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Berufungsverhandlung gegen einen Gardeleger vor Landgericht Stendal Verfahren wurde eingestellt

Von Wolfgang Biermann 10.02.2011, 04:25

Stendal. Viel Lärm um nichts oder mit den sprichwörtlichen Kanonen auf Spatzen geschossen? Dieses Eindrucks konnten sich Prozessbeobachter im Landgericht Stendal nicht erwehren. Aufgerufen vor der Berufungskammer 11 war ein Strafverfahren um den Diebstahl eines sogenannten Mähwerkes, das man an einen Traktor hängen kann, um – wie es der Name schon sagt – damit zu mähen. Tatort war ein Feldrain an der Landstraße K 1112 unweit von Gardelegen. Wert des gebrauchten Mähwerkes: 150 Euro. Neun Zeugen waren schon beim Prozess in erster Instanz am Amtsgericht in Gardelegen gehört worden. Sie sollten auch in Stendal aussagen. Doch dazu kam es letztlich nicht. Der Gardeleger Amtsrichter hatte den 50-jährigen Angeklagten aus einem Ortsteil der Hansestadt zu 35 Tagessätzen á 30 Euro (1050 Euro) verurteilt.

Wie von der Staatsanwaltschaft Stendal zu erfahren war, hatte der Angeklagte vor dem Amtsgericht den Diebstahl bestritten. Das auf seinem Hof von der Polizei gefundene Mähwerk sei aber vom Bestohlenen und weiteren Zeugen eindeutig wiedererkannt worden. Eine von der Staatsanwaltschaft angestrebte Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage war seinerzeit im Vorfeld gescheitert. Grund: Der Angeklagte hatte nicht rechtzeitig gezahlt. Dieses Szenario wiederholte sich nun vor dem Landgericht. Der Vorsitzende Richter Christian Hachtmann gab zum Prozessauftakt bekannt, dass es zuvor zwischen den Verfahrensbeteiligten ein sogenanntes Rechtsgespräch gegeben habe. Ziel dieses "Deals" sei die vorläufige Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage. Dies wird in Juristenkreisen auch "Freispruch zweiter Klasse" genannt. Die Staatsanwaltschaft stimmte zu. Und so lautete der Gerichtsbeschluss, dass der Angeklagte bis zum 15. März nachweislich 150 Euro an den Stendaler Domchor-Förderverein zu zahlen hat. Tue er das nicht fristgemäß, werde erneut verhandelt, so Richter Hachtmann. Die Zeugen kassierten auch ohne Aussage ihr Zeugengeld. Der Angeklagte trägt seine Kosten für den Verteidiger, den großen Rest übernimmt Vater Staat, also der Steuerzahler. Übrigens: Nicht bestätigten Gerüchten zufolge soll das fragliche Mähwerk dem Angeklagten auf ähnliche Weise wieder abhanden gekommen sein.