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Abteilung Kanu ist ein Aushängeschild / Teil 8 der Volksstimme-Serie zur Geschichte des SV Eintracht Gommern Sport frei: Auf dem Wasser eine Macht

Von Manuela Langner 20.05.2015, 03:25

Am 12. Juni 1865 wurde in Gommern der Männer- Turn-Verein ins Leben gerufen. Die Abteilung Turnen gibt es im SV Eintracht Gommern heute noch. Dieses Jahr wird das 150-jährige Bestehen des Sportvereins groß gefeiert. Zum Gründungstag findet ein Sportlerball in der Festscheune statt. Bis dahin stellt die Volksstimme in loser Reihenfolge den Sportverein, seine Geschichte und Abteilungen vor.

Gommern/Pretzien l Hochwasser? Hier? Egal, wem Burkhard Schulle, Abteilungsleiter Kanu beim SV Eintracht Gommern, von den bitteren Stunden im Juni 2013 berichtet, als das Vereinsheim an der Wilden Zicke im Jahrhunderthochwasser der Elbe untergegangen ist, der schaut ihn erst einmal ungläubig an. Hochwasser? Hier? Vereinsgelände und Campingmöglichkeiten liegen doch auf einem Hügel. Und keinem, der sich in der Landschaft versteckt, sondern einem, den man als Spaziergänger und Radfahrer erstmal überwinden muss.

Trotzdem stand vor knapp zwei Jahren das Elbehochwasser fast einen Meter hoch auf dem Vereinsgelände. "Die Schäden am Bootsschuppen und Sanitärgebäude waren reparabel, aber unser Vereinsheim musste abgerissen werden", sagte Burkhard Schulle. Schon ein Jahr später wurde mit dem Neubau der Unterkunft begonnen. Fördermittel aus dem Hochwasserhilfefonds des Landes Sachsen-Anhalt machten es möglich. Hinzu kamen finanzielle Unterstützung durch Lotto-Toto, von Unternehmen und zahlreicher privater Spender. Die Geldgeber kamen nicht nur aus Gommern und Umgebung, sondern aus ganz Deutschland, darunter Greifswald, Fürstenwalde und Stuttgart.

Weil sich Verein und Stadt und alle anderen Institutionen angestrengt haben, kann das neue Vereinsheim schon in diesem Sommer eingeweiht werden. Die Feier dazu am 20. Juni ist ein weiterer Höhepunkt anlässlich des 150-jährigen Bestehens des SV Eintracht Gommern.

Obwohl das fehlende Vereinsheim den Sportbetrieb an der Wilden Zicke schwieriger machte, ging für die Kinder und Jugendlichen das Training weiter. Die Abteilung Kanu ließ sich vom Hochwasser auch nicht die Teilnahme am Sachsen-Anhalt-Tag 2013 nehmen oder die Ausrichtung der Kreis-Kinder- und Jugendspiele auf dem Kulk in Gommern.

Außerdem sind die Wassersportler hart im Nehmen. Als ihre Sektion innerhalb der BSG Aktivist Gommern 1961 gegründet wurde, konnte die Betriebssportgemeinschaft nicht mehr als "eine halbe alte Baracke vom alten Gommeraner Fußballplatz" zu Verfügung stellen. Die Kanuten besorgten zusätzlich "einen Haufen alter Kisten". In ihrem Sommerurlaub 1962 schlugen Werner Strube (der erste Vorsitzende der Abteilung Kanu), Ernst Meininger, Gerhard Nuppenau und Hans Dietrich Schulle erstmals die Zelte auf dem Vereinsgelände in Pretzien an der Wilden Zicke auf. Auf das zuvor gegossene Fundament wurde das Vereinsheim gesetzt. Ein Jahr später wurde das Gelände planiert und begradigt und viel Kleinarbeit geleistet. "All denen, die da anpackten, sollten wir Dank sagen für diesen Teil der Wegstrecke", sagte Burkhard Schulle.

