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Besuch bei der Tochter brachte Rentner aus Nordrhein-Westfalen in die Region zurück Die Altmark zu Fuß durchschritten

Von Conny Kaiser 17.07.2014, 01:20

Es gibt Zufälle im Leben, die sind mehr als erstaunlich. Ein solcher hat den Nordrhein-Westfalen Ernst Ciesla zurück in die Altmark geführt. In jene Region, die er einst als junger Soldat durchwandert hatte.

Kakerbeck l Brigitte Hohmann erinnert sich noch genau. Als sie ihrem Vater Ernst Ciesla vor nunmehr 25 Jahren davon erzählte, dass sie einen Mann aus der Altmark kennen und lieben gelernt hat, da sagte der: "An die Region erinnere ich mich."

Dabei ist die Altmark doch dort, wo Brigitte Hohmann herkommt, noch immer weitgehend unbekannt. Die Frau, die heute in Kakerbeck lebt, stammt nämlich aus dem Ruhrpott, genauer gesagt aus Herne. Und dort ist auch ihr Vater bereits aufgewachsen. Allerdings war dieser Soldat im Zweiten Weltkrieg. Und als solcher musste er einen beschwerlichen Fußmarsch zurücklegen, der ihn auch durch die heutige Heimat seiner Tochter geführt hat.

Wie der 89-Jährige berichtet, sei er damals im September 1944 in Lettland verwundet und dann über die Ostsee nach Danzig verschifft worden. Von dort sei er ins Lazarett nach Frankfurt/Oder transportiert worden, habe dort den Winter verbracht und sei später nach Kyritz in eine dortige Krankenstation gekommen. "Von dort bin ich dann nach Braunschweig entlassen worden. Ich wurde einem Ersatzhaufen zugeteilt. So nannte man das damals", erzählt Ernst Ciesla. Doch auch in Niedersachsen sollte er nicht lange bleiben. Denn im April 1945 wurde er beauftragt, Rekruten nach Salzwedel zu bringen. "Aber dort sind wir nie angekommen", so der Nordrhein-Westfale. Der Weg führte nur bis Rohrberg, das von den Engländern jedoch kampflos besetzt wurde. "Wir wollten nicht in Gefangenschaft geraten und sind über die Felder und Wiesen abgehauen", so Ciesla. Der weite Weg, den er größtenteils zu Fuß zurückgelegt hat, er hat ihn durch weite Teile der Altmark bis nach Arendsee und von dort weiter nach Wittenberge und schließlich in eine Kaserne nach Neuruppin geführt.

Die hiesige Region hat der Mann aus Herne jedoch seither nie vergessen. Im Gegenteil. 2009 zogen er und seine Frau sogar in Erwägung, sich dauerhaft hier niederzulassen. Schließlich lebte die älteste Tochter Brigitte bereits seit 1991 in Kakerbeck. Von dort stammt ihr Ehemann Christoph, den sie bereits 1989 bei einem Auslandsurlaub kennen und lieben gelernt hat.

Aber als Ernst Cieslas Frau verstarb, zog es ihn 2010 doch wieder in den Ruhrpott zurück. Dort lebt er inzwischen in einem Haus für Senioren. Zurzeit befindet er sich jedoch zu Besuch bei seiner Tochter. Und immer wieder kommt er dabei auf seine früheren Erlebnisse in der Altmark zu sprechen.

"Die schönen weiten Felder und Wiesen", die mag der Rentner besonders - auch wenn er sie einst auf eine sehr unschöne Art kennen lernen musste. Was Ernst Ciesla hingegen nicht mag, ist der Brummi-Verkehr, der rund um die Uhr am Haus von Tochter und Schwiegersohn vorbeirollt. Denn das befindet sich direkt an der Bundesstraße 71.In seiner eigenen Wohnung im Ballungsgebiet Ruhrpott ist es dagegen weniger laut.