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Ex-Volkshochschulleiter Rüdiger Schöll an seinem letzten Arbeitstag: Wer aufhört neugierig zu sein, ist alt - ich bleibe neugierig"

21.04.2011, 04:28

Er ist ein Mann der leisen Töne. Mit Rüdiger Schöll (63) verlässt der Kapitän die Kommando-Brücke namens Kreisvolkshochschule. 22 Jahre lang hat er die Ausrichtung dieser Bildungsstätte geprägt, davon neun Jahre als Leiter der Einrichtung. Über Erinnerungen, Wünsche und Ziele unterhielt sich Redakteur Falk Heidel mit dem Familienvater aus Parchau.

Volksstimme: Herr Schöll, Sie mussten, nein durften, an ihrem letzten Arbeitstag hunderte Hände schütteln.

Rüdiger Schöll: Ja, das hat mich auch sehr bewegt. Es ist mit Sicherheit ein Indiz für die ausgesprochen gute Zusammenarbeit der Kreisvolkshochschule mit den vielen Einrichtungen und Institutionen des Jerichower Landes. Man kann gar nicht alle fruchtbaren Kooperationen aufzählen angefangen von Stadt- und Kreisverwaltungen, Banken und Bibliotheken, Krankenkassen, Schulen, Kliniken, Unternehmen und, und, und.

Volksstimme: Brechen Sie tatsächlich alle Zelte hinter sich ab?

Schöll: Ich gehöre definitiv nicht mehr zum VHS-Inventar, möchte der Einrichtung aber auf andere Art verbunden bleiben. Unter anderem als Teilnehmer des Geschichtskreises oder beim Treff Gesundheit. Zwei Dinge, die mir sehr am Herzen liegen. Vielleicht werde ich mich auch in den einen oder anderen Sportkurs einbringen. Übrigens: Ganz neu ist jetzt ein Lach-Yoga-Lehrgang. Wer nicht mehr neugierig ist, ist alt. Ich will neugierig bleiben.

Volksstimme: Wie würden Sie die Kreisvolkshochschule charakterisieren?

Schöll: Außer Bildungsstätte ist die Volkshochschule auch Ort der Kommunikation, Sozialisation und Integration von Generationen, Nationalitäten und Kulturen. Lebenslanges Lernen ist aus meiner Sicht elementar wichtig. Im vergangenen Jahr haben 70 Dozenten etwa 2500 Menschen in den unterschiedlichsten Branchen geschult.

Volksstimme: Wie groß ist das Volksschulspektrum?

Schöll: Bei den 6000 Unterrichts-Stunden des vergangenen Jahres handelt es sich um sehr viel mehr als Hopsen und Springen. Wir legen großen Wert auf Nachhaltigkeit. 140 Kurse drehten sich um Bildung, Recht, Sprache, Kunst, Sport und Computer in allen Facetten. Beispielsweise gibt es Angebote, wo ältere Menschen den Umgang mit einem Handy oder dem Internet erlernen. Größter Wachstumsmarkt ist jedoch der Bereich Gesundheit und Bewegung.

Volksstimme: Wie hat sich der Markt und damit das Angebot in den vergangenen 20 Jahren verändert?

Schöll: Nach der Wende standen die Menschen Schlange für Kurse, die sich um das Thema Recht drehten. Dinge wie Erben und Vererben, Verträge und Versicherungen oder Scheidungsrecht war für die Leute vor 20 Jahren Neuland. Heute gehen wir sehr viel entspannter damit um.

Volksstimme: Gibt es bei der Volkshochschule Geschlechter-Unterschiede?

Schöll: Natürlich. 70 Prozent unserer Schüler sind Frauen. Oft sind sie bei Gesundheits- und Bewegungskursen ganz unter sich. Aufgefallen ist mir zudem, dass es Frauen leichter fällt, eigene Fehler oder Schwächen einzugestehen. Männer tun sich damit sehr viel schwerer.