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Erste Landtour des Netzwerkes "Zukunft Sachsen-Anhalt" auf Spurensuche im Jerichower Land Kleine und mittelständische Betriebe haben es schwer, regional zu bestehen

Von Bettina Schütze 01.12.2011, 05:21

Erstmals führte die Tour "Nachhaltig durch Regionalität? Regionales Handwerk in Burg" durch das Jerichower Land. Vertreter des Netzwerkes "Zukunft Sachsen-Anhalt" besuchten die Tischlerei Dirk Meier in Theeßen und die Zänker-Mühle in Gütter.

Theeßen/Gütter l Welche Vor- und Nachteile oder Probleme ergeben sich aus der regionalen Ausrichtung von Betrieben? Wie weit funktionieren regionale Kreisläufe? Welchen Beitrag können die Betriebe zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten? Diesen und anderen Fragen gingen Anke Schulze-Fielitz, Frank Jansky und Irene Brandt vom Netzwerk "Zukunft Sachsen-Anhalt" bei ihrer Reise durch den Landkreis nach.

"Unser Ziel ist es, Einblicke in Herstellungsprozesse aufzuzeigen und deutlich zu machen, wie die Betriebe vor Ort verankert sind beziehungsweise welche Bedeutung sie für die Region haben", erklärte Anke Schulze-Fielitz. Mit der Tischlerei Dirk Meier in Theeßen und der Zänker-Mühle in Gütter haben sich bei der Premierentour zwei Firmen beteiligt.

Jugendliche müssen mehr für Handwerk begeistert werden

Dirk Meier hat 1990 als ganz klassische Tischlerei begonnen. Seit zirka 15 Jahren hat sich die Firma auf die Baudenkmalpflege spezialisiert und zählt derzeit 20 Mitarbeiter. Rund 60 Azubis wurden ausgebildet. Zum Jahresende kommt die mittlerweile vierte Generation an Maschinen. Dirk Meier: "Wir wollen keinen Industriebetrieb imitieren, wir sind Handwerker."

Im Laufe der Jahre, so der ausgebildete Restaurator Dirk Meier, habe man sich auf einheimische Holzarten besonnen und nutzt traditionelle Lacke. "Dadurch benötigen wir heute eigentlich keinen Spritzraum mehr." Die Spezialisierung auf die Baudenkmalpflege zwinge auch heute dazu, so zu arbeiten wie etwa vor 300 Jahren.

Fünf Prozent des Umsatzes der Firma kommen aus der Region. Gearbeitet wird in einem Umkreis von rund 200 Kilometern in den Regionen Berlin, Potsdam und Halle. Aber auch in Köln war man schon tätig. "Wenn Objekt und Preis passen, fahren wir auch bis zum Mond", sagt Dirk Meier zu seiner Philosophie. Gearbeitet wird auch für private Kunden, aber nur in geringem Maße.

Gearbeitet wird "interdisziplinär" mit anderen Gewerken zusammen. Viele Mitarbeiter kommen aus der Region. Derzeit bildet Dirk Meier einen Azubi aus Frankfurt/Main aus.

Der Holzbedarf für die Firma (Nadelholz, Eiche) kommt aus Wäldern in Sachsen-Anhalt und Brandenburg. "Dabei merken wir schon, dass es manchmal gar nicht so einfach ist, bestimmte Holzarten zu beschaffen", weiß Dirk Meier aus Erfahrung. Es wird viel recycelt, auch zur Ersatzteilgewinnung.

"Wir können auf nicht einen Jugendlichen verzichten. Deshalb bieten wir in der Regel jedem Jugendlichen an, nach der Lehre im Betrieb zu bleiben", so Meier. Die Jugendlichen sollten das Schulpraktikum nutzen, um schon einmal "hineinzuschnuppern". Das Interesse der Schulen an Tagen der offenen Türen sei bisher gering. Hier müsse man neue Möglichkeiten finden, um die Jugendlichen für das Handwerk zu begeistern, so Dirk Meier. Der nächste Tag der offenen Tür in den Berufsbildenden Schulen "Conrad Tack" in Burg findet am 18. Januar 2012 statt.

Ohne mehrere Standbeine ist man chancenlos

"Vom Mehl allein könnte ich heute nicht mehr leben", macht Gerald Hüttner von der Zänker-Mühle seinen Besuchern deutlich. "Mit einem Massenprodukt haben wir keine Chance mehr." Und so hat er heute mit dem Mühlen-Laden, Futtermitteln, der Mehlproduktion und dem Windrad vier Standbeine. 1992 hat Gerald Hüttner die Mühle übernommen. 1995 wurde das Windrad gebaut.

Zwei Drittel des Energiebedarfes erzeugt das Windrad, ein Drittel müsse er noch hinzukaufen. Sein Korn bezieht Gerald Hüttner von Bauern aus einem Umkreis von 30 bis 40 Kilometern. Benötigt wird Qualitätskorn. "Und da sind Biogasanlagen schon eine Konkurrenz", weiß der Müller.

Gerald Hüttner machte deutlich, dass er sich maßlos darüber ärgert, dass "fast alle Förderungen auf die ,Großen\' ausgerichtet sind. Das ist eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Industrie". Er lebe in erster Linie von den kleinen Bäckereien. "Es wird zunehmend schwieriger, regional zu bestehen. Vom Wirtschaftlichen her ist es hier eigentlich nicht mehr rentabel", so Gerald Hüttner.

Die Tour wird durch das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt sowie die Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt unterstützt. "Es wird nicht die letzte Tour dieser Art im Jerichower Land gewesen sein", verspricht Anke Schulze-Fielitz.