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Stadt will Fremdanbieter wie Musikschulen vormittags nicht mehr in die Kitas lassen Das Aus für die Hasenband

Von Jörg Marten 15.04.2011, 04:32

Die Stadt Gardelegen will vormittags in ihren Kindergärten keine Fremdanbieter wie etwa Musikschulen mehr haben. Für viele Kinder bedeutet das das Ende der musikalischen Früherziehung in den Kindergärten. Eltern sind verärgert und verstehen die Entscheidung der Stadt nicht. Nun soll bis zu den Sommerferien zunächst noch alles bleiben wie es war. Dann aber soll Schluss sein.

Gardelegen. Die Hasenband begeisterte die Eltern, und auch die Kinder, die nicht in der munteren Musiktruppe sind, beklatschten gestern Vormittag in der Kita Zwergenland fröhlich das Programm ihrer Altersgenossen. Christiane Lubasch, Lehrerin an der Musikschule Fröhlich, hatte mit den Kindergartenkindern seit Januar das Hasenprogramm eingeübt. Die 13 Kinder zeigten das Ergebnis gestern ihren Eltern.

Wahrscheinlich aber wird die Hasenband im Kindergarten nie wieder auftreten.

Denn die Stadt will Fremdanbieter wie die Musikschule Fröhlich, aber auch andere private Musikschulen oder Angebote wie Fremdsprachenkurse, vormittags nicht mehr in die Kindereinrichtungen lassen. In Letzlingen musste kürzlich bereits die religiöse Früherziehung aus dem Kindergarten Heideblümchen ausziehen - damals noch eine Einzelaktion auf Initiative des Kindergartens selbst.

Nun wird der Rauswurf flächendeckend vollzogen. In der "Kernzeit" von 9 bis 12 Uhr sollen keine Fremdangebote in den Kindergärten mehr zulässig sein, bestätigte Hauptamtsleiter Klaus Richter. Der Amtsleiter: "Wenn ich das permanent zulasse, gibt es Brüche in der Schwerpunktarbeitszeit." Weil es sich außerdem um bezahlte Angebote handele, entstehe eine "Zweiklassengesellschaft".

Die Kindereinrichtungen würden ihre Bildungs- und Erziehungsarbeit im Rahmen ihrer Konzeption leisten, betonte der Amtsleiter: "Alles andere ist daneben und hat sich einzuordnen." Falls die Eltern solche Angebote wahrnehmen möchten, sollten sie das am Nachmittag tun. Das sei dann auch in der Kita möglich.

Genau das aber wird wohl nicht funktionieren. "Am Nachmittag unterrichte ich in den Schulen", sagt Lubasch. Zudem seien am Nachmittag oft nicht mehr alle Kinder in der Einrichtung, um dort gemeinsam zu musizieren.

Nicht nur das: Cornelia Striewski etwa, deren Tochter Mathilda die Kita Zwergenland besucht, sagte gestern, sie sei glücklich, dass das Kind solch ein Angebot in der Betreuungszeit wahrnehmen könne. Am Nachmittag könnte sie wie viele andere Berufstätige ihrem Kind solch ein Angebot nicht ermöglichen. Striewski: "Ich wäre total traurig, wenn es aufhören würde."

Und außerdem habe sich das doch gut eingespielt. Striewski: "In der Zeit würden die Kinder sonst rausgehen. Wenn es mir als Mutti wichtig ist, dass mein Kind einmal in der Woche dann Musik macht, muss das doch akzeptiert werden."

Auch Susann Lühmann, Mutter eines Kindes, das den Kindergarten Sonnenschein besucht, war entsetzt, als sie hörte, dass die musikalische Früherziehung in Kindergarten bald beendet sein wird. Gerade musikalische Früherziehung sei eine Bereicherung für die Kinder. Solch ein Angebot sei von den Erzieherinnen nicht zu leisten.

Vor zwei Wochen hatte Lubasch von der Verwaltung die Info erhalten, dass sie ab Mai ihre Früherziehung in den drei städtischen Kindergärten und in dem in Solpke nicht mehr machen dürfe. Seit sieben Jahren bietet sie dort die Kurse für die Jüngsten an. Lubasch hatte daraufhin die Eltern informiert. Die waren teils geschockt, wie eine Mutter berichtete. Inzwischen hat die Stadtverwaltung zugestanden, dass die Kurse bis zum Schuljahresende weiterlaufen könnten. Darüber informierte Lubasch gestern die Eltern, die zumindest darüber sichtlich erleichtert waren.

Auf Anfrage sagte Richter, er werde die Thematik noch mal in einer neuen Diskussion besprechen. Er aber gehe davon aus, dass ab Sommer entsprechende Angebote vormittags nicht mehr in den städtischen Kindereinrichtungen stattfinden werden.

Lubasch, selbst gelernte Erzieherin, betreut derzeit in vier städtischen Einrichtungen 53 Kinder ab dreieinhalb Jahren, die jeweils einmal in der Woche eine Dreiviertelstunde mit ihr musizieren und singen. Für die Nutzung der Räume zahlt Lubasch Miete. In anderen Kindertagesstätten sind andere Musikschulen aktiv, die nun auch vom Rauswurf betroffen sind.

Es gehe ihr um ganzheitliche Bildung, sagte Lubasch. Musik Tanz, Bewegung, Englisch oder Zählen - dazu die Kenntnis von Musikinstrumenten, vor allem aber der Spaß an der Musik. Lubasch betont: "Die Eltern sind froh, dass sich das Angebot in den Tagesablauf integriert." Zumal die Kinder am Nachmittag oft nicht mehr so aufnahmefähig seien. Und bisher habe sie von den Erzieherinnen der Einrichtungen noch nichts Negatives gehört.

Nach Ostern beginnt ein neues Trimester: Mit Notenschlüssel und Stimmgabel wollen sich die Kinder dann auf den Weg ins Musikland machen.

Vielleicht zum letzten Mal.