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Der 19-jährige Gardeleger Willem Biermann berichtet über sein Auslandsjahr in Nordamerika On the road again - im Minivan

04.03.2015, 01:18

Willem Biermann und sein Freund Thomas Lippold haben ihre Jobs als Videospieletester in Kanada aufgegeben. Jetzt touren sie in einem alten Minivan quer durch die USA. Die Volksstimme veröffentlicht Auszüge aus Willems Reiseblog.

11. Januar

Während es in der Weihnachtszeit keinen Schnee gab, ist die Stadt momentan eine einzige Eisbahn. An einem Wochenende gab es Eisregen, der abends für eine Stunde den Strom in unserer Straße ausgeknipst hat. Die Stromleitung waren durch das Eis zu schwer geworden. In der Nacht erreichten die Temperaturen minus 15 Grad. Das Wasser, das sich vorher auf den Bürgersteigen und den Straßen gesammelt hatte, war nun zu einer dicken Eisschicht gefroren. Immerhin musste mein Gesicht nur zweimal Bekanntschaft mit dem Boden machen. Mit Mütze, Handschuhen, Shirt, Pullover und Jacke darüber, zwei Paar Socken, Thermounterwäsche und einem Schal als Mundschutz ist es sogar relativ warm.

1. Februar

Unsere Arbeit als Videospieletester macht immer noch Spaß. Mein Team besteht momentan aus 16 Leuten und spricht acht verschiedene Sprachen. Besonders witzig finde ich es, wenn andere versuchen, Deutsch zu sprechen und dann "Dankeschön" sagen, wenn ich jemandem irgendwie helfen konnte.

Am Wochenende machen wir in der Regel nicht viel. Im Vergleich zu anderen Städten ist es hier einfach schwer, Kontakte zu schließen, wenn man die Hauptsprache nur in Maßen versteht, und obwohl fast jeder sowohl Englisch als auch Französisch spricht, weigern sich trotzdem viele, Englisch zu sprechen.

"Die Heimfahrt war übel. Die Straßen waren einfach eine Katastrophe."

Meistens besuchen wir einen Irish Pub namens "McKibbins", wo es reichlich verschiedene Biersorten, gute Live-Musik und Snacks wie Nachos oder Pommes gibt. Wir planen, etwa Mitte Februar hier zu verschwinden. Dann werden wir uns ein wenig im Osten Kanadas umsehen und dann in den USA. Die große Frage ist nun, mit was für einem Auto wir das machen wollen.

8. Februar

Endlich ist es soweit. Heute haben wir uns auf den Weg zu einem Autohändler in der Nähe gemacht. Auf dem zugeschneiten Parkplatz hat einer der Mechaniker einen 2002er Kia Sedona für uns ausgeparkt. Wir haben dann eine Probefahrt gemacht und das Wichtigste getestet. Es war schon komisch, nach mehreren Monaten wieder ein Lenkrad in der Hand zu halten. Nach einer Menge Papierkram war der Gute dann unser. Wir haben ihn "Das Auto" getauft.

Die Heimfahrt war übel. Die Straßen waren einfach eine Katastrophe. Überall Löcher, tonnenweise Schneematsch und auf einer Strecke von 20 Kilometern waren nirgendwo brauchbare Spurmarkierungen, nicht mal auf einem dreispurigen Highway, was besonders unglücklich ist, wenn mal zwei Spuren zusammenlaufen. "Rechts vor links" gibt es hier übrigens nicht. Kreuzungen sind immer durch Schilder geregelt. An gleichrangigen Straßen findet man immer vier Stop-Schilder. Wer zuerst kommt und anhält, darf auch zuerst fahren.

17. Februar

Da die Zulassungsstellen immer nur während unserer Arbeitszeiten geöffnet haben, musste ich mir eine Stunde frei nehmen. Weil das Auto auf Tommy zugelassen ist und wir dachten, mit einer Vollmacht von ihm könnte ich das auch erledigen, war die Zeit verschwendet, sodass ich mit leeren Händen zur Arbeit zurückkehren musste. Tommy hat das Ganze in wenigen Minuten geklärt. Ach ja: Wir dachten, ein Stück Blech und ein paar Einträge ins Verkehrsregister können ja nicht teuer sein - denkste! 300 Dollar hat der Spaß gekostet. Und weil es mit den Kosten ja noch nicht reicht, haben wir auch noch den ersten Strafzettel unseres Lebens in Höhe von 103 Dollar bekommen. Der Räumungsdienst fährt nämlich irgendwann am Straßenrand entlang, um den Schnee aufzusammeln. Autos, die dann im Weg stehen, werden einfach abgeschleppt. Einen Hinweiszettel an der Frontscheibe hatten wir nicht gesehen, weil wir das Auto seit mehreren Tagen nicht mehr benutzt hatten.

