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Kalbes Bürgermeister wirft Landespolitikern Realitätsverlust vor Trojanische Pferde für die Feuerwehren

Von Anke Kohl 04.11.2014, 02:13

Klare Worte richtete der Gastgeber der Mitgliederversammlung des Kreisfeuerwehrverbandes Gardelegen am Sonntag in Richtung der Landesregierung. Karsten Ruth, Bürgermeister der Einheitsgemeinde Kalbe, warnte vor dem Kollaps des Feuerwehrwesens.

Kalbe l Es hätte kaum noch deutlicher ausfallen können - das Grußwort von Karsten Ruth, Bürgermeister der Einheitsgemeinde Kalbe, anlässlich der Verbandsversammlung des Kreisfeuerwehrverbandes Gardelegen im Kulturhaus der Mildestadt. Dass in seinen Worten eine gehörige Portion Sarkasmus mitschwang, war durchaus beabsichtigt, wie er im Anschluss im Volksstimme-Gespräch bestätigte.

Er freue sich aus einem ganz persönlichen Sicherheitsbedürfnis heraus, in diesem - laut Auflagenbericht so brandgefährdeten - Gebäude von so vielen kompetenten Helfern umgeben zu sein, betonte Karsten Ruth. Und fügte hinzu: "Und ich freue mich für meine Kommune und meine Region, dass mir der Anblick von so vielen ehrenamtlichen Uniformierten noch vergönnt ist".

"Das Land zwingt uns einen Zweifrontenkampf auf."

Karsten Ruth

Denn dass sich das Feuerwehrwesen aufgrund etlicher Faktoren gerade in jüngster Zeit verändert hat und aufgrund der demografischen Entwicklung weiter verändern wird, müsse jedem klar sein, der sich mit der Materie befasse, stellte Ruth fest.

"Das Land zwingt den Kommunen und den Feuerwehren einen Zweifrontenkampf auf, der das Potenzial trägt, das System kollabieren zu lassen", sprach Kalbes Bürgermeister deutliche Worte. Die freie Verfügbarkeit der Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer wurde entzogen, parallel dazu nehme die finanzielle Unterstützung für den Brandschutz kontinuierlich ab, zählte Karsten Ruth auf. Stattdesen gebe es Danaergeschenke und trojanische Pferde vom Land. Denn nichts anderes seien die pflegeintensiven Digitalfunkgeräte, die großzügigen Genehmigungen für höhere Aufwandsentschädigungen und belastende Runderlasse. Kommune und Ehrenamt würden durch solche Verfahrensweisen gegeneinander ausgespielt, prangerte er an.

"Augenscheinlich hat der Umfang des Engagements unserer ehrenamtlichen Brandschützer bei der letzten Jahrhundertflut zu Realitätsverlusten auf Landesebene geführt und sich damit gegen die Helfer verkehrt", mutmaßte Karsten Ruth provokant.

Sinkende Einwohnerzahlen, eine zunehmende Überalterung der Wehren und spürbar nachlassende Bereitschaft, einer der ältesten Solidargemeinschaften Deutschlands beizutreten, zählte er unter anderem auf, würden stabile oder gar wachsende Mitgliederzahlen bei den Feuerwehren verhindern. Dennoch stecke niemand den Kopf in den Sand, vielmehr finde intensive Nachwuchsarbeit statt und werden neue Strukturen geschaffen. "Bitte, sehr geehrte Kameradinnen und Kameraden, lassen Sie sich nicht entmutigen, bleiben Sie dem Ehrenamt weiter treu - für unsere Bürger, für unsere Region."