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Metallbauer schließt Den Umzug aus der Hauptstadt nicht bereut

Ein Oebisfelder Traditionsbetrieb - die Metallbaufirma von Gerd Wartenberg.

Von Jens Pickert 30.07.2015, 18:42

Oebisfelde l 1890 zog die Schlosserei, weiterhin unter dem Namen Lesse firmierend, in die Lange Straße beziehungsweise Achterstraße um. Diese Immobilie avancierte dann zum Stammsitz der Firma bis zum Umzug im Jahr 1998 in das neue Gewerbegebiet West.

22 Jahre vor dem zweiten Umzug, konkret am 1. Juni 1976, hatte Gerd Wartenberg die Firma übernommen - von seinem im selben Jahr verstorbenen Schwiegervater Heino Meuser. "Mein Schwiegervater kehrte 1949 aus der Kriegsgefangenschaft zurück und begann bei der Firma als Geselle. Er hat dann erfolgreich die Meisterschule absolviert und den Betrieb 1956 schließlich gekauft. Allerdings nur das Inventar. Für die Nutzung der Räumlichkeiten musste er Miete zahlen", blickte Gerd Wartenberg zurück. Zur Schlosserei habe neben der Werkstatt, die über die Achterstraße zu erreichen gewesen sei, auch ein Eisenwarengeschäft (heute ein Döner-Imbiss) an der Langen Straße gehört.

Der in Wittenberge geborene Gerd Wartenberg hatte indes zunächst keine Ambitionen, in die Fußstapfen seines Schwiegervaters zu treten. Er studierte von 1968 bis 1972 in Dresden Schienenfahrzeugtechnik. Nach dem Studium zog er mit Ehefrau Annemarie nach Berlin. Seine Frau arbeitete in der Verwaltung der DDR-Binnenschifffahrt, während er im Triebwagen-Bahnbetriebswerk Berlin-Treptow in das Arbeitsleben einstieg. "Mein Beruf hat mir Spaß gemacht. Meine Kollegen und ich beschäftigten uns beispielsweise mit dem Schnellbahn-Triebwagen der Bauart Görlitz und auch mit dem unter dem Namen ,Fliegender Hamburger` bekannten Triebwagen. Es war sehr interessant", blickte Gerd Wartenberg zurück.

Mit Kind in Wohngemeinschaft gelebt

Dennoch entschied sich Familie Wartenberg, der Hauptstadt der DDR den Rücken zu kehren und im wegen der innerdeutschen Grenze abgeschotteten Oebisfelde einen Neustart zu wagen. "Der Hauptgrund zu diesem Schritt war die zu diesem Zeitpunkt sehr schlechte Wohnraumsituation in Berlin. Wir haben beispielsweise mit einem Kind in einer Wohngemeinschaft gelebt. Das bedeutete, die Küche und das Bad zu teilen. Und Änderung war nicht in Sicht", beschrieb Gerd Wartenberg die damalige Situation.

In Oebisfelde bezogen Wartenbergs dann eine Wohnung über der Firma. Die Wohnverhältnisse seien zwar auch nicht berauschend gewesen, doch besser als in Berlin. Wartenbergs richteten sich ein, auch mit der Firma. "Bis zur Wende habe ich mit meinem Schwager Hans-Heino Meuser den Laden geschmissen, dann habe ich personell aufgestockt", erklärte Gerd Wartenberg.

Nach der Wende hätte der Firmenchef die Immobilie an der Langen und Achterstraße auch kaufen können, doch das Angebot sei völlig überzogen gewesen. Wartenberg: "1998 bestand dann die Möglichkeit, ins Gewerbegebiet zu ziehen. Dort befanden sich bereits geeignete Räumlichkeiten einer Sanitärfirma. Die haben wir auf unsere Verhältnisse zugeschnitten. Den Umzug habe ich nie bereut."

Berufsumstieg nicht bereut

Bereut hat Gerd Wartenberg auch nicht den Berufsumstieg. "Natürlich gab es Tage, an denen man haderte oder zweifelte. Doch im Großen und Ganzen ist es gut gelaufen. Der Beruf des Metallbauers hat mich gefordert. Da wir überwiegend Unikate angefertigt haben, waren handwerkliches Geschick, Fachwissen und auch das Improvisieren das A und O. Das ist das Schöne an einem Handwerksberuf", betonte Gerd Wartenberg. Zuletzt war die Firma beim Bau des neuen Stadions in Wolfsburg gefragt. Die Oebisfelder haben dort das Stahlgerüst für die Videowand installiert.

Seinen Entschluss, im Jahr 2015 den Beruf an den Nagel zu hängen, habe er übrigens an seinem 60. Geburtstag gefasst: "An meinem 60. habe ich gesagt, in fünf Jahren höre ich auf. Jetzt ist es so weit." Die Firma Metallbau Wartenberg hätte allerdings weiter existieren können. Denn ein potenzieller Nachfolger ist mit Sohn Christian vorhanden. Er arbeitet jedoch im Volkswagenwerk. Das ist für den Vater aber in Ordnung: "Seit Jahren eine Festanstellung bei VW. Das ist schon ein Pfund."

Ab der kommenden Woche wird Gerd Wartenberg nun das Werkzeug aus der Hand legen. Es gilt, die Werkstatt auszuräumen und sich um den Verkauf der Immobilie (Interessenten sind vorhanden) zu kümmern. Kümmern möchte er sich anschließend vermehrt um sein Haus am Lehmweg und natürlich um seine Annemarie. "In puncto Reisen haben wir einiges nachzuholen", blickte Gerd Wartenberg voraus. Ganz von der handwerklichen Bildfläche möchte Gerd Wartenberg jedoch nicht verschwinden: "Eventuell melde ich ein Kleingewerbe für einen Schlüsseldienst an."