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Mundart in ihrer schönsten Form: Plattdeutsches Theater Wendland zu Gast in den Ratsstuben Plattlachen über "Kurschoaten"

Von Gesine Biermann 04.11.2014, 02:13

Es war ein Hotel im Hotel: Mit seinem Stück "Kurhotel Dierksiel" war das Plattdeutsche Theater Wendland am Sonntagabend nämlich zu Gast im Kalbenser Hotel Ratsstuben. Ein gut gelauntes Publikum ließ sich im vollbesetzten Saal "up platt" unterhalten.

Kalbe l "Bloutdruck? Häv ick nich!", versichert Rosalinde Linde ihrer Ärztin glaubhaft. Und auch sonst sei sie gesund. Schließlich hat sie "immer min long Unnerbüx" an. Schon wegen der Kälte. "Sonst kriss du wat mit de Bloas und musst laupen un laupen, obwohl et bloß dröppelt."

Tja, was soll Frau Doktor Appel nun aber mit solch einer Kurpatientin anfangen, die nicht nur gesund ist, sondern noch nicht mal auf ärztliches Anraten "to Kor" gefahren ist, sondern den Aufenthalt im "Kurhotel Dierksiel in Priesusschriem inne Zeidung Hof und Vieh" gewonnen hat, und die die Fangopackungen als "Baggermatsch, de ussieht wie Kuhschiete" bezeichnet.

"Wer slöpt, sündicht nich, aber wer sündicht slöpt better."

Bäuerin Rosalinde Linde

Zudem hat die Chefin derzeit ganz andere Sorgen, als das Landei Rosalinde (Hannelore Lohrberg). Es soll sich nämlich ein Kontrolleur der Krankenkasse in ihrem Haus eingeschlichen haben. "Inkognito", versteht sich. Und nun muss "de Doktorsche", in deren weißem Kittel Anke Ralf steckt, dringend herausfinden, wer das ist.

Bis das allerdings passiert und nicht nur das Personal im Kurhotel, sondern auch die Zuschauer im Kalbenser Hotel Ratsstuben aus allen Wolken fallen, lachen sich die Zuschauer dort platt. Und das ist wörtlich zu nehmen. Denn alles, was an diesem Abend auf der Bühne passiert, passiert auf Plattdeutsch. Zu Gast ist nämlich das Plattdeutsche Theater aus dem Wendland. Und weil die Laientheatergruppe nicht zum ersten Mal da ist, ist der der Saal gut gefüllt und es herrscht gute Stimmung.

Dass sich die hält, dafür sorgen schließlich die acht tollen Schaupieler, denen man fast nicht mehr abnehmen möchte, dass sie alle nur Hobbymimen sind. Denn das Theaterstück von Christiane Cavazzini ist toll besetzt bis in die kleinste Nebenrolle - zum Beispiel die der herrlich genervten Rezeptionistin "Schwester Wiepke" (Karola Kleiske), die sich gelegentlich mit ihrer eigenen Medizin aus der Ouzo-Flasche gegen den Stress behandelt, oder "Bufdi" Fiete (Marco Böckem), der sich sein Bundesfreiwilligensalär aufbessert, indem er Kurgast Herbert Michels (Heinz Woltersdorf) mit potenziellen "Kurschoaten" oder wahlweise den nicht ganz so heiligen und deshalb auf Diät gesetzten Pastor Peter Engel (Ewald Meyer) - "Dat groate Fräten hat nun n` End" - mit Zusatzrationen versorgt. Was die Zuschauer im Saal gut verstehen können. Auch in der Altmark wird schließlich gern geliebt und gegessen.

Aber ohnehin menschelt es gewaltig in dem Stück der Wendländer. Und es sind eben diese kleinen Schwächen und deren Besitzer, die die Gäste zum Lachen bringen. So wie die herrlich überdrehte korpulente "Beomtenwittfru" Isolde von Harder (Annedore Woltersdorf), die sich als Privatpatientin zwar erst einmal über ihr Zimmer beschwert, dann aber zum Trost einen neuen heiratswilligen Beamten findet, oder die flippige Petra Sonnenschein (Petra Neumann), die ihrerseits zur Kurärztin wird und Bufdi Fiete mal etwas näher "unnersucht", frei nach Rosalindes Motto: "Wer slöpt, sündicht nich, aber wer sündicht slöpt better".

Sie alle da oben auf der Bühne haben Macken, die den Gästen im Saal so herrlich bekannt vorkommen. Und selbst wenn nicht jeder Besucher jedes Wort versteht -, schon weil das Wendländische Platt nicht ganz dasselbe ist, wie in der Altmark -, ist die Handlung so schön durchsichtige, dass auch die völlig Plattunkundigen keinen Witz versäumen. Und als am Ende dann gleich drei Paare "fuschionieren", da "dröppelt" der Applaus nicht nur, er ist rauschend und ganz laut. Vor allem, als die Wendländer versprechen: "Wir kommen wieder!" Schließlich sei Kalbe ja "dichtebi".