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Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter bei der ersten Zukunftskonferenz des Kirchenkreises "Wie wär´ Kirche, wenn alles gelingt?"

27.10.2014, 01:24

In Sachen Kirche wieder mehr bewirken, Menschen, vor allem junge, wieder begeistern, zusammenbringen und motivieren - das ist das Ziel der ersten Zukunftskonferenz des Kirchenkreises Salzwedel. Die Verantwortlichen wagen damit aber auch ein Experiment - als erste in der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands.

Gardelegen l Am Anfang war der Schreck.

Es ist das Ergebnis einer Zukunftsberechnung, die Superintendent Matthias Heinrich in Auftrag gibt. Beleuchtet wird die zahlenmäßige Entwicklung der Gemeindemitglieder im gesamten Kirchenkreis Salzwedel, ausgehend vom Ende der 1990er Jahre bis hin zum Jahr 2023. Natürlich nur eine Prognose, "doch die Zahlen waren so erschreckend", sagt Heinrich, dass sie einfach etwas auslösen mussten. Heinrich bespricht sich mit den Mitarbeitern des Kirchenkreisrates. "Wir haben überlegt, wie wir damit umgehen." Das Ergebnis dieser Überlegung ist ein neuer Weg, innerhalb der Landeskirche und der gesamten Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands. Er bringt am Sonnabend in Gardelegen rund 85 Kirchenmitarbeiter zusammen, haupt- und ehrenamtliche, vom Pfarrer bis hin zu Mitgliedern der Gemeindekirchenräte, aber auch Vertreter der evangelischen Schulen und Kitas und der Werke, wie dem Diakonischen Hilfswerk.

Sie alle treffen sich in der Aula des Gardeleger Gymnasiums, um einen Tag lang darüber zu sprechen, wie man diesen Zahlen Paroli bieten, wie Kirche wieder spannend werden kann.

"Es geht darum , was gut ist in den Gemeinden"

Berater Thomas Frank Berger

Und dabei gehen die Verantwortlichen tatsächlich neue Wege: "Die Methode Zukunftskonferenz ist noch jung. Die Idee stammt aus Amerika", erläutert Thomas Frank Berger. Er ist Gemeinde- und Organisationsberater, kommt aus Berlin-Friedrichshagen und hilft den altmärkischen Kirchenkollegen am Sonnabend bei der Organisation ihrer Konferenz. Die besteht nicht aus Fachvorträgen und ellenlangen Monologen. Aber auch die erschreckende Statistik vom Anfang steht gar nicht im Mittelpunkt. "Wir haben uns gelöst von Zahlen, ob rot oder schwarz", sagt Berger. Nur ein kurzer Blick zurück, "auf unsere Wurzeln" dann sind die Ideen der Besucher gefragt. Und das auf ganz moderne, unkonventionelle Art. Nach einer morgendlichen Andacht werden Interviews geführt - immer zwei Besucher fragen sich aus. "Es geht um das, was gut ist", in der eigenen Gemeinde, erklärt Berger. Die Ergebnisse werden dann gleich anschließend in etwas größerer Runde vorgestellt. An Tischen mit jeweils sechs bis zehn Besuchern geht es mit einem Blick in die Zukunft weiter: Es werden "mutige Visionen entwickelt", nach dem Motto: "Wie wäre Kirche in zehn Jahren, wenn alles gelingt?"

"Ich weiß noch nicht, wo es hingehen wird."

Superintendent Matthias Heinrich

Auf langen Tapetenbahnen können die Teilnehmer schließlich ihre prägendsten Erinnerungen hinterlassensen, auf bunten Kärtchen Vorschläge machen, Denkanstöße geben, aber auch Ängste äußern. Da liest man dann Worte wie: "Wohlfühlangebote" oder "Qualität von Gottesdiensten", aber auch Sätze wie: "Die Kirche will immer nur Geld", oder "Mehrarbeit bei weniger Stellen".

Was am Sonnabend zusammengetragen wurde, soll schließlich ausgewertet werden, aber erst, wenn auch die beiden nächsten Konferenzteile im kommenden Jahr abgeschlossen sind. Dann soll es an konkrete Zukunftspläne gehen. Dann soll feststehen "wer macht was, mit wem, bis wann", sagt Berger.

Die ungewöhnliche Konferenzform, die der Kirchenkreis Salzwedel gewählt hat, findet bei den Verantwortlichen ebensoviel Zustimmung, wie bei den Gästen. "Hier geht eine Kirchenleitung tatsächlich demütig zurück" und schreibe nicht einfach irgendwas vor, betont Jochen Mathias Heinecke, im Kirchenkreis zuständig für Lektoren, Prädikanten und Mission.

Dass am Sonnabend so viele gekommen sind, sich einbringen, dass sie für die neuen Wege offen sind, begeistert auch Superintendent Matthias Heinrich sichtlich. Was dabei herauskommt sei indes völlig offen, versichert er: "Ich weiß nicht, wo es hingehen wird, aber ich habe verstanden, dass es so nicht weitergehen kann."

Nur einen Wunsch haben die Verantwortlichen an ihre Mitstreiter in den Gemeinden. Matthias Raapke, Präses der Kreissynode, spricht ihn aus: "Es wäre gut, wenn zur nächsten Konferenz mehr junge Leute dabei sind." Die trügen ja schließlich später die Verantwortung für die Kirche der Zukunft.