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Kumpel angezündet Jetzt steht Totschlag in der Anklage

Um versuchten Totschlag geht es seit Dienstag vor der
Schwurgerichtskammer am Stendaler Landgericht. Gegen zwei Männer aus
Gardelegen war zunächst vor dem Amtsgericht unter dem Vorwurf der
schweren Körperverletzung verhandelt, das Verfahren dann aber abgegeben
worden.

Von Wolfgang Biermann und Gesine Biermann 10.12.2014, 01:18

Stendal/Gardelegen l Die mutmaßlichen Täter, 21 und 32 Jahre alt, sind angeklagt, das Opfer am 26. Juni dieses Jahres so heftig geschlagen und getreten zu haben, dass der 31-jährige Gardeleger schwere Verletzungen davon getragen hat - unter anderem erlitt das Opfer einen Nasenbeinbruch, diverse Prellungen und Schürfwunden am gesamten Körper. Danach sollen die Täter die Bekleidung ihres Bekannten mit einem Feuerzeug in Brand gesteckt haben, so dass Hose und Jacke brannten. Das Opfer trug schwere Brandverletzungen davon. Rund 20 Prozent der Haut sind seither vernarbt.

Die Tat soll sich in der Nähe des Gardeleger Bahnhofes zugetragen haben (wir berichteten). Schon während der Beweisaufnahme am 20. November im Gardeleger Amtsgericht war klar geworden, dass es sich nicht um gefährliche Körperverletzung, wie angeklagt, sondern um versuchten Totschlag handeln könnte.

Alkoholwerte zwischen 2,46 und 4,41 Promille

Beide Angeklagten sollen nach Aussagen des Geschädigten Morddrohungen gegen ihn ausgestoßen haben. So fielen Sätze wie: "Wir bringen dich um." Strafrichter Axel Bormann hatte daraufhin das Verfahren weitergeleitet: "Meine Strafgewalt ist hier erschöpft."

Gestern hat die Verhandlung im Schwurgericht Stendal begonnen. Per Erklärung ließ der 32-jährige Angeklagte, ein gebürtige Rathenower, auch hier über seinen Verteidiger Norbert Zepig Schläge, Tritte und das Anstecken per Feuerzeug "mit Sicherheit ausschließen". Er könne sich wohl noch daran erinnern, dass er mit dem Mitangeklagten und dem späteren Opfer zwei Flaschen Wodka und Bier getrunken habe. Außerdem sei eine Flasche Kräuter im Spiel gewesen. Aufgrund der Alkoholisierung könne er keine weiteren Angaben machen. Er sei keinen Alkohol gewöhnt gewesen, weil er erst einen Monat zuvor aus dem Gefängnis entlassen worden war.

Diese Aussage hatte allerdings bereits im Gardeleger Amtsgericht ein Sachverständiger angezweifelt. Er hatte aufgrund der Angaben des Täters über die konsumierten Getränke einen Tatzeit-Alkoholblutwert "irgendwo zwischen 2,46 und 4,41 Promille" errechnet, und gleichzeitig eingeschätzt, dass eine "erhebliche Alkoholgewöhnung" vorlag, da sich der Angeklagte an Details erinnern und einen flüssigen Ablauf der Tathergänge schildern konnte.

Auch das Opfer kam bereits mit dem Gesetz in Konflikt

Auch der 21-Jährige sei zur Tatzeit erheblich alkoholisiert gewesen, und ebenfalls alkoholgewöhnt, schätzte der Experte ein. Aufgrund dessen Angaben hatte er für ihn einen Wert von rund 1,6 Promille errechnet.

Der jüngere Mann hatte dem älteren Mittäter Tritte und Schläge zugeschrieben. "Der hat auch zugehauen." Und er gab weiter an, dass es der 32-Jährige gewesen sei, der die Bekleidung des Opfers mittels Feuerzeug angezündet habe. Das Ganze habe sich über einen längeren Zeitraum hingezogen. Zwischenzeitlich habe man auch wieder gemeinsam getrunken. Zu der Annahme, dass es sich bei der Tat um versuchten Totschlag handeln könnte, hatte auch der Sachverständige beigetragen. "Schläge und Tritte", so hatte er während der Verhandlung in Gardelegen erläutert, seien "impulsive Handlungen", die, genährt durch den Alkohol, aus Wut entstanden. Das Anzünden eines am Boden Liegenden sei dagegen sehr viel diffiziler. Man müsse das Feuerzeug herausholen, anzünden, und "so eine Jacke steht ja nicht sofort in Flammen". Eine solche Tat sei keineswegs schnell ausgeführt.

Die Angeklagten befinden sich seit dem Vorfall in Raßnitz und Burg in U-Haft. Der Prozess wird heute fortgesetzt. Insgesamt vier Verhandlungstage hat die Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler angesetzt. Das Urteil wird für den 7. Januar erwartet.

Die Angeklagten sind mehrfach vorbestraft. Das als Nebenkläger im Prozess beteiligte Opfer ist für die Justiz ebenfalls kein Unbekannter. Nach Volksstimme-Informationen soll der Mann unter anderem an einer Brandstiftung im Altmarkkreis Salzwedel beteiligt gewesen sein. Dabei soll eine Gaststätte in Solpke Opfer der Flammen geworden sein.