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Amtgericht verurteilt geflüchteten Bundeswehrsoldaten zu Geldstrafe Fahnenflucht wegen Mobbing

Von Gesine Biermann 20.03.2015, 02:22

Gardelegen l Sein Ausbildungsberuf Industriemechaniker führte ihn zur Bundeswehr. Mit der will der 22-jährige Magdeburger aber nun nichts mehr zu tun haben. Er will lieber Lokführer werden. Seine Ausbildung in Stuttgart macht ihm auch viel Spaß. Nur hat er mit seinem vorherigen Arbeitgeber, dem Bund, erst noch eine Kleinigkeit zu klären. Denn dort hatte der junge Mann nicht ordentlich gekündigt, sondern war unerlaubt der Truppe ferngeblieben. Und das darf eben auch ein Berufssoldat nicht. Dafür gab`s jetzt die Quittung. 3150 Euro muss er nun berappen, und die Gerichtskosten dazu.

Dabei hatte ihm der Job im Gefechtsübungszentrum zunächst ganz gut gefallen, gab er zu: "Nach der Grundausbildung kam ich nach Letzlingen und das hat mir auch Spaß gemacht." Dann aber sei er plötzlich "nicht mehr klargekommen." Nicht mit den Kameraden und erst recht nicht mit den Vorgesetzten. "Die haben mich da so schikaniert, dass ich mit der Situation komplett überfordert war." Und so war der 22-Jährige nach einem Urlaub im Juli 2014 einfach nicht mehr zu seiner Kompanie zurückgekehrt.

"Eigentlich wusste ich, was ich mache. Wir wurden ja auch darüber belehrt", gibt er gestern auf Nachfrage von Strafrichter Axel Bormann zu. Doch er habe einfach nicht dorthin zurückgehen wollen, wo er sich nicht wohl gefühlt habe. Erst als er schließlich abgeholt worden sei, sei er wach geworden, "und ich habe dann gleich am nächsten Tag gekündigt". Aber das war leider zu spät.

Warum er denn nicht das Gespräch mit seinen Vorgesetzten gesucht habe, will Bormann wissen. Der verantwortliche Oberfeldwebel sei doch "noch schlimmer gewesen", so der Ex-Soldat: "Der hat mich noch mehr schikaniert."

Die Staatsanwältin will daraufhin Konkretes hören. Und so schildert der Angeklagte eine Begebenheit: Seine Kameraden hätten ihm zum Beispiel strikt untersagt, ihre Sachen anzufassen. Bei einer Stubenkontrolle habe er sich dann für ihre unordentlichen Spinde und herumgeworfenen Sachen beschimpfen lassen müssen.

Für die Anklägerin ist diese Geschichte allerdings kein Grund, Milde walten zu lassen: "Es gab weder physische noch psychische Übergriffe, die eventuell sogar zu verfolgen wären!" Ihr Antrag, eine in 90 Tagessätze zu je 35 Euro umgewandelte Freiheitsstrafe von drei Monaten, zeugt dennoch für ein gewisses Verständnis für den jungen Mann.

Und das hat offensichtlich auch Richter Axel Bormann, der ihr darin folgt: "Mit dem Urteil müssen Sie zwar was zahlen, gelten aber dafür nicht als vorbestraft", erläutert er dem Angeklagten. Das könne in beruflicher Hinsicht wichtig sein. Unverständlich sei für ihn dennoch, warum er nicht einfach gekündigt habe, so Bormann: "Früher wäre es nicht möglich gewesen, aber heutzutage ist die Bundeswehr doch auch nur ein Arbeitgeber, mit dem Sie einen Vertrag machen, den sie beenden können."