26. Februar

Unsere Reise beginnt in Ottawa. Dort haben wir zwei Nächte verbracht. Unter anderem waren wir noch mal beim Friseur (grins) und haben uns Landkarten besorgt.

Von Ottawa ging es in Richtung Toronto. Ein Bekannter, der uns aufnehmen wollte, hatte aber einen Rohrbruch. Also haben wir unsere Route geändert und uns gedacht, "besuchen wir mal Halton Place und schauen, ob wir da pennen können". Also auf der Farm, wo wir vor ein paar Monaten schon mal gearbeitet haben.

Vieles ist gleich geblieben. Die Baustelle ist nun mehr oder weniger fertig und draußen kann man wegen der riesigen Schneeberge nicht viel machen. Als wir dann aber in unser altes Zimmer kamen, hörten wir es schon laut plätschern. In der Wand zwischen unserem Zimmer und dem Bad war ein kaputtes Rohr aufgetaut. Also mussten wir Techniker anrufen, damit sie am späten Abend um 23 Uhr das Rohr abdichten.

"Wir mussten unsere Augen und jeden Fingerabdruck scannen lassen."

Wir blieben noch für eine Nacht, weil uns Axel, unser früherer Chef, in sein Haus zum Abendessen mit seiner Familie eingeladen hat. Die Gespräche waren manchmal etwas verwirrend aber auch witzig, weil seine Familie auch Deutsch spricht und wir öfter einfach mitten im Satz zwischen Englisch und Deutsch gewechselt haben.

Am nächsten Tag waren wir in Georgetown einkaufen. Während der Fahrt haben sich zwei riesige Risse in der Frontscheibe gebildet. Für das Wechseln der Scheibe mussten wir nochmal zwei Nächte bleiben (da sonntags keine Werkstatt geöffnet hat).

Aber natürlich haben wir nicht nur faul rumgelegen, sondern auch angepackt und draußen Schnee geschippt oder Müll weggeräumt. Montag konnte ich endlich zur Werkstatt und nach etwa fünf Stunden langen Wartens konnte ich das Auto mit der neuen Scheibe abholen. Insgesamt dauerte unser Aufenthalt also mehrere Tage. Geplant war eigentlich nur ein Tag.

28. Februar

Es geht in die USA! Einem nicht gerade überfreundlichen US-Grenzbeamten haben wir heute unsere Papiere gezeigt. Wir wurden ausgefragt, wie viel Geld wir haben, warum wir in die Staaten wollen und für wie lange. Außerdem mussten wir unsere Augen und jeden Fingerabdruck scannen lassen!

Übrigens: Die Amerikaner halten sich strikt ans Tempolimit: Wenn auf einem Schild "60 mph" (ca. 100 km/h) steht, dann fährt auch jeder exakt 60 und kein bisschen mehr, und auf dem Interstate (vergleichbar mit unserer Autobahn) gibt es gefühlt alle zehn Kilometer eine Abfahrt, die zu einem Schnellrestaurant führt. Die Amerikaner sind wirklich extrem nett und großzügig und dürften sogar viele Kanadier in den Schatten stellen. Sie erfüllen so gar nicht die Klischees, mit denen ich gerechnet hatte. Waffen werden von vielen auch strikt abgelehnt. US-Flaggen findet man aber überall.

Ein weiterer "Kulturschock" kam beim Tanken. Man muss nämlich im Voraus bezahlen. Man zahlt beispielsweise 30 US-Dollar und kann dementsprechend tanken (in dem Fall fast 14 Gallonen, umgerechnet etwa 53 Liter für 27 Euro sind). Wir haben uns später sagen lassen, dass das gemacht wird, weil Leute früher öfter weggefahren sind, ohne zu bezahlen.