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Während einer Schreibwerkstatt in der Stadtbibliothek entsteht Lyrik Jugendliche dichten über den Krieg

Von Mike Fleske 11.11.2013, 02:14

In einem Workshop für den Lyrix-Wettbewerb haben am Sonnabend Jugendliche in der Stadt- und Kreisbibliothek Genthin Ideen für Gedichte erarbeitet. Unter der Anleitung zweier Lyriker beschäftigte sich die Gruppe mit dem Thema "Der Erste Weltkrieg".

Genthin l Es war ein ungewöhnliches Thema für eine Runde mit Jugendlichen zwischen elf und 16 Jahren. Jedoch meisterten sie die Nachwuchsautoren mit Bravour. "Das Thema ist auch für meine Generation weit entfernt, für euch noch weiter", erläuterte Andreas Schinkel aus Halle. Er ist mit Stevan Tontic Referent des Workshops, der von der Stadtbibliothek und dem Friedrich-Bödecker-Kreis gemeinsam veranstaltet wurde.

Während in Schinkels Händen eher die fachliche Begleitung lag, konnte Tontic den Jugendlichen über das Leid berichten, das ein Krieg über die Menschen bringt. "Ich habe den Krieg in Jugoslawien miterlebt", schilderte der 1946 in Sarajevo geborene Autor. "Wir hatten Angst und Hunger, irgendwann war kein Geld mehr da, um etwas zu Essen zu kaufen", erinnerte er sich.

Tontic floh, bevor er in die bosnische Armee eingezogen wurde. Mithilfe eines UN-Hilfswerkes konnte er nach Deutschland kommen. Hier lebte er acht Jahre und ist 2001 in seine Heimat zurückgekehrt. Dort übersetzt er Werke von Christa Wolf oder Peter Härtling. Zwar seien nicht alle Kriege gleich, aber in ihren Auswirkungen auf die Menschen ähnlich, meint Tontic, der seit langen Jahren mit Andreas Schinkel befreundet ist. Der Hallenser ist ebenfalls Lyriker und Chefredakteur der Monatszeitschrift "Offene Augen".

Das Thema Erster Weltkrieg werde im nächsten Jahr ein Schwerpunkt des Lyrix-Wettbewerbs sein, meinte Schinkel. Dann sollen die Werke auch veröffentlicht werden. "Genthin eignet sich zur Behandlung dieses Themas, da mit Edlef Köppen der Autor eines der wichtigsten Werke über den Ersten Weltkrieg aus der Stadt stammt", meinte Schinkel. "Was wir gehört haben, war schon beeindruckend", meinte die elfjährige Louise aus Genthin. Sie hat im Deutschunterricht von der Veranstaltung erfahren und fand es spannend Gedichte zu einem schwierigen Thema zu schreiben.

Der 14-jährige Sören war aus Dessau angereist. "Meine Schwester ist in einem College in Bosnien und hat mir in einer Mail geschrieben, dass es den Workshop in Genthin gib", erläutert der Gymnasiast. Mit dem Schreiben beschäftige er sich schon lange, sagt er. Er beeindruckte mit einem Gedicht, in dem er den Krieg mit der Nacht und den Frieden mit dem Tag gleichsetzte. In der Nacht herrschen Tod, Zerstörung und Unmenschlichkeit. Am Tage scheint die Sonne und Kinderlachen ist zu hören. "Das Besondere an dem Werk ist, das die beiden Teile durch die Frage ¿Warum?\' in der Mitte getrennt sind", erläuterte Schinkel nach dem Vortrag. Interessant war auch ein Gedicht, dass die 16-jährige Annika aus Gardelegen vortrug. Sie beschäftigte sich mit der Auswirkung des Krieges auf jeden Einzelnen. "Menschen wie du und ich schlugen sich die Köpfe ein, ich frage mich musste das wirklich sein", heißt es bei ihr zwischen den Versen.

"Hier ist das Stilmittel der Wiederholung besonders gut herausgearbeitet", befand Schinkel, der das hohe Niveau der Beiträge lobte. "Ich habe bereits bei einer Schreibwerkstatt des Bödecker-Kreises mitgemacht", erzählt Annika. Über den Weltkrieg habe sie bereits im Schulunterricht gehört und wollte sich damit aktiv beschäftigen. Die zwölfjährige Henriette brachte sogar ein Haiku zu Papier. Eine besondere Form der Kurzdichtung, die aus Japan stammt. "Der Krieg ist immer, er wird schlimmer und schlimmer - wo ist der Frieden?", brachte sie das Thema in wenigen Worten auf den Punkt. Die Werke werden nun an den Deutschlandfunk weitergeleitet, der den Lyrix-Wettbewerb veranstaltet.

"Die Schreibwerkstätten in Kooperation mit den Bödecker-Kreisen sind ein Sonderprojekt", erläutert Projektleiter Christian Sülz. "Im ersten Quartal des Jahres 2014 wird das Thema Krieg und Frieden dann auch ein Monatsthema im regulären Wettbewerb sein", kündigt Sülz an. Alle Texte, die bis dahin eingegangen seien, werden dann mit in den Wettbewerb eingehen.