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Aus Russland, Bulgarien, Kuba und Kasachstan: Vier Einbürgerungen im Jerichower Land Wie werde ich Deutscher?

Von Franziska Ellrich 04.03.2015, 02:24

8000 Kilometer trennen Yusimi Grimm von ihrem Geburtsort. Seit gestern besitzt die Kubanerin die deutsche Staatsangehörigkeit. Mit ihr wurden Anatoly Ross aus Russland, Nataliya Miller aus Kasachstan und Nikol Stoilkova aus Bulgarien eingebürgert.

Burg l Sonnenschein bei 32 Grad Celsius: So sah es gestern auf Kuba aus, im Jerichower Land stiegen die Temperaturen nicht über acht Grad. "Die Kälte ist nicht schön, aber da muss man sich eben warm anziehen", sagt Yusimi Grimm mit einem Schmunzeln. Es ist bereits der sechszehnte Winter, den die Kubanerin in Deutschland verbringt. 1999 ist sie mit einem Austauschprogramm als Lehrerin in die Bundesrepublik gekommen, hat sich verliebt und wollte bleiben.

Seit gestern besitzt die 38-Jährige die deutsche Staatsangehörigkeit. "Damit erwerben Sie eine Vielzahl von Rechten, aber auch Pflichten", sagt Landrat Steffen Burchhardt am Dienstagvormittag bei der Verleihung der Einbürgerungsurkunden. Neben Yusimi Grimm wird noch der gebürtige Russe Anatoly Ross, die in Bulgarien geborene Nikol Stoilkova und Nataliya Miller aus Kasachstan eingebürgert.

Alle Vier können von nun an wählen gehen oder sich selbst als Kandidat aufstellen lassen. Der freie Zugang zu allen Berufen und der diplomatische Schutz im Ausland sollen dem Landrat zufolge mit der Staatsangehörigkeit abgesichert sein. Nikol Stoilkova hat zum Glück bereits ohne Einbürgerungsurkunde den Ausbildungsplatz bekommen, den sie wollte. Die geborene Bulgarin lernt seit drei Jahren bei der Sparkasse Jerichower Land.

Elf Jahre ist es her, dass Nikol Stoilkova als damals Neunjährige ins Jerichower Land gekommen ist. Ihre "Mama ist der Liebe hinterher gezogen" und die beiden Kinder mussten mit. "Am Anfang fand ich das ganz schlimm, aber heute bin ich darüber glücklich", erklärt die Loburgerin.

Mit dem Deutsch lernen war es nicht ganz so einfach, anfangs wurde sie wegen ihrer Aussprache gehänselt. Davon ist gestern im Saal Jerichow im Burger Landratsamt nichts mehr zu hören. Auf die Frage des Landrates, ob sich die 21-Jährige eine Zukunft als Bankkauffrau vorstellen kann, antwortet Nikol Stoilkova in perfektem Deutsch: "Auf jeden Fall, im Juni kommen die Prüfungen und dann erfahren wir sicher bald, wer übernommen wird."

33 Fragen in 5 Minuten

Ob Loburg für immer ihr Heimatort bleibt, ist allerdings noch unklar. Doch, wenn es die junge Frau woanders hin verschlägt, steht fest: "Ich gehe ohne meine Mama und meinen Bruder nirgendwo hin." Zuhause unterhalten sich die Drei mal auf deutsch und mal auf bulgarisch. Damit die Muttersprache nicht verloren geht. Doch zurück nach Bulgarien ist keine Option. Deswegen auch Nikol Stoilkovas Antrag auf die Einbürgerung.

Um den bewilligt zu bekommen, muss man seit acht Jahren in Deutschland leben und seinen Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II absichern. Anatoly Ross verdient sein Geld als Schweißer in Genthin, Natalyia Miller arbeitet als Pflegeassistentin im AWO Fachkrankenhaus Jerichow und Yusimi Grimm ist Krankenpflegerin im Johanniter-Krankenhaus Genthin-Stendal. Keiner von ihnen darf eine Straftat im Führungszeugnis zu stehen haben und muss seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben.

Ob Nikol Stoilkovas Kenntnisse der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung ausreichen, musste sie durch einen Einbürgerungstest an der Volkshochschule nachweisen. In nur fünf Minuten hat sie die 33 Fragen richtig beantwortet. 60 Minuten hätte sie dafür gehabt. Welches Wappen gehört zum Bundesland Sachsen-Anhalt? Welches Grundrecht ist in Artikel 1 des Grundgesetzes garantiert? Fragen, auf die sich die Loburgerin nicht groß vorbereiten musste.

Ein Zertifikat über ihre Deutschkenntnisse musste Nikol Stoilkova nicht vorweisen - weil sie einen deutschen Schulabschluss hat. Die Kosten dafür hat sie gespart. Doch die Einbürgerungsgebühr beträgt bundeseinheitlich 255 Euro pro erwachsene Person.

Das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes der Bundesrepublik hat die Auszubildende auswendig gelernt. Wie die anderen Drei bekennt sie sich am Dienstag zu den deutschen Gesetzen und dazu alles zu unterlassen, was der Bundesrepublik schaden könnte. Was die 21-Jährige auch auswendig kann, ist die deutsche Nationalhymne. Zum Abschluss stehen alle Gäste im Saal Jerichow auf und singen ganz leise und begleitet vom Tonband das Lied von "Einigkeit und Recht und Freiheit."