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Gefahren von Computer, Tablet und Co Wenn ein Spiel abhängig macht

World of Warcraft, Counterstrike, Second Life - Onlinespiele haben ein
hohes Suchtpotenzial. Besonders gefährdet sind pubertierende
Jugendliche. Smartphones und Tablets haben die Entwicklung noch
verstärkt. Mediensucht war Thema der Patientenakademie im Burger
Krankenhaus.

Von Tobias Dachenhausen 17.02.2015, 02:32

Burg l Ein 14-jähriger Junge kann einem nicht mehr in die Augen gucken. Sie wandern hin und her. Seine Schulleistungen werden schlechter, er fängt an die Schule zu schwänzen. Will man ihm Handy oder Computer wegnehmen, droht er sich etwas anzutun. Die Abhängigkeit von einem Computerspiel ist eine Krankheit. Und der Jugendliche, von dem Dr. Ulrich Schubert am Sonntag vor rund 30 Zuhörern spricht, ist kein Einzelfall: Drei Prozent der 14-Jährigen Jungen sind computerspielabhängig, weitere fünf Prozent sind gefährdet. "Wenn einer auf dem Irrweg ist, dann haben wir schlechte Karten", sagt der Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Burger Krankenhauses. Sein Thema der Patientenakademie: Mediensucht.

Die mobilen Endgeräte wie Smartphones und Tablets tragen dieser Entwicklung noch weiter bei. "Heutzutage kann man immer dabei sein, weil man ständig online ist", erklärt der Oberarzt. Aufgrund dieser Geräte könnten Eltern die Aktivität ihrer Kinder viel weniger kontrollieren. Der Leistungsbereich und die Möglichkeiten von Tablet und Co seien gigantisch. "Ich will das alles nicht verteufeln. Diese Geräte sind toll, und wenn man sie bedienen kann, ist das klasse. Aber sie verbergen auch Nachteile und Gefahren", macht Schubert deutlich.

Anders sein als im wirklichen Leben

In der virtuellen Welt werden Erfolge zelebriert. Jedem ist es möglich, einen grafischen Stellvertreter zu erschaffen. "Ein kleiner, schmächtiger Junge kann hier groß und stark sein. Die Kinder können sich in den Spielen eine Welt erschaffen, die sie sich im realen Leben vielleicht wünschen", erklärt der Kinderarzt. Und die Industrie nutze das aus. Es gebe immer Möglichkeiten, seinen Charakter zu verbessern, neue Ausrüstungsgegenstände zu erwerben oder Schätze zu finden. Die Spiele haben praktisch keinen Endpunkt. "Eine große Gefahr ist es, dass man in den Spielen bei Fehlern immer neu anfangen kann. Das ist im realen Leben eben nicht möglich", nennt Schubert ein Beispiel. Auch wenn für Eltern die Begeisterung für manche Spiele unerklärlich bleibt, müssten sie versuchen ihre Kinder zu verstehen.

Die Gründe für das Interesse liegen Schubert zufolge auf der Hand. Andere Kinder in der Schule spielen es auch, und das entwickelt eine gewisse Gruppendynamik. Einsamkeit oder Langeweile können ebenso Faktoren sein, warum zum Computer oder Tablet gegriffen wird. Zudem führen mangelnde Erfolge im realen Leben dazu, sich in die virtuelle Welt zurückzuziehen. "Eltern sollten sich das dann mal zeigen lassen. Den Kindern selbst Fragen stellen, warum sie davon so fasziniert sind. Es ist wichtig, dass die Eltern mit an der Entwicklung teilnehmen, sonst verlieren sie den Kontakt zu den Jüngeren", betont der Oberarzt.

Aufmerksam sollten die Eltern werden, wenn die Kinder in der Schule schlechter werden, sie übernächtigt und müde sind oder gereizt reagieren, wenn sie nicht an PC oder Tablet dürfen. "Wenn sich das Kind aus der Familie zurückzieht, die soziale Einbindung verloren geht, müssen die Eltern aufpassen", erklärt der Arzt. Ein generelles Verbot hält der Kinderarzt aber für unangebracht. Er empfiehlt den Eltern, den Umgang mit den Spielen und den Geräten zu üben und dann für die Nutzung ein Zeitlimit setzen. "Zwei Stunden werktags wären noch in Ordnung. Die Kinder sollen aber ihre Spiele immer beenden können. Das ist wichtig. Dauert es mal länger als zwei Stunden, darf am nächsten Tag eben weniger gespielt werden. Es ist wichtig, Kompromisse zu finden", rät Schubert. Ein hoher Schutzfaktor für Kinder seien laut Oberarzt andere Interessen: Sportvereine, Theatergruppen oder Chor würden einerseits den Kontakt mit Gleichgesinnten erhöhen und andererseits die Zeit für Videospiele reduzieren. "Letztendlich muss man sich aber arrangieren. Die Welt ist im Moment so - schnelllebig, mobil. Wir müssen nur aufpassen, dass unsere Kinder keinen Schaden nehmen. Und das klappt am besten, wenn wir ein kameradschaftliches Verhältnis zu unseren Kindern haben und entsprechende Grenzen setzen", sagt Schubert.