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Ruth und Horst Franke aus Zienau heirateten vor 60 Jahren in Kalbe "Keinen Kochpott, kein Federbett"

Von Ilka Marten 19.04.2014, 03:19

Er legt seit fast 40 Jahren als DJ auf, sie schreibt Gedichte zu jeder Tages- und Nachtzeit. Heute bekommen sie jedoch vielleicht etwas vorgetragen, denn Ruth und Horst Franke aus Zienau feiern mit ihrer Familie ihre diamantene Hochzeit.

Zienau l Geheiratet wurde im Umstandskleid mit Wintermantel und Hut, aber mit goldenen Ringen an den Fingern. "Ansonsten hatten wir damals nichts. Keinen Kochpott, kein Federbett", erzählt Ruth Franke (79). Sie feierte mit ihrem Mann Horst (79) am 27. März diamantene Hochzeit, die Familienfeier findet jedoch erst heute statt, da das Ehepaar zum Jubiläumstag verreist war. Zwei Tage waren Frankes in Polen. "Das fühlt sich immer wie Heimat an, wenn ich polnischen Boden betreten", so die 79-Jährige. Sie wurde in Westpreußen geboren und flüchtete mit ihrer Familie 1944. Ein Ende fand die Flucht erst 1948, als sie, ihre Mutter und ihre Geschwister nach einem Aufenthalt in Salzwedel in einem Lager nach Vienau geschickt wurden.

Als Hausmädchen im Kalbenser Schützenhaus lernte sie ihren Mann kennen.

Als 13-Jährige begann für Ruth Franke bereits das Arbeitsleben, als Hausmädchen im Schützenhaus in Kalbe, dem heutigen Rathaus. Beim Tanz entdeckte sie ihren Mann und er sie. Knapp ein Jahr später heiratete das Paar standesamtlich in Kalbe, die Braut war hochschwanger. Wenige Wochen später kam ihr erster Sohn Hartmut (59) zur Welt, der inzwischen in Berlin lebt. Es folgten Tochter Silvina (57), die in Jävenitz wohnt, Sohn Göran (52), der ebenfalls in Zienau zu Hause ist und Sohn Torsten, der mit 13 Jahren verstarb.

Nach einigen Jahren in Kalbe, dem Heimatort von Horst Franke, zog die Familie 1960 nach Zienau, wo Frankes noch heute wohnen. Das Leben des Paares war geprägt von Arbeit und den Kindern.

"Wir hatten beide Schichtdienst, da mussten wir uns immer abwechseln", erzählt Ruth Franke. Und sie ergänzt: "Alles, was wir haben, haben wir mit unseren zehn Fingern erarbeitet. Das schweißt zusammen." Während Horst Franke im E-Werk arbeitete, war seine Frau zunächst als Blockwärterin bei der Bahn tätig, später in der Güterabfertigung.

Für Hobbys blieb erst mit dem Ruhestand so richtig Zeit. Dabei ist Horst Franke schon seit 60 Jahren Mitglied der Feuerwehr und seit fast 40 Jahren als Discjockey aktiv. Heute ist er als DJ mit dem Titel "Opas Disco" unterwegs. Er legt bei Seniorentreffen und Feiern und von Freunden und Bekannten auf. 1975 erhielt der Zienauer seine "Staatliche Spielerlaubnis", wie es zu DDR-Zeiten hieß. "Da musste er damals noch aufpassen, dass er nicht zu viele West-Titel bei Veranstaltungen spielt, Heinos Lieder zählten ja als West-Titel", erzählt seine Frau. Die Musik macht dem 79-Jährigen bis heute Freude. Wie viele CDs er in seine vielen Koffern hat, "habe ich noch nie gezählt", sagt er schmunzelnd. Auf dem neuesten Stand ist Horst Franke jedoch immer, denn er kann jederzeit die aktuellsten Schlager und volkstümlichen Lieder auflegen. Kamen die Lieder früher von Tonbändern, sind es heute die CDs. Franke: "Für CDs habe ich mich nach der Wende entschieden, die Kassetten habe ich übersprungen." Er selbst hört am liebsten Schlager, bei seiner Frau ist das Repertoire breiter gefächert. "Ich mag alles, was mit Musik zu tun hat", so Ruth Franke. Während er für die Musik zuständig ist, sind ihre Leidenschaft Gedichte. "Das kam einfach so. Eigentlich wollte ich damals nur für meinen Schwiegersohn eine Geburtstagskarte schreiben, am Ende wurde ein ganz langer Vers daraus", so die 79-Jährige. Seitdem dichtet sie über den Garten, das Wohlbefinden, das Wetter, die Liebe, über Sorgen, über Glück - über das ganze Leben.

Selbst in der Nacht steht die Hobbydichterin für die passenden Verszeilen auf.

Dabei hat die Hobbydichterin inzwischen immer ein Zettelchen in ihrer Tasche dabei, um eine passende Zeile aufzuschreiben. Selbst wenn ihr nachts etwas einfällt, "stehe ich schnell auf, sonst ist es am nächsten Tag weg", sagt sie schmunzelnd. Dabei hat sie viele ihrer Gedichte im Kopf und trägt sie zum Beispiel bei Seniorennachmittagen vor, wo ihr Mann für die Musik sorgt. "Oft wünsche ich mir, ein Vögelein zu sein...", beginnt sie zu rezitieren.

Ihren goldenen Ehering, der von der Oma ihres Mannes stammt, trägt Ruth Franke noch immer. Und seit vielen Jahren auch den ihres Mannes, der von ihrem Schwiegervater aus Kalbe stammte. Denn weil Horst Franke seinen Ring nie trug, ließ ihn sich seine Frau ändern - in einen Ring mit Stein und zwei passenden Ohrringen dazu.