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Tag der Freundschaft Freunde trotz aller Turbulenzen

Heute ist der Internationale Tag der Freundschaft. Eine ganz besondere
Verbindung wird seit mehr als 30 Jahren in Schlagenthin gepflegt.
Edeltraud Herrmann bekommt regelmäßig Besuch aus Georgien. Nicht immer
war es einfach, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Doch immer noch
beflügeln die Besuche beide Seiten.

30.07.2014, 01:18

Schlagenthin l Es ist eine fröhliche Runde, die sich im Wohnzimmer von Edeltraud Herrmann eingefunden hat. Ketino Kanchaveli und Nana Suluashvili aus dem georgischen Tiblissi sind dieser Tage zu Gast in Schlagenthin und plaudern begeistert von den Erlebnissen der vergangenen Tage. "Wenn die Beiden zu Besuch sind, machen wir immer besondere Reisen", erläutert Edeltraud Herrmann. Diesmal ging es nach Polen und an die Ostsee nach Rügen zu den Störtebeker-Festspielen.

"Das war ein sehr schönes Erlebnis", sagt Ketino Kanchaveli, die in Georgien als Lehrerin tätig ist. Besonders gut haben ihr die Massenszenen mit den vielen Laiendarstellern gefallen. Aber besonders schwärmen die Damen von einem Mann: "Wolfgang Lippert", sagen sie wie aus einem Mund. Der Fernsehmoderator hat in diesem Jahr den Part des Barden übernommen. "Er hat so schön mit Gesang in die Szenen eingeführt", erzählt Kanchaveli, die als Rechtsanwältin im Zivilrecht arbeitet.

Dass die Frauen befreundet sind, ist Marina, der Schwester Nanas, zu verdanken. Sie begleitete 1978 eine russische Brigade als Dolmetscherin bei ihrem Besuch in die DDR. Dabei lernte sie Edeltraud Herrmann kennen. Die Frauen blieben in Kontakt - allen gesellschaftlichen Turbulenzen und Umbrüchen zum Trotz. Briefe, gegenseitige Besuche, wenn auch mit bürokratischen Hindernissen folgen. "Vor 20 Jahren hätte ich in Bonn nachfragen müssen, um den Besuch genehmigt zu bekommen", erinnert sich Herrmann. Mittlerweile reiche ein Antrag beim Landkreis.

Die Freundschaft lässt beide Seiten mit anderen Augen auf ihre Länder sehen. "Wenn ich in Georgien bin, fällt mir der große Familienzusammenhalt auf", sagt Edeltraud Herrmann. Auch hätten die Menschen eine gewisse Leichtigkeit, eine Lässigkeit, die uns eher fremd ist. "In Deutschland ist alles sehr direkt", bestätigt Ketino Kanchaveli. "Die Leute sagen, ich komme um zwölf und dann sind sie Punkt zwölf Uhr da." Auch rede man ohne Umschweife und fände dabei auch deutliche Worte. Das Interesse der Georgier an Deutschland sei nicht übermäßig ausgeprägt, findet Nana Suluashvili. Man orientiere sich sehr stark an den USA. Die hätten mittlerweile großen Einfluss auf das Leben im Kaukasus, findet Edeltraud Herrmann.

"In der Hauptstadt gibt es ein Denkmal des georgischen Nationaldichters, dahinter hat mittlerweile ein US-Burgerladen aufgemacht", beschreibt Herrmann die neue Zeit. Für sie ist es auch ein wenig Frevel: "Die georgische Kultur ist älter als unsere." Diese sei vielfältig und spannend. Historie treffe auf eine sehr interessante Moderne.

Aber auch die georgischen Gäste nehmen deutsche Kultur mit in die Heimat. "Edeltraud ist eine gute Deutschlehrerin", sagt Nana Suluashvili. Besonders interessant seien für sie die deutschen Redewendungen. "Mit allem drum und dran", führt Ketino Kanchaveli einen Spruch auf oder "drunter und drüber" ein anderer. Manchmal stehen georgische und deutsche Kultur auch direkt nebeneinander wie auf der Rückfahrt im Reisebus. Da haben wir erst das alte georgische Volkslied Suliko gesungen und dann "Kein schöner Land", erzählt Herrmann. Die Gäste werden noch bis Anfang August in Schlagenthin bleiben. "Wir haben sicher wieder viel zu erzählen haben, wenn wir zurückehren", sagt Ketino Kanchaveli.

Nach ihrem letzten Besuch hat sie eine Wandzeitung mit Bildern und Texten ihres Deutschlandbesuches gestaltet und diese in ihrer Schule aufgehangen. "Viele Kinder haben es mit Interesse gelesen", erzählt die Lehrerin. Auch so kann ein Beitrag zur internationalen Freundschaft aussehen.