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Amtsgericht Gardelegen "Sieg heil"-Rufe und ein nackter Penis

Zwei Männer aus Gardelegen und Jävenitz standen vor Gericht, weil sie vor einem Jahr bei einer Auszugsparty laut "Sieg heil" gebrüllt hatten. Das gaben sie am Ende dann auch zu. Das Gericht verordnete einen Besuch in der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen.

Von Ilka Marten 02.07.2015, 03:05

Gardelegen l Der dritte Verhandlungstermin stand schon in Aussicht, doch dann knickten sie ein. "Kann das doch richtig sein, dass Sieg heil gerufen wurde?", fragte Strafrichter Axel Bormann die zwei angeklagten Männer, die nickend zustimmten. Verantworten mussten sich der 18-jährige Jävenitzer und der 21-jährige Gardeleger wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

150 Euro Ordnungsgeld für Polizeibeamten

Bis kurz vor Ende des zweiten Verhandlungstermins bestritten die Männer die Tat, die sich im Juni 2014 ereignet hatte, als der damals noch 17-Jährige mit seiner Mutter aus der Wohnung in Jävenitz auszog. Am Montag mussten die Polizeibeamten aussagen, die zu der Ruhestörung von Nachbarn gerufen worden waren. Weil ein Beamter nicht erschien und sich erst am Verhandlungstag mündlich wegen eines Arzttermins entschuldigt hatte, verhängte Bormann gegen ihn ein Ordnungsgeld von 150 Euro. Die Polizisten hatten jedoch keine rechtsradikalen Ausdrücke und Musik gehört, nachdem sie eingetroffen waren.

Ein ehemaliger Nachbar sagte aus, dass er die laute rechtsorientierte Musik an dem Tag in der fast leeren Wohnung gehört habe. "Ich habe noch geklingelt und geklopft, aber es hat keiner aufgemacht." Über den damals 17-Jährigen, der zur Tatzeit 2,43 Promille Alkohol im Blut hatte, sagte der Zeuge: "Wenn er nüchtern ist, ist er ein Bombenkumpel." Aber das ist er ganz offensichtlich nicht immer.

200 Euro an den Verein Buchenwald

Alkohol spielte in der Familie in der Vergangenheit eine große Rolle, wie die Jugendgerichtshelferin anmerkte: "Die Mutti fällt schon seit etlichen Jahren durch einen alkoholreichen Lebenstil auf."

Der Richter stellte das Verfahren gegen die beiden Männer unter Auflagen vorläufig ein. Sie müssen jeweils 200 Euro an den Verein Buchenwald überweisen und einen eintägigen sozialen Trainingskurs mit der Jugendgerichtshelferin verbringen. Sie wird mit den jungen Männern die Gedenkstätte Bergen-Belsen besuchen.

Der 21-jährige Gardeleger musste sich außerdem wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen verantworten. Er hatte im Februar 2015 ein Foto, das seinen entblößten Penis zeigte, an ein 13-jähriges Mädchen aus Gardelegen geschickt. "Ja, das Bild habe ich geschickt, aber an die Schwester, mit der ich damals zusammen war", versuchte er sich noch zu verteidigen. Und dann wären da ja zwei Handys gewesen. Die zwei Mädchen (13 und 15) hätten ihm sogar selbst einen Dreier vorgeschlagen, dazu sei es dann aber nicht gekommen, zu einem Schäferstündchen mit der 15-Jährigen aber schon. "Schämen Sie sich nicht?", richtete sich Richter Axel Bormann an den Angeklagten.

Staatsanwältin verzichtete auf die Fotoeinsicht

Die Staatsanwältin verzichtete darauf, das Penis-Foto in Augenschein zu nehmen. Gegen Zahlung von 50 Euro an das Mädchen stellte der Richter das Verfahren gegen den Mann ein.