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Hausverbote für mehrfach vorbestraften Gardeleger (56) Ein Becher Fleischsalat bringt Dieb vor Gericht

12.12.2014, 01:05

Gardelegen (iwi) l Der geklaute Fleischsalat für 1,09 Euro hätte ihn kurz vor Weihnachten fast noch ins Gefängnis gebracht. Weil er am 1. August in einem Gardeleger Einkaufsmarkt den Becher gestohlen hatte, musste sich ein 56-jähriger Gardeleger wegen Diebstahls vor Amtsrichter Axel Bormann verantworten. Das Verfahren wurde am Ende wegen geringer Schuld eingestellt.

Mit Alkoholfahne im Gerichtsaal

"Sie stinken nach Alkohol. So viel Anstand muss man doch besitzen, vor Gericht nüchtern zu erscheinen", rüffelte Bormann den Angeklagten, der mit seinem Betreuer zur Verhandlung gekommen war. Der Mann war gerichtserfahren: In den vergangenen Jahren hatte er zweimal für drei und vier Monate im Gefängnis gesessen, unter anderem, weil er acht Tafeln Schokolade gestohlen hatte. Schon zu DDR-Zeiten musste er mehrere Jahre in Leipzig und Bautzen hinter Gittern verbringen, wegen Diebstahls und Rowdytums.

"Ich will nie wieder ins Gefängnis", betonte der Angeklagte. Bormann merkte an: "Aber da gibt es Stollen und einen Weihnachtsbaum." Und er fragte: "Warum klauen Sie?" Er müsse doch wissen, dass er erwischt werde, so oft, wie das schon vorgekommen sei, fügte die Staatsanwältin hinzu. "Du stellst dich zu doof an, sagen die anderen auch immer zu mir", entgegnete der 56-Jährige schulterzuckend. Andere würden mit leerem Beutel in den Laden gehen und mit vollem rauskommen. "Und da passiert nichts. Aber immer bei mir." Wie er denn von dem kleinen Schälchen Fleischsalat habe satt werden wollen?, fragte der Richter. "Ich hatte noch Brötchen zu Hause", entgegnete der Gardeleger.

Bier lässt er sich vom Nachbarn mitbringen

Problem des Mannes, der in einem Neubaublock lebt: seine Alkoholabhängigkeit. "Ich kenne in meinem Eingang keinen, der nicht trinkt", sagte er. Der Betreuer bestätigte den Alkoholkonsum seines Klienten. Das Geld, was er vom Betreuer zugeteilt bekommt, versäuft der Mann. Für Essenseinkäufe bleibt nichts übrig.

Zehn Flaschen Bier lasse er sich immer freitags von einem Nachbarn aus dem Supermarkt um die Ecke mitbringen. Der 56-Jährige selbst hat dort wegen Diebstahls Hausverbot. "Ich darf erst wiederkommen, wenn das nächste Mal die Blätter fallen", erzählte er dem Richter. Auch in einem anderem Gardeleger Supermarkt hat er bereits Hausverbot. Bormann: "Da wird die Luft langsam dünn mit Läden in ihrer Umgebung."

Bei weiterem Alkoholkonsum droht Unterbringung

Nun geht er - auf Anraten seines Betreuers - einmal pro Woche zur Tafel und deckt sich dort gegen einen kleinen Obolus mit Lebensmitteln ein. Der Richter sagte: "Gehen Sie dort hin. Aber es gibt Leute, die haben es nötiger als Sie. Wie kann man nur alles versaufen?" Schlimmste Befürchtungen hat Bormann für die Zukunft des Gardelegers: "Irgendwann komme ich als Betreuungsrichter und muss Sie unterbringen lassen, wenn Sie weiter so trinken."