Neben der Arbeit am Vereinsgelände kam der Sport nicht zu kurz. Über den Trägerbetrieb konnte ein Lkw besorgt werden, der Gemeinschaftsfahrten mit der gesamten Ausrüstung an den Stechlinsee, Netzener See oder nach Kiehnwerder möglich machte. Unvergessen ist der Abstecher an den Plauer See, als starke Stürme an den Nerven der Gommeraner zerrten.

Die Abteilung Kanu gewann kontinuierlich an Mitgliedern. Zugleich wuchs auch die Ausrüstung des Vereins. Das bisherige Vereinsheim platze aus allen Nähten. Bei der Erweiterung in den siebziger Jahren konnte ein Teil der alten Fußballbaracke erhalten werden (bis das Hochwasser 2013 kam). Parallel machten sich die Vereinsmitglieder an den Anbau des Bootsschuppens. "Außerdem gelang es uns, eine große Unfallgefahr zu beseitigen und ein Geländer zu installieren", blickte Burkhard Schulle zurück. Der erste Fehltritt passierte zwar, als das Geländer schon vorhanden war, aber glücklicherweise ging der Sturz glimpflich aus.

Fritz Strahl und Christiane und Burkhard Schulle, die beide vom Kanu-Rennsport kamen, legten den Grundstein für die Nachwuchsarbeit in der Abteilung Kanu. Der Erfolg der Gommeraner ließ nicht lange auf sich warten. Die Teilnahme an der DDR-Bestenermittlung im touristischen Mehrkampf wurde mit zwei Bezirksbesten und sogar einem DDR-Titel gekrönt. Jörg Fritsche und Mario Schreiber gelang es, sich den DDR-Titel ein zweites Mal zu holen. Mit Gunnar Kollack erkämpfte sich Jörg Fritsche den Titel sogar ein drittes Mal. Unter Übungsleiter Burkhard Schulle war der Nachwuchs sowohl beim Touristischen Mehrkampf als auch bei den Spartakiaden oder bei Volleyballturnieren eine ernstzunehmende Konkurrenz.

"Der SG Blau-Weiß Niegripp haben wir viel zu verdanken", sagte Burkhard Schulle. Die Niegripper halfen bei Aufbau der Sektion für den touristischen Mehrkampf, stellten unter anderem Bootsmaterial oder Paddel zu Verfügung.

Die Wende brachte für die Kanuten neue Herausforderungen, die Umwandlung der Abteilung verlief jedoch ohne Probleme. Im Frühjahr 1990 knüpften die Gommeraner Kontakte zur Ski- und Kanusportgruppe am Gymnasium im Schloss e.V. Wolfenbüttel, die bis heute noch Bestand haben.

Fabian Thomas (1.Platz) und Denny Richter (3. Platz) errangen 1996 die ersten großen Erfolge bei Landesmeisterschaften für die Abteilung Kanu des SV Eintracht Gommern. Im gleichen Jahr feierte die Abteilung ihr 35-jähriges Bestehen und taufte ihre neuen Boote: Max, Moritz und Dig und Dag. 1999 folgte der Erwerb des Zehner-Mannschaftscanadiers, um Vereinsfahrten und Schnupperkurse für Anfänger zu ermöglichen. Mit dem DRK-Hort Weinbergstrolche ist beispielsweise eine langjährige Partnerschaft entstanden.

Beim Treffen mit der Jugendfeuerwehr Gommern und ihrem damaligen Jugendwehrleiter Jens Hünerbein entstand 1998 die Idee zur Schlauchbootregatta auf dem Kulk. Ein feucht-fröhlicher Wettbewerb, der längst nicht mehr aus dem Veranstaltungskalender der Stadt wegzudenken ist.

Mit Nils und Michel Arnold konnten die Kanuten im Jahr 2000 erstmals in ihrer Vereinsgeschichte zwei Sportler zum SC Magdeburg delegieren. Beim Wettkampf Sterne des Sports im Jerichower Land belegten die Kanuten 2012 den 1. Platz und sicherten sich landesweit den 4. Rang.