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Noch 2015 soll die neue Düngeverordnung in Kraft treten / Das Ziel: Weniger Stickstoff in den Boden Wozu Ostseealgen die Bauern zwingen

Von Franziska Ellrich 18.03.2015, 02:22

Wenn die Algenteppiche in der Ostsee anwachsen und den Meereslebewesen das Licht nehmen, dann trägt der Dünger in den Böden der Region seinen Teil dazu bei. Weniger Stickstoff im Boden ist deswegen ein Ziel der neuen Düngeverordnung. Wie die aussehen soll, erklärte Hans-Ulrich von Wulffen auf Einladung des Bauernverbandes.

Büden l Der Stickstoff- und Phosphatgehalt im Meer kurbelt das Algenwachstum an. Und Algen blockieren den Einfall von Sonnenlicht ins Meer. Sie zehren den Sauerstoffgehalt des Wassers auf. Das ist schädlich für die Fische und andere Meereslebewesen. Dass Überdüngung eine Ursache dafür sein kann, gilt als bewiesen. "Sinkt so ein Algenteppich zu Boden, lebt dort kein Wurm mehr", erklärte Dr. Hans-Ulrich von Wulffen von der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau.

Der größte Teil des Stickstoff-eintrages in der Ostsee soll von der deutschen Küste kommen. Unter der Überschrift "Die neue Düngeverordnung kommt!" hielt von Wulffen einen Vortrag vor mehr als 80 Landwirten aus dem Jerichower Land. Groß geschrieben wird in der neuen Düngeverordnung das Thema: weniger Stickstoff und Phosphat in den Boden. Bringt Deutschland keine Novelle heraus, drohen teure Strafen von der EU. Für die Landwirte vor Ort bedeutet das eine doppelt so dicke Düngeverordnung als bisher. "Bisher gibt es nur eine Mengenregel für flüssigen Wirtschaftsdünger, jetzt kommen noch Regeln für Stallmist, Kompost und feste Gärreste hinzu", nennt von Wulffen eine der Neuerungen.

Ende 2015, Anfang 2016 soll die Novelle in Kraft treten. Was auf die Landwirte dann zukommt, ist jede Menge Schreibarbeit. Wird bisher der Nährstoffvergleich nur nötig, wenn die Kontrolle durch den Landkreis angekündigt ist, muss demnächst jeder Landwirt seine Werte in eine elektronische Datenbank einpflegen. Wieviel Dünger landet im Boden? Und wie viele Ernteprodukte verlassen das Feld?

Kommt dabei am Ende ein Stickstoffüberschuss heraus, wird derzeit diskutiert diesen zu besteuern. Der Vorschlag des Sachverständigenrates für Umweltfragen lautet: Ein Euro je Hektar. Steigt der Überschuss, steigen auch die Kosten. Doch damit nicht genug. Anhand sieben verschiedener Faktoren müssen die Landwirte demnächst ihren Düngebedarf ermitteln. Ein Programm wurde dafür von Wulffen zufolge bereits entwickelt. Je nach Zusammensetzung des Bodens und dem Ertragsniveau der letzten drei Jahre wird dann die zulässige Dünge-Menge errechnet. Fakt ist: Durften vorher noch 60 Kilogramm Stickstoff je Hektar in den Boden, sind es dann nur noch maximal 50 Kilogramm.

Gefahr für die Landwirtschaft

Hans-Ulrich von Wulffen machte in der Gesprächsrunde deutlich: Wer als Landwirt viele Rinder oder Schweine hält, bekommt mit den neuen Anforderungen in Sachen Stickstoffgehalt ein bilanztechnisches Problem. Was auch hinein spielt: "Dünger mit einem wesentlichen Stickstoff-Gehalt darf nach der Ernte nicht mehr auf den Acker." Zudem wird eine höhere Lagerkapazität für den Mist gefordert.

Ginge es nach der EU, müssten auch die Jauche- und Gülle-Anlagen im gesamten Bundesgebiet ganz neuen Anforderungen gerecht werden. "Das kann sich kaum ein Landwirt leisten", sagt von Wulffen und macht deutlich, dass dann unter anderem nur noch Spezialfirmen Reparaturen an den Anlagen vornehmen dürften.

Deswegen haben sich die Länder geeinigt, dass die Verordnungen für die alten Anlagen vorerst bestehen bleiben. "Doch es ist noch unsicher, ob es dabei bleibt und die EU zustimmt", räumt der Mitarbeiter der Landesanstalt ein. Was die Novelle für die Landwirtschaft bedeutet, ist auch unsicher. "Wenn unser Berufsstand nicht endlich wach wird, kriegen wir Probleme", sagt der Vorsitzende des Bauernverbandes Jerichower Land Edmund Herrmann. Und formuliert ganz deutlich, was passiert, wenn die Landwirtschaft verschwindet: "Dann sind die Dörfer leer."

Doch für Sanktionen wird das keine Rolle spielen. Wer gegen die neue Verordnung verstößt, bekommt einen Aktenvermerk und eine Schulungspflicht. "Wer schult und wie geschult wird, ist noch offen", so von Wulffen. Auch offen: Wer die Kosten für die regelmäßigen Kontrollen trägt. "In Niedersachsen wird zur Zeit diskutiert, die kontrollierten Betriebe zahlen zu lassen."