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Junge Leute aus sieben Ländern beim Workcamp auf der Mahn- und Gedenkstätte Jugend bei der Friedensarbeit

Von Donald Lyko 03.08.2011, 06:30

Jugendliche aus sieben Ländern nehmen derzeit an einem internationalen Workcamp teil, das der Landesverband des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge organisiert hat. Wie schon in den Vorjahren gehört zum Camp ein zweitägiger Aufenthalt auf der Mahn- und Gedenktstätte Feldscheune Isenschnibbe. Den Abend und die Nacht verbrachten die Campteilnehmer im Zichtauer Ferienpark.

Gardelegen. In ihrer Schule in Istanbul hatten Burcu Taslak und Ecem Yavuz, beide 17 Jahre alt, eine Einladung zum Workcamp gelesen. Die beiden Türkinnen, die eine deutsche Schule besuchen und daher die Sprache sehr gut sprechen, waren sofort interessiert. "Wir hatten gehört, dass viele junge Leute aus anderen Ländern kommen", begründet Ecem Yavuz, warum sich die Mädchen angemeldet haben. Zudem wollten die Türkinnen etwas mehr über die deutsche Geschichte erfahren. Das wird während des Workcamps mit Arbeit verbunden, denn die jungen Leute sind auf verschiedenen Friedhöfen und Gedenkstätten im Einsatz, um Gräber und die Grünanlagen darum zu pflegen. "Wir empfinden uns als nützlich", beschreibt es Burcu Taslak. Sie und die anderen Teilnehmer seien in den gemeinsamen Tagen schon Freunde geworden. "Die Arbeit ist für uns Zusammenhalt", sagt ihre Mitschülerin Ecem.

Aus der Republik Moldau kommt die 21-jährige Marina Cretu. Sie studiert im dritten Jahr die Fremdsprachen Deutsch und Englisch. "Ich habe mich für das Camp entschieden, weil ich mehr über den Zweiten Weltkrieg erfahren will", sagt sie. Sie sei sehr an Geschichte interessiert. "Darum wollte ich einmal sehen, wie die Kriegsgräber in Deutschland aussehen", erzählt die junge Frau aus Moldawien. Die Arbeit auf den Friedhöfen findet sie "sehr nützlich".

Mit dabei ist auch Ludmila Baranetz aus der Ukraine. Die 25-Jährige arbeitet in ihrer Heimat selbst in der Jugendarbeit, war 2009 Teamleiterin eines Workcamps des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Kiew. "Jetzt möchte ich Erfahrungen sammeln, wie man es in Deutschland macht, um es in der Ukraine ähnlich zu machen", sagt sie. Zudem wolle sie viel über die Geschichte lernen. Etwas, das sie in ihrer Heimat vermisst. "In der Ukraine gibt es Leute, die nicht genug über den Krieg wissen", so Ludmila Baranetz. Denen müsse man darüber berichten, auch über die vielen Kriegsgräber, die es in Deutschland gibt. Dass sie ihre Geschichtskenntnisse gemeinsam mit jungen Leuten aus anderen Ländern erweitern kann, freut die 25-Jährige besonders: "Es macht richtig Spaß, denn die Menschen und deren Geschichten sind so verschieden. Aber uns eint eines: die Arbeit für den Frieden."

Dass dies so ist, darüber freut sich Dr. Hans-Joachim Becker, Vorsitzender des Kreisverbandes des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. "Die Verständigung unter jungen Leuten, die die Zukunft gestalten, ist besonders wichtig", sagt er während des Rundganges auf dem Gelände der Mahn- und Gedenkstätte. Gemeinsam mit Bürgermeister Konrad Fuchs und Paul Schmidt, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins der Mahn- und Gedenkstätte, hatte er die 22 Jugendlichen und ihre Betreuer am Morgen begrüßt. Mit dabei sind diesmal junge Männer und Frauen aus Russland, Weißrussland, der Republik Moldau, der Ukraine, Italien, der Türkei und Lettland. Noch bis zum 11. August dauert das Camp. Basis ist eine Schule in Magdeburg, in der die Teilnehmer übernachten.

Bevor die Arbeiten auf dem Gräberfeld beginnen - unter anderem werden die Einfassungen und Kreuze gesäubert und die Pflanzen gekürzt -, führt Konrad Fuchs die Gruppe über die Anlage und berichtet über das Massaker vom 13. April 1945. Dabei dankt er den jungen Menschen aus dem Ausland dafür, "uns Deutschen zu helfen, eines der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte in Erinnerung zu behalten". Es sei wichtig, "dass wir gemeinsam die Geschichte aufarbeiten".

Unterstützung bekamen die Workcampteilnehmer gestern von Schülern des Geschwister-Scholl-Gymnasiums. Christine Pfeiffer, Sophie und Luisa Franz waren von Geschichtslehrerin Andrea Müller angesprochen und eingeladen worden. Denn die Workcampteilnehmer der Vorjahre hatten sich immer wieder gewünscht, mit Jugendlichen aus den Orten, in denen sie arbeiten, ins Gespräch zu kommen. Die drei Gardelegerinnen, die nach den Ferien die zwölfte Klasse besuchen, nutzten die Gelegenheit, mussten bei der Zusage nicht lange überlegen. "Wir wollen neue Menschen kennen lernen und neue Kontakte knüpfen", sagt Luisa Franz.

Neben der Arbeit gibt es für die Teilnehmer des Camps ein Programm, zu dem ein Besuch im Landtag und eine Berlin-Fahrt ebenso gehören wie Paddeln auf der Elbe oder der Grillabend gestern im Zichtauer Ferienpark. Zu dem hatte der Gardeleger Rotary-Club eingeladen. Solche Partner würden künftig immer wichtiger werden, um die Workcamps weiterhin anbieten zu können, sagt Philipp Schrage, Referent für Jugend- und Schularbeit im Landesverband Sachsen-Anhalt des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Im Mai hatte es darum auf Einladung des Kreisverbandes Salzwedel ein Benefizkonzert mit dem Heeresmusikkorps Hannover im Schützenhaus gegeben, zudem steuerte die Kreissparkasse Altmark West 1500 Euro für das Camp zu. Der Verband organisiert pro Jahr drei bis vier Workcamps, auch in Frankreich.