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Magdeburger Außenstelle des Bundesbeauftragten für Stasi-Akten bearbeitete 2014 mehr als 100 Anträge 100 Meter Akten mit Informationen über Gardeleger Bürger

Von Anke Kohl 21.02.2015, 02:21

In den vergangenen 22 Jahren sind 218203 Anträge auf Akteneinsicht in der Außenstelle Magdeburg des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR eingegangen. Aus dem Bereich der heutigen Stadt Gardelegen waren es mehr als 3500 Anträge.

Gardelegen l Mit genau 101,3 laufenden Metern an überlieferten Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR wurden dem Magdeburger Archiv der Außenstelle des Bundesbeauftragten für Unterlagen der Staatssicherheit (BStU) rund 40 Meter mehr geliefert als aus der Kreisdienststelle in Klötze. Aus dem benachbarten Altkreis werden nämlich genau 64,6 laufende Meter aufbewahrt.

Und im Jahr 25 nach der Wende und dem Ende der Deutschen Demokratischen Republik ist die Arbeit der Mitarbeiter in der BStU noch immer gefragt. "Mehr als 100 Anträge auf Akteneinsicht, Herausgabe von Unterlagen und Entschlüsselung von Decknamen sind 2014 in der Magdeburger Außenstelle eingegangen", berichtet deren Leiter, Jörg Stoye.

"Mittlerweile kommen mehr als zehn Prozent der Anträge von Angehörigen Verstorbener"

Jörg Stoye

Konkret würden sich die Nachfragen auf die Orte mit den heutigen Postleitzahlen 39638 sowie 39649 beziehen, erläutert Stoye weiter. Aus allen Ortschaften der heutigen Stadt Gardelegen sind es für den Zeitraum 1992 bis 2014 mehr als 3500 gewesen.

Auch in Kalbe gab es einst eine Kreisdienststelle. Doch deren Akten wurden mit der Auflösung des Verwaltungskreises Kalbe 1987 in die Dienststellen Gardelegen, Salzwedel und Osterburg überliefert.

Dabei sei in der Tendenz festzustellen, dass es ein zunehmendes Interesse der jüngeren Generation gibt. "Mittlerweile kommen mehr als zehn Prozent der Anträge auf Akteneinsicht von Angehörigen verstorbener Personen", stellt Jörg Stoye fest. Allerdings gebe es den "durchschnittlichen Antragsteller" auch nicht. "Wir hatten erst kürzlich den Antrag einer 16-jährigen Schülerin vorliegen, die über den Lebensweg ihres Großvaters nachfragte, der zu den Zwangsausgesiedelten des Grenzgebietes gehört. Dem gegenüber kann ich aber den Antrag eines 93-jährigen Herren stellen, der offenbar sehr lange überlegt hat, sich diesem Thema zu stellen", berichtet Jörg Stoye.

Sozusagen erfolgreich waren die Mitarbeiter der BStU in Magdeburg im Jahr 2013 in rund 70 Prozent aller Fälle der beauftragten Suche nach Aktenmaterial. Mal seien es nur Karteikarten mit knappen Informationen gewesen. Andererseits gebe es auch Akten mit bis zu 30000 Seiten über nur eine Person.

Doch auch für die Antragsteller, denen in dieser Hinsicht kein positiver Bescheid gestellt werden konnte, können nach Ablauf einer gewissen Zeit einen erneuten Antrag stellen. Denn: Die Magdeburger Außenstelle verwaltet ein riesiges Lager mit tausenden Papiersäcken, in denen von Hand zerrissene Stasi-Akten lagern und die sukzessive wiederhergestellt werden. "Unter den dort lagernden Behältnissen sind allein 2400 Kartons beziehungsweise Säcke aus dem Bereich der einstigen MfS-Bezirksverwaltung Magdeburg. Gelagert werden bei uns zusammengefasst alle sichergestellten Akten, die nicht mehr vollständig vernichtet worden sind", sagt Jörg Stoye, "denn nach unserer Einschätzung muss ein Großteil der 1989 noch vorhandenen Akten vernichtet worden sein."

Von den in handzerrissener Form überlieferten Unterlagen der einstigen MfS-Bezirksverwaltung sind bisher zwei Behältnisse rekonstruiert worden. Sie enthielten vor allem ausführliche Dokumente über die Zwangsaussiedlung von DDR-Bürgern aus dem innerdeutschen Grenzgebiet im Jahr 1961. "Über diese Zwangsmaßnahmen durch die SED, Polizei und das MfS waren bis dahin nur wenige Unterlagen vorhanden", erklärt der Leiter der Außenstelle.

Behördlicherseits empfiehlt Stoye, dass ein formloser, aber unbedingt unterschriebener Wiederholungsantrag frühestens nach zwei Jahren nach einer erhaltenen Auskunft oder Akteneinsicht wieder Sinn macht.

Möglich sind aber auch Anträge auf Akteneinsicht als naher Angehöriger oder als Dritter, wenn man vermutet, dass Informationen über sich in der Akte eines Verwandten oder Bekannten festgehalten seien, fügt Jörg Stoye hinzu. "Man bekommt dann natürlich keine Informationen über diese Personen, sondern nur zu sich selbst. So ein Antrag muss aber inhaltlich begründet werden."

Einmal im Monat, jeweils an jedem ersten Dienstag, finden in der Außenstelle der BStU Rundgänge durch Kartei- und Magazinräume statt. Nächster Termin ist Dienstag, 3. März, im Haus an der Georg-Kaiser-Straße 7 in Magdeburg. Bei größeren Gruppen wird um Voranmeldung gebeten. Archivführungen finden ebenfalls auf Anmeldung statt.