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Kameradschaft Ehemaliger Soldaten, Reservisten und Hinterbliebene wird im März 20 Jahre alt Ehemalige NVA-Soldaten bekamen 1992 Hilfe beim Bundeswehrverband in Burg

20.02.2012, 04:35

Zum Jubiläum der Burger Kameradschaft Ehemaliger Soldaten, Reservisten und Hinterbliebene des Deutschen Bundeswehrverbandes sprach Volksstimme-Volontär Christopher Kissmann mit Eberhard Kühn und Kevin Polefka über die Interessenvertretungen der NVA und der Bundeswehr.

Volksstimme: In der Zeit der politischen Wende wurde im Januar 1990 der Verband der Berufssoldaten (VBS) der Nationalen Volksarmee (NVA) in der DDR gegründet. Warum war eine solche Interessenvertretung noch notwendig geworden? Die Deutsche Einheit stand ja kurz bevor?

Eberhard Kühn: Das war zu dem Zeitpunkt so aber noch nicht abzusehen. In der NVA gab es verschiedene Organisationen, aber all diese haben immer im Interesse des Staates gewirkt. Der Verband der Berufssoldaten sollte sich jedoch direkt für die Interessen und Anliegen dieser Soldaten einsetzen. In der Wendezeit lief in der NVA einiges schief: Die Disziplin litt, die Ausbildung wurde nicht korrekt durchgeführt und andere Missstände galt es zu beseitigen. Dieser Interessenverband sollte deshalb die Rechte der NVA-Soldaten vertreten.

Volksstimme: Lange hat es den Verband der Berufssoldaten der NVA nicht gegeben...

Kühn: Das stimmt. Man ging bei der Gründung damals davon aus, dass die NVA noch eine geraume Zeit existieren würde. Die tatsächliche politische Entwicklung sah jedoch anders aus. Im Vorfeld der Einheit Deutschlands hat sich der VBS der NVA auf dem Sonderverbandstag am 29. September 1990 selbst aufgelöst. Den Mitgliedern wurde empfohlen, dem bundesrepublikanischen Soldatenverband, dem Deutschen Bundeswehrverband, beizutreten.

Volksstimme: Dies hat jedoch nur gut ein Viertel der Soldaten getan. Warum?

Kühn: Einige Soldaten wurden nicht in die Bundeswehr übernommen, andere lehnten das System der Bundesrepublik ab oder wollten aus persönlichen Gründen nicht in die Bundeswehr. Für viele gab es keine Notwendigkeit einer Mitgliedschaft. Einige sind dem Vorschlag aber auch gefolgt.

Volksstimme: Bereits im November 1990 wurde durch Gründung der Truppenkameradschaft Burg des Deutschen BundeswehrVerbandes (DBwV) der aktiven Soldaten am neuen Bundeswehrstandort Burg die vorhandenen Strukturen des Verbandes angewandt. Zwei Jahre später wurde eine Kameradschaft für die ehemaligen Soldaten ins Leben gerufen: Die Kameradschaft Ehemaliger Soldaten, Reservisten und Hinterbliebenen (ERH). Sie wird dieses Jahr - am 18. März - 20 Jahre alt. Welche Ziele hatte sie Anfang der 90er Jahre, Herr Kühn?

Kühn: Sie hatte sich vorgenommen, den Soldaten eine Anlaufstelle zu bieten. Denn viele fanden sich im neuen System noch nicht zurecht, waren frustriert, weil ihre Dienstgrade teilweise nicht anerkannt wurden oder waren durch die Wende arbeitslos geworden. Für sie wollte man da sein.

Volksstimme: Herr Polefka, Sie sind heute der Vorsitzende der Kameradschaft Ehemaliger Soldaten, Reservisten und Hinterbliebene. Wann sind die ersten Bundeswehr-Kameraden, der Kameradschaft ERH beigetreten?

Kevin Polefka: Das ging recht schnell. Dadurch, dass Burg nach der Wende sofort Bundeswehrstandort wurde, kamen aus der Bundeswehr Ausgeschiedene gleich Anfang der 90er Jahre dazu. Inzwischen machen sie sogar die Mehrheit aus: Etwa 60 Prozent unserer Mitglieder haben einen Bundeswehrhintergrund. Andere haben sowohl NVA und Bundeswehr oder nur die NVA-Zeit erlebt.

Volksstimme: 20 Jahre sind eine lange Zeit. Die Herausforderungen haben sich für den Deutschen Bundeswehrverband und speziell die Kameradschaft Ehemaliger Soldaten, Reservisten, Hinterbliebene stark verändert, oder?

Polefka: Das ist richtig. Wir nehmen nicht mehr nur Anliegen auf, sondern vertreten auch die Verbandsinteressen. Deshalb treffen wir uns regelmäßig mit Politikern, um Einfluss zu nehmen. Die Arbeit des Deutschen Bundeswehrverbandes orientiert sich stark an politischen Entscheidungen: Die Verbesserung der Bedingungen zu Auslandseinsätzen oder auch die Anschaffung neuer Ausrüstungsgegenstände.

Kühn: Diese Einflussnahme ist aufgrund der Verbandsstruktur des DBwV weitgehend auf die Arbeit vor Ort - in Burg und dem Jerichower Land - begrenzt. Wir sind mit Politikern im Gespräch und tauschen uns ebenso mit anderen Kameradschaften ERH der Region aus. Außerdem haben wir mit dem nun schon traditionell veranstalteten jährlichen Soldatentreffen ein Forum etabliert, welches pensionierten Soldaten, Reservisten und vor allem aktiven Soldaten die Möglichkeit bietet, ihre Sorgen den anwesenden Politikern vorzutragen.

Volksstimme: Die Kameradschaft ERH hat wie viele Vereine und Verbände auch mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Warum entscheiden sich viele Soldaten, nach ihrer Bundeswehrzeit nicht mehr ihrer Kameradschaft anzugehören?

Polefka: Bei der Bundeswehr werden derzeit Stellen abgebaut. Gerade wenn jüngere Soldaten entlassen werden, sind diese enttäuscht und schließen mit der Bundeswehr ab. Innerhalb der Kompanie hatten sie oft eine gute Gemeinschaft mit ihren Kameraden. Doch vier von fünf Soldaten treten nach ihrem Ausscheiden auch aus dem Bundeswehrverband aus. Damit ist es für sie natürlich doppelt schwer, den Kontakt zu den ehemaligen Kameraden zu halten.

Volksstimme: Aber auch viele Soldaten im Dienst lehnen die Mitgliedschaft im Deutschen Bundeswehrverband ab.

Polefka: Leider ist die Bereitschaft zur Mitgliedschaft geringer geworden. Aber wir wollen ihnen deutlich machen, wie wichtig es ist, dass ihre Interessen vertreten werden. Denn nur wenn man Anliegen weitergibt, kann sich auch etwas verbessern. Der Deutsche Bundeswehrverband hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich in den vergangenen Jahren die Arbeitsbedingungen, die Besoldung und die Versorgung nach der Dienstzeit verbessert haben. Dafür wollen wir uns unter anderem auch in Zukunft engagieren.