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Kommunalwald des Landkreises Verkaufen oder halten?

Verkaufen oder langfristig jährliche Einnahmen verbuchen: Der 900 Hektar
große Kommunalwald des Landkreises ist heißdiskutiertes Thema im
Kreistag.

Von Falk Heidel 23.04.2015, 03:25

Burg/Genthin l Es sind hauptsächlich CDU-Mitglieder, die derzeit in den Ausschüssen des Kreistages den Kommunalwald thematisieren. Unter anderem sagte Dr. Peter Sanftenberg: "Der Kommunalwald verursacht hohe Kosten und kaum Gewinne. Daher sollten wir einen Verkauf in Betracht ziehen." Dr. Volker Bauer aus Genthin schätzt den Wert auf mehr als fünf Millionen Euro. Fachleute ordnen diese Waldflächen als hochwertig ein. Die Areale zwischen Friedensau, Grünthal, Madel und Möckern sind meist Mischwald mit ausgewogenem Waldbau inklusive Feuchtgebieten. Der Wildbestand gilt als exzellent. Entsprechend hoch werden sich die Jagdpachten einpendeln. In den kommenden Jahren werden diese Jagdpachten neu ausgeschrieben.

Experten zufolge kann man mit einer nachhaltigen Bewirtschaftung eines solchen Waldes jährlich eine zweiprozentige Rendite erzielen, in Ausnahmefällen bis zu vier Prozent.

Laut Haushaltszahlen des Landkreises sind die Einnahmen aus dem Kommunalwald derzeit rückläufig. Demnach waren es 2013 noch 53000 Euro Ertrag pro Jahr. Im Plan für 2018 stehen dann nur noch knapp 16000 Euro. Hinzu kommen 95000 Euro Rückstellungen für die Munitionsberäumung eines Waldstücks am Schießplatz Madel.

Kreistagsmitglied Andreas Fischer (Wählergemeinschaft Fläming) meint: "Wenn wir eine solche Waldfläche bewirtschaften, muss am Ende auch etwas dabei herauskommen. Zumal die Holzpreise derzeit sehr hoch sind." Und: "Es geht nicht, dass wir bei unseren Einwohnern an Sozialleistungen sparen und auf der anderen Seite solche Anlagen nicht voll ausschöpfen."

Zudem kritisierte Fischer die Informationen der Landkreisspitze in den Ausschüssen: "Da ist erst von 100 Hektar die Rede, später von 900." Außerdem konnten Landrat Burchhardt und seine Vorstände innerhalb von zwei Ausschüssen nicht klären, ob der Wald überhaupt verkauft werden dürfe. Oder ob ein Testament dies verbiete.

Auf Volksstimme-Nachfrage erklärt Bundesforstdirektor Rainer Aumann: "Wald ist eine sichere und solide Geldanlage." Er würde von einem Verkauf abraten. Das Jerichower Land lässt seine Waldflächen durch die Landesforst bewirtschaften. Im nächsten Umweltausschuss sollen die Forstleute von den Kreistagsmitgliedern befragt werden.

Auch Helmut Halupka (SPD) ist gegen den Verkauf des Waldes. Aber: "Die Zahlen der Bewirtschaftung müssen überprüft werden." Dr. Volker Bauer: "Nur 20000 Euro Nutzen aus 900 Hektar Wald sind ein katastrophales Missverhältnis." Er bezieht sich auf die prognostizierten Zahlen für das Jahr 2016.

Kreisvorstand Bernd Girke: "Der Wald ist sehr begehrt, es wäre der falsche Weg, ihn jetzt zu verkaufen." Ähnlich sieht es Dr. Christoph Kaatz (Grüne): "Der Wald hat einen ökologischen Wert, sollte unbedingt in kommunaler Hand bleiben."

Vor mehr als 70 Jahren ist der Wald aus dem Gutsbesitz in Stresow durch Erbe an den damaligen Landkreis übergegangen. Ein 14 Jahre andauernder Rechtsstreit um das einstige Rittergut Stresow zwischen dem Jerichower Land und der Erbengemeinschaft nach Margarete Gaertner wurde im Dezember 2005 vor dem Oberverwaltungsgericht Leipzig mit einem Vergleich beendet.

"Es wäre falsch, den Wald jetzt zu verkaufen"

Bernd Girke, Kreisvorstand

Margarete Gaertner hatte ein Jahr vor ihrem Tod 1941 in ihrem Testament verfügt, dass der Landkreis Jerichow I alleiniger Erbe des Gutes werden und die Ernst-Gaertner-Stiftung zum Wohle des Heimatkreises gegründet werden sollte. Allerdings waren dem Erbe mehrere Bedingungen vorgeschaltet: Demnach verfügte die Erblasserin, dass der Kreis sein Erbe verlieren würde, sollte er eines Tages enteignet werden.

Zahlen beziehungsweise Bilanzen zum Kommunalwald sind in den vergangenen Jahren kaum veröffentlicht worden. Der damalige Landrat Lothar Finzelberg nannte 2011 einige Eckpunkte aus der Waldbilanz: "Neben dem Holzeinschlag von rund 4000 Festmetern wurden Aufforstungen auf etwa fünf Hektar vorgenommen. Dafür wurden 29 400 Eichen, Douglasien und Kiefern gepflanzt", so Finzelberg. Darüber hinaus seien Wege auf einer Länge von 1220 Metern befestigt worden. Die aktuelle Kampfmittelräumung im Revierteil Grünthal dauert bereits einige Jahre an. Sie umfasst ein Areal von 300 Hektar. Hier sind weitere Aufforstungen vorgesehen.