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73000 Anrufe pro Jahr Notruf 112: Hallo, hier ist die Leitstelle

Menschen in Lebensgefahr, brennendes Haus oder ein Sturm, der Bäume umknickt - Hilfe gibt es unter Notruf 112. Solche Anrufe landen in der Leitstelle, die Feuerwehr und Rettungswagen alarmiert. In Burg steht jetzt die modernste Leitstelle Sachsen-Anhalts.

Von Falk Heidel 20.04.2015, 03:32

Burg/Genthin l Im sogenannten Serverraum steht Meik Schulz und erklärt seinen Zuhörern die ganz neue Leitstellentechnik: "Allein für die Leitstelle hier in der dritten Etage sind 20 Kilometer Kabel verbaut worden." Weitere 20 Kilometer kommen hinzu für die Technik der anderen Büros im neuen Verwaltungsgebäude am Landratsamt. Meik Schulz ist Chef von zwölf Leitstellen-Mitarbeitern, die hier durchgängig in Zweierteams die Notrufe entgegennehmen, Hilfe organisieren und steuern.

Zu den Zuhörern gehört Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht. Selbst der stattliche CDU-Politiker wirkt schmächtig neben den riesigen Servercomputern - jeder so groß wie ein Schlafzimmerschrank. Stahlknecht sagt: "Wir brauchen solche zeitgemäß ausgestattete Leitstellen." Die Fusion von Leitstellen mehrerer Kreise sei für ihn derzeit kein Thema.

Landrat Steffen Burchhardt (SPD) meint: "Eine neue Leitstelle weiht auch ein Innenminister nicht alle Tage ein. Mit dieser modernsten Leitstelle in Sachsen-Anhalt sind wir für sämtliche Katastrophenfälle bestens gerüstet." Trotz der offiziellen Einweihung am Mittwoch arbeitet dieses Kommunikationsbüro schon seit Anfang des Monats. Kreisvorstand Bernd Girke sagt: "Mit dem Orkantief Niklas haben die Mitarbeiter bereits den ersten Großkampftag gemeistert."

Dennoch: Wo der Minister schon mal da war, sollte es auch einen hochoffiziellen Durchschnitt eines Bandes zum Leitstellenstart geben. Die Scheren für die Promis waren aus den Büros in der unteren Etage ausgeliehen (teilweise mit Namen versehen). Es folgte ein kleiner Empfang bei Kaffee, Traubensaft und Schnittchen. Mit dem Argument der angespannten Terminlage verabschiedete sich Stahlknecht aus der Runde. Jedoch startete er nicht sogleich seine Dienstlimousine in Richtung Magdeburg, sondern ließ sich von der Magdeburger Malerin Michaela Meves-Tauch durch ihre Ausstellung im Landratsamt führen. Die Künstlerin sagte zur Volksstimme: "Einer seiner Favoriten ist das Bild "Frühling in Mümmelshagen".

Etwas bescheidener fiel das Buffet tags darauf an selber Stelle aus. Trotzdem war das Treffen aller aktuellen und ehemaligen Leitstellenmitarbeiter eine großartige Idee. "Natürlich ist es ein spannender Moment, die moderne Technik in den neuen Büros besichtigen zu dürfen", erzählt Gerda Engelbrecht. Die gelernte Krankenschwester hat die Anfänge der Leistelle im damaligen Kreis Genthin erlebt: "Wir saßen im Gebäude des früheren Wehrkreiskommandos an der Dattelner Straße mit der Technik aus DDR-Zeiten, also Telefon mit Wählscheibe."

Rettung kleiner Vögel ist keine Leitstellen-Aufgabe

Daran kann sich auch der Genthiner Immo Paschel (vielen als Fahrlehrer bekannt) erinnern. Er kam etwas später hinzu: "Freitagabends haben wir seinerzeit noch Funkgeräte an die diensthabenden Kassenärzte ausgegeben." Ehe die Leitstelle vor fast 25 Jahren diese Aufgabe übernahm, kümmerten sich die Diensthabenden des Rates des Kreises um die Notrufe.

In Burg gab es den Übergang etwas später als in Genthin, nämlich 1992. Rosemarie Strübing gehörte zum damaligen Kollegenkreis: "In unserem Büro waren wir die Kellerkinder des Landratsamts an der Bahnhofstraße." Auch Helga Moritz hat in den 90er Jahren ihre Dienste bei der Leitstelle absolviert.

2005 zog das Notrufcenter in die Alten Kasernen. Dort arbeiteten die zwölf Mitarbeiter plus Leiter Meik Schulz bis vor einigen Tagen. "Die Nähe zu unserem Krankenhaus war ein deutlicher Standortvorteil", sagte der Ärztliche Direktor Prof. Paul Janowitz. "Aber die technischen Bedingungen sind hier natürlich imponierend."

Im vergangenen Jahr haben die Mitarbeiter 73000 Notrufe entgegengenommen. Vermittelt haben sie unter anderem 4400 Notarzteinsätze, 250 per Hubschrauber. Bei 345 Bränden alarmierte die Leitstelle die Feuerwehr.

Doch nicht jeder Anruf ist tatsächlich ein Notfall. Wolfgang Möhring erzählt: "Manchmal rufen Menschen an, weil ein kleiner Vogel aus dem Nest gefallen ist. Aber da können wir nicht helfen, eine öffentliche Tierrettung gibt es nicht." Diesbezüglich hat sich (im Gegensatz zur Technik) in all den Jahren wenig geändert.