort übernommen werden. Wo der Straathof-Sprecher verbindlich wird: "Die Anlagen, die ich kenne, entsprechen den Regeln des Tierschutzes." Die Ideal-Vorstellung von einem Stall mit fünf Schweinen, die zum Eicheln fressen auf die Wiese gehen sei "einfach utopisch und unrealistisch".

Das sieht man gestern in der CDU-Fraktion ähnlich. "Wenn wir weiter regionale Tierhaltung betreiben wollen, sind keine Gesetzesänderungen notwendig", erklärt Abgeordneter Bernhard Daldrup. In den Reihen des Koalitionspartners sorgt man sich um die Arbeitsplätze, die durch höhere gesetzliche Auflagen, ins Ausland verlagert werden könnten. "Es darf jetzt keinen Generalverdacht gegenüber allen größeren Betrieben geben", sagt Jürgen Barth (SPD).

So sieht es auch Frank Zedler, der Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt: "Die Beachtung von Tierwohl und Ethik hat nichts mit Tierzahlen an Standorten zu tun. Tierwohl ist eine Frage des guten Managements, der Qualifikation des Tierhalters und dem Engagement der Mitarbeiter." Das wollen die Abgeordneten der Fraktion Die Linke mit ihrem Antrag am Freitag in Sachen Tierwohl nicht in Frage stellen. Jedoch: "Uns geht es nicht um starre, einheitliche Obergrenzen, sondern um territorial ausgerichtete Größen", erklärt Abgeordneter Hans-Jörg Krause. "Wir setzen uns für eine bodengebundene Tierhaltung ein", macht Landtagsmitglied Harry Czeke (Die Linke) deutlich. Für den Genthiner Stadtrat bedeutet das, dass es Ackerflächen in der Umgebung von Tierbetrieben geben muss, auf denen das Futter angebaut und die Gülle ausgefahren werden kann. Das Motto lautet damit "nur so viel Tierhaltung wie der Standort verträgt".

Preisanstieg unvermeidlich

Geht es nach Linken-Politiker Krause dürften "Nahrungsmittel nicht wie Ramsch-Artikel" bewertet und "Nutztiere nicht wie eine Sache, sondern wie lebende Geschöpfe behandelt" werden. Damit artgerechte Tierhaltung für den Landwirt nicht zu einem "betriebswirtschaftlichen Problem" wird, sieht Frederking die Lösung in "fairen Preisen, die der Handel und damit die Verbraucher zahlen". Auf Nachfrage aus den Reihen der CDU räumt Frederking ein, dass das Fleisch, was auf ihrem Teller landet vom Bio-Bauern stammt und für rund 18 Euro pro Kilogramm über die Ladentheke geht.

Ein Preis, der für den Landtagsabgeordneten Markus Kurze (CDU) aus Burg nicht tragbar ist: "Es ist eine Errungenschaft in Deutschland, dass jede Familie sich mindestens einmal in der Woche Fleisch leisten kann." Würden die Anforderungen der Grünen erfüllt, rechnet Kurze mit einem Preisanstieg von 30 Prozent. "Das wäre unsozial. 40 Prozent unserer Bevölkerung könnten das nicht bezahlen." Die Anträge wurden einstimmig in die Ausschüsse übergeben und sollen jetzt ausführlich beraten werden.

Fälle von Schwarzbauten

Landwirtschaftsminister Herrmann Onko Aeikens befürwortet die Diskussion. Und stellt in punkto Schließung der Gladauer Straathof-Anlage klar: "Die Verantwortung trägt das Unternehmen und weder Politik noch Behörden." Hans-Jörg Krause widerspricht: "Doch, ein klein wenig schon." Und weist auf die jahrelangen Diskussionen in Sachen Straathof hin, nennt Fälle von Schwarzbauten, die im Nachhinein sanktioniert wurden. "Das Tun von Straathof wurde toleriert."