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Vorstandsvorsitzender der Stiftung Kloster Jerichow äußert sich zum Ausgangszustand, zu dem, was erreicht wurde und noch zu tun ist Rethfeld: "Ja, die Gründung der Stiftung war die richtige Entscheidung!"

16.12.2014, 01:13

Jerichow (sta) l Seit Gründung der Stiftung Kloster Jerichow am 13. Dezember 2004 ist Ulrich Rethfeld Vorstandsvorsitzender. Im Vorfeld der Festveranstaltung anlässlich des Jubiläums äußerte er sich ausführlich zu maßgeblichen Fragen rund um die Stiftung.

Volksstimme: Herr Rethfeld, ist die Gründung der Stiftung vor zehn Jahren eine richtige Entscheidung gewesen?

Ulrich Rethfeld: Die Klosteranlage hatte nach der Wende 1990 mehrere Eigentümer. So gehörte die Kirche der evangelischen Kirchengemeinde Jerichow, die Klausurgebäude und die Domäne dem Land Sachsen-Anhalt und weitere landwirtschaftliche Gebäude mit dazugehörigen Flächen sowie das Museum im Kloster der Stadt Jerichow. Bereits 1995 hatte eine Interessengruppe, bestehend aus Mitgliedern verschiedener Institutionen, erkannt, dass eine erfolgreiche Sanierung der Klosteranlage und die Schaffung einer touristisch orientierten wirtschaftlichen Basis am besten gelingen kann, wenn dazu die Verantwortung in einer Hand liegt. Ja, es war die richtige Entscheidung und es war richtig, eine Stiftung "privaten Rechts" zu gründen und sie mit einem ordentlichen Stiftungsvermögen, unter anderem der Domäne, auszustatten.

Der Stiftungszweck ist, ich zitiere "... die Wiederherstellung und der Erhalt der romanischen Klosteranlage einschließlich Klosterkirche unter Wahrung ihrer kulturhistorischen Bedeutung sowie die hiermit verbundene Förderung der geistig-religiösen wie auch musealen, künstlerischen, forschenden, lehrenden und ähnlichen der Allgemeinheit dienenden Nutzung." Wie weit ist die Stiftung diesem Auftrag bisher gerecht geworden? Wo gibt es noch Aufgaben für die kommenden Jahre?

Die Stiftung konnte zum Zeitpunkt der Gründung auf bereits ausgeführte beziehungsweise laufende Sanierungsarbeiten (Kirchturm, Kirchendecke) aufbauen, die der Förderverein angestoßen hatte. Mit der Sanierung der Klausurgebäude und der Erneuerungen der Kirchenfenster waren im Jahr 2010 die wesentlichen Erhaltungsmaßnahmen abgeschlossen. Wir haben uns dann darauf konzentriert, die Klosteranlage so ausbauen, dass sie eine solide wirtschaftliche Grundlage erhält, um den stetig steigenden Besucherstrom aufnehmen zu können. Zur Gründungszeit sah der Besucher eine Klosteranlage auf einem aufgelassenen Bauernhof, er besuchte kurz das Kloster und fuhr weiter. Heute bleiben die Besucher länger. Wir haben ein beheizbares Museum, ein eigenes Backsteinmuseum, zwei Lokalitäten, in denen er gastronomisch versorgt werden kann, eine Brennerei zum Besichtigen und zum Verkosten und erweiterte Gartenanlagen. Die längere Verweildauer der Besucher bringt uns einen höheren Umsatz je Besucher. Damit stärken wir die wirtschaftliche Grundlage und schaffen Arbeitsplätze. Vor zehn Jahren begannen wir mit einem Mitarbeiter. Inzwischen haben wir zwölf ganzjährig Beschäftigte und zehn Mitarbeiter in der Saison. Der Stiftungszweck fordert die geistig-religiöse Nutzung und die Bereitstellung der Anlage für die Öffentlichkeit. Die Kirche steht weiterhin der Kirchengemeinde unentgeltlich für Gottesdienste zur Verfügung und die gesamte Anlage inklusive der Museen ist ganzjährig geöffnet. Dies entspricht dem Stiftungsauftrag.

Die wirtschaftlichen Erfolge sind nicht zu übersehen. Trotzdem die Frage: Wo ist - neben der großen bauhistorischen Bedeutung - der eigentliche geistige Inhalt, für den die Klosteranlage steht?

Sie sprechen hier einen sehr wichtigen Punkt an, der meiner Meinung nach noch offen ist. Es gab in der Vergangenheit immer wieder Initiativen. Herr Leudesdorff wollte im Kloster ein europäisches Romanikzentrum aufbauen. Dazu fand sich aber keine Trägerschaft. Auch das Land lehnte es ab, sich hier langfristig zu verpflichten. Kuratorium und Vorstand unternahmen zwei Versuche, eine Kommunität anzusiedeln. Beide Male waren die Vorstellungen der Interessenten und der Stiftung aber nicht in Einklang zu bringen. Jetzt haben wir eine Kunsthistorikerin beschäftigt. Ihre erste Aufgabe ist die Überarbeