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Unsere Städträte im Portrait / Heute: Jörg Gebur (48) / Morgen: Christian Glatz Ein begeisterter Modellbahner ohne eigene Anlage

28.01.2011, 04:27

Am 28. November wurde in Gardelegen ein neuer Stadtrat gewählt. Die Volksstimme stellt in den folgenden Ausgaben täglich einen der 36 Ratsherren und Ratsfrauen vor.

Von Jörg Marten

Gardelegen. Wenn die Ratssitzung eröffnet ist, geht meist noch einmal die Tür auf. Herein kommt dann gewöhnlich Jörg Gebur. Immer etwas abgehetzt, aber immer guter Dinge. "Ich bin so ein Typ, der immer auf die letzte Minute losfährt", erzählt der Polizeibeamte. Und "seinen Ruf erfüllt man einfach", ergänzt er schmunzelnd.

Gebur, Fraktionsvorsitzender der Union im Stadtrat seit 2004, ein Mann mit Humor, der anderen mit Humor begegnet, der sich aber auch selbst manchmal nicht so ernst nimmt und damit auch kokettiert: "Das kommt spontan. Da bin ich manchmal von mir selbst überrascht." Ein Mann aber auch, dessen Humor manchmal bissig, fast zynisch werden kann – das haben im Rat einige erfahren. Doch was die Pünktlichkeit angeht, habe er sich schon gebessert, ergänzt er: "Ich habe jetzt schon viele überrascht, wenn ich schon da bin, wenn die erst kommen." Das sei auch "eine andere Perspektive, wenn man schon da ist und die anderen begrüßen kann".

Gebur, geboren am 20. Januar 1963 in Nürnberg, erlebte als Kind zahlreiche Umzüge. Sein Vater war Geschäftsführer von Modehäusern, Sohn Jörg ging in Wattenscheid, Hittfeld (bei Hamburg) und im niedersächsischen Bad Bevensen zur Grundschule, machte dann in Uelzen sein Abitur. Zuvor war Schüler Gebur nicht immer der Fleißigste – aber es gelang ihm immer, die blauen Briefe rechtzeitig abzufangen.

Aus den Berufswünschen der Kindheit, Lokomotivführer, Feuerwehrmann, gar Besatzungsmitglied der Enterprise, wurde nichts, und auch der "Cowboy hatte ja keine große Perspektive".

18 Monate zum Bund fand Gebur damals "nicht so doll", die Alternative, drei Jahre zur Polizei zu gehen schon eher. Verweigern jedenfalls, sagt Gebur heute, "wäre nicht ehrlich gewesen".

Gebur bestand den Aufnahmetest, fing als Kommissaranwärter in Hildesheim an, studierte an der dortigen Fachhochschule und schloss als Kommissar mit dem Diplomverwaltungswirt ab.

Zunächst ging Gebur dann zur Schutzpolizei, wechselte ein halbes Jahr später zur Kripo. Ende 1986 las er eine Ausschreibung des Bundeskriminalamtes, das damals Beamte suchte. Gebur wurde genommen, arbeitete am Dienstsitz Meckenheim (bei Bonn), war tätig in der Personenobservation, in Sonderkommissionen, im Personenschutz. Gebur bewachte Minister und Staatssekretäre in einer Zeit, die noch immer von Anschlägen der dritten Generation der Roten Armee Fraktion geprägt war. "Es war spannend, Einblicke in den Tagesablauf von Politikern zu bekommen", sagt Gebur: "Da ist kaum Freizeit bei diesen Leuten." Gebur begleitete die Politiker auch in den Urlaub, auch ins Ausland, erlebte sie im Bonner Wasserwerk, dem Sitz des Bundestages.

Aus privaten Gründen ging Gebur zum Landeskriminalamt (LKA) nach Niedersachsen, wechselte Ende 1992 ins LKA nach Sachsen-Anhalt und war dort im Mobilen Einsatzkommando des Staatsschutzes tätig. Weitere Stationen seines beruflichen Werdeganges war die Abteilung organisierte Kriminalität in Stendal. Es folgte 1998 eine zweijährige Ausbildung zum höheren Dienst in der Polizeiführungsakademie Münster/Hiltrup. Gebur ging zurück nach Stendal, arbeitete dort als Fachkommissariatsleiter für organisierte Kriminalität, übernahm 2004 "ratze-fatze" die Leitung des Polizeirevieres Salzwedel. Seit dem vergangenen Jahr ist er wieder beim LKA in der Abteilung organisierte Kriminalität.

"Ich habe jetzt schon viele überrascht, wenn ich schon da bin, wenn die erst kommen"

Für sein Hobby, die Politik, ist das nicht schlecht – aus Zeitgründen: "Ich bin flexibler als vorher", sagt Gebur. Gestalten, diskutieren, Politik – "das mache ich gerne", sagt der 48-Jährige.

2004 wurde er Stadtrat und gleich auch CDU-Fraktionsvorsitzender. Offenbar ganz gut gelungen sei ihm die Aufgabe, "aus unterschiedlichen Meinungen eine Mehrheitsmeinung zu bilden", sagt er. Und ergänzt: "Die Fähigkeit zu moderieren und auszugleichen muss man schon mitbringen." Gebur hat diese Fähigkeiten.

Gardelegen sei längst ein Stück Heimat" für ihn geworden. Die erste Wohnung im Schlüsselkorb, dann der Umzug an die Bahnhofstraße, 2001 der Hauskauf. Dort, am Langförderweg, wohnt Gebur mit seiner Partnerin Ramona Bierstedt. Seit 1995 sind der Polizist und die Leiterin der beiden Gardeleger Johanniter Häuser ein Paar.

Wie stark ist die christliche Bindung des Christdemokraten? "Konfirmiert bin ich", sagt er. Und: "Ich habe schon einen gewissen Glauben." Er habe durch Schicksalsschläge erlebt, "wie man auf die Kirche zurückgeführt wird". Wichtig sei für ihn die Besinnung auf die christlichen Grundwerte. "Die Menschenrechte, die Würde des Menschen – das spiegelt sich in den christlichen Werten wieder."

Während seine Frau eher "Krimis, also leichte Kost" liest, greift Gebur gern zu Sachbüchern, legt sich bisweilen auch gleich ein Lexikon daneben. Derzeit liest er "das Ende der Geduld" der Richterin Kirsten Heisig.

Dann holt er Stücke seines dritten Hobbys hervor. "Ich bin Modellbahner", erklärt Gebur. Ein Modellbahner ohne Anlage allerdings. Die Einzelstücke aber, die sammelt der Beamte seit Jahren. Hier mal eine neue Lok, da ein neues Gebäude für die Anlage, die irgendwann entstehen soll.

Als Fünfjähriger gewann Gebur bei einer Kindermodenschau die Grundausstattung einer Märklin-Modelleisenbahn. Den ersten Zug, eine Dampflok, hat er noch heute. "Ich habe das Hobby nie ganz aufgegeben", erzählt Gebur – und wenn er erzählt, spürt jeder seine Begeisterung für die kleinen Bahnen. Einst war seine Anlage auf einer Platte montiert, die auf Rollen unters Kinderbett gefahren werden konnte. "Jetzt ist alles in Kisten", sagt Gebur und schwärmt von digitaler Technik, mit der mehrere Züge zeitgleich gesteuert werden können: "Man muss sich weiterbilden, damit man auf der Höhe der Zeit ist." Fahrten zur großen Modellbahnanlage in Hamburg oder zu Fachmessen sind Pflicht.

Seine Frau unterstütze ihn dabei, erzählt er, fahre auch mit. "Aber gemeinsam bauen an der Anlage werden wir wohl nicht", ergänzt er schmunzelnd. Vor der Pensionierung aber werde das mit der Anlage wohl nichts werden: "Auch am Haus ist noch einiges zu machen." Und "so ein halbfertiges Ding" will er nicht rumstehen haben.

Rückhalt erhält er von seiner Frau aber auch, was sein politisches Engagement angeht: Stadtrat, Kreisvorstand der CDU, Arbeitskreise in Magdeburg – "da geht viel Zeit drauf. Und bei den Rotarieren ist er ja auch noch. Das alles gehe nur im gegenseitigen Einverständnis.

Dann ist da ja auch noch der Chor. Gebur singt im Männerchor Eintracht im ersten Tenor, nach längerer Pause hat er wieder angefangen. Er sei gerne da: "Das entspannt mich." Nein, Noten lesen kann er nicht, "und ich singe so leise, dass ich die anderen nicht störe".

Sport war früher. Da hat er Tennis gespielt. Aber jetzt? "Die knappe Zeit", sagt Gebur, "und man zwingt sich zu wenig". Ja, ergänzt er, "mehr Sport war bei meinen Vorsätzen für 2011 auch dabei". Aber es sei ja erst Ende Januar: "Ich bin noch in der Planungsphase."