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Münzfund aus dem Jahr 1190 an der Burgstraße / Feldsteinbrunnen von 1715 Im Brunnenloch wird ein Baum wachsen

Von Ilka Marten 03.04.2014, 03:16

Mehr als 26 500 Fundstücke und 1300 Fotos - das sind bislang die Arbeitsergebnisse der baubegleitenden Archäologen an der Burgstraße. Unter anderem entdeckten sie einen alten Brunnen und eine Münze von 1190.

Gardelegen l Sie hatten ihn vermutet und haben ihn auch tatsächlich gefunden. Vor zwei Tagen stießen Archäologe Dr. Uwe Fiedler (Berlin) und Grabungszeichner Reinhard Heller (Diesdorf) bei den Arbeiten an der Burgstraße an der Ecke am Klingberg auf einen alten Trinkwasserbrunnen, der bis 1910 als Pumpbrunnen genutzt wurde. Bestanden habe der Brunnen bereits 1715, "eventuell gab es sogar Vorläufer". Mit Interesse schaute gestern auch die Gardelegerin Helga Ludwig auf die klar zu erkennende Brunnenform. "Meine Tante Else Bischoff hat mir immer erzählt, dass sie dort Wasser geholt hat", so die Gardelegerin. Der Innendurchmesser des Brunnens betrug rund 1,50 Meter. Erbaut wurde er mit großen Feldsteinen und mit Lehm abgedeckt, "damit kein Schmutzwasser hineinkam", so der Archäologe.

Der Brunnen befindet sich genau am Randbereich des Parkplatzes, der an der Burgstraße gebaut werden soll. Ganz verschwinden werden diese historischen Fakten nicht. Dort war geplant, zwei Bäume zu pflanzen. "Für einen Baum wird nun der Brunnenschacht genutzt, und das wird dann auch kenntlich gemacht, so dass historisch Interessierte dieses Stück Stadtgeschichte nachvollziehen können", sagte Fiedler.

Auf der Parkplatzfläche standen bis 1985 Häuser, die Hausnummern 51, 53, 55 und 57. Alle Häuser stammten laut Archäologe aus dem beginnenden 18. Jahrhundert. Davon sind vielfach noch die Kellergewölbe zu erkennen. Während die Wände aus Feldstein sind, ist das Tonnengewölbe aus Backstein. Sogar eine Kellerecke ist noch zu sehen. "In dem Keller konnte man bequem stehen", schätzt Fiedler ein. Die Keller stammen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Ein echtes Stück Stadtgeschichte fand Grabungszeichner Reinhard Heller mit seinem Metalldetektor: eine Münze mit Heinrich von Gardelegen darauf. "Er war ein Nachgeborener der Askanier und hat Gardelegen als Abfindung erhalten", so Fiedler. Auf der Münze ist Heinrich von Gardelegen mit Lanze und Schwert zu sehen, außerdem die Inschrift 1184 bis 1192. 1192 war das Todesjahr von Heinrich von Gardelegen. Diese ist auch vom Münzkundler Bahrfeldt beschrieben und trägt in seinem Katalog die Nummer 123.

"Ohne den Detektor hätten wir 98 Prozent der Metallfunde nicht gehabt."

Direkt an der Einmündung am Klingberg muss das Fundstück Jahrhunderte in der Erde gelegen haben, ehe nun Hellers Detektor beim Absuchen des Erdaushubes auf dieses Fundstück stieß. Fiedler betonte: "Ohne den Detektor hätten wir rund 98 Prozent der Metall- funde nicht gehabt." Insgesamt sind es 26 500 Fundstücke, die im Zuge der Arbeiten an der Burgstraße gesichert wurden. "Die Inventarisierung ist fast abgeschlossen", so Fiedler. Alle Fundstücke gehen nach Halle ins Landesmuseum für Vorgeschichte.

Erfolgreich waren die Grabungen auch Mitte August des vorigen Jahres. Fiedler und Heller fanden in der Burgstraße nahe des Walles in einer Tiefe von etwa 3,70 Metern Fundamentreste eines mittelalterlichen Burgtores. Später gab es dort eine Sackgasse, denn am Ende der Straße stand das Schinderhaus, das erst 1905 abgerissen wurde.

Mit dunkleren Pflastersteinen wird nun die alte Häuserlinie in wenigen Wochen auf der Burgstraße gekennzeichnet sein. "Da kann man dann erkennen, wie schmal die Sackgasse früher war", so Fiedler. Für Fußgänger wird "es mit Sicherheit ein Blickfang werden".

Gefunden haben Fiedler und Heller zwei Schreibgriffel, mit denen auf Wachstafeln mit Bienenwachs geschrieben wurde. "Mit der Spitze wurde geschrieben, mit der anderen Seite geglättet", so Fiedler. Diese beiden Fundstücke stammen aus dem Mittelalter, "nicht später als aus dem 14. Jahrhundert", so der Fachmann. Einen verzierten Griffel entdeckte Heller am 15. November, einen zweiten, schlichteren am Dienstag an der Stelle, wo früher das Haus mit der Nummer 53 stand.

Weiteres Fundstück: "Ein Teil einer Klappwage, die zum Wiegen von Münzen oder Kräutern genutzt wurde", sagt Fiedler. Das Bronzestück weise daraufhin, dass dort an der Burgstraße einst ein Kaufmann lebte.