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Geldstrafen wegen fahrlässiger Tötung für zwei Bundeswehrangehörige Soldat von Panzer überrollt - Umstände aufgeklärt

Von Wolfgang Biermann 23.09.2014, 01:17

Stendal l Zwei Soldaten und - laut Staatsanwaltschaft Stendal - "eine Verkettung unglücklicher Umstände" sind schuld am tragischen Tod eines 28-jährigen bayerischen Oberfeldwebels am 25. Mai vorigen Jahres im Gefechtsübungszentrum Letzlingen (Güz) auf dem Truppenübungsplatz Colbitz-Letzlinger Heide. Der Tod des Soldaten hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hatte den Angehörigen am Tag nach dem schrecklichen Unfall sein Beileid ausgesprochen.

Fast genau 16 Monate nachdem der Kommandant eines Schützenpanzers vom Typ Marder bei einer Übung des 112. Panzergrenadierbataillions aus Regen (Bayern) in Vorbereitung auf einen Afghanistan-Einsatz von seinem eigenen Fahrzeug überrollt worden ist, hat die Staatsanwaltschaft Stendal die Ermittlungen abgeschlossen, und ist die Schuldfrage geklärt. Die beiden Schuldigen gehörten mit zur dreiköpfigen Besatzung des Schützenpanzers. Das Zusammentreffen widriger Umstände und die Verletzung von Dienstvorschriften haben letztlich zu dem Unglück geführt, sagte Thomas Kramer, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stendal, der Volksstimme auf Nachfrage. Wegen fahrlässiger Tötung sollen der heute 22 Jahre alte Fahrer und der jetzt 29-jährige Richtschütze des Panzers mittels sogenanntem Strafbefehl ohne Prozess eine Geldstrafe zahlen. Deren Höhe mochte Kramer nicht nennen. Nur, dass es sich um eine "empfindliche" Geldstrafe handeln würde, die seine Behörde in dieser Woche beim zuständigen Gericht, dem Amtsgericht Gardelegen, beantragen werde. Folgt das Amtsgericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, wird der zuständige Strafrichter die Strafbefehle erlassen. Akzeptieren die beiden Beschuldigten die Strafe, ist damit das Verfahren beendet. Sollte einer oder gar beide Einspruch einlegen, wird es doch noch zum Prozess kommen.

Die Ermittlungen, bei der die Staatsanwaltschaft Stendal von Feldjägern der Bundeswehr unterstützt wurden, hatten sich unter anderem deshalb so schwierig gestaltet und verzögert, weil mehrere Gutachten eingeholt werden mussten, erklärte Kramer. Den Ermittlungen zufolge hat sich das Ganze wie folgt zugetragen:

Der später zu Tode gekommene Panzerkommandant war zum sogenannten Befehlsempfang beim Kompaniechef. Auf dem Rückweg zu seinem Panzer hat er demnach dem in seiner Abwesenheit im Panzerturm befindlichen und als Kommandant fungierenden Richtschützen per Winkzeichen den Befehl "Panzer zu mir!" gegeben. Gleichzeitig habe er sich vorschriftswidrig rückwärtig zu dem ihm abgewandten Panzer hingekniet, um Teile seiner Ausrüstung abzulegen.

Der als Kommandant fungierende Richtschütze gab weisungsgemäß über Bordsprechfunk an den Fahrer, der keine Sicht nach hinten hatte, den Befehl "Panzer rückwärts, marsch!" Der Richtschütze habe den knienden Kommandanten vom Turm aus gesehen und die Gefahr erkannt. Er habe - wiederum über Bordsprechfunk - dem Fahrer den sofortigen Befehl zum Anhalten gegeben.

"Der Befehl zum Anhalten kam nicht beim Fahrer an."

Staatsanwalt Thomas Kramer

Diesen Befehl habe der Fahrer offenbar nicht hören können - er fuhr weiter. Denn die Bordsprechfunkanlage hatte, so das Ergebnis der Ermittlungen, einen Wackelkontakt. Den soll es schon seit mehreren Tagen gegeben haben. "Der Befehl zum Anhalten kam nicht beim Fahrer an", sagte Staatsanwalt Kramer. Der Fahrer stoppte deshalb erst den Panzer, als dieser den Oberfeldwebel schon überrollt hatte.

Der 28-Jährige erlag noch am 25. Mai seinen schweren Verletzungen. "Es sind diverse Bundeswehrdienstvorschriften von den Beteiligten verletzt worden", sagte Kramer. So hätte der Panzer mit der defekten Bordsprechfunkanlage gar nicht Betrieb genommen werden dürfen.

Weil die Pflichtverletzung des tödlich Verunglückten "mit ursächlich" gewesen sei, habe es mit Strafbefehlen sein Bewenden haben können, begründete Kramer. Möglich seien laut Gesetz Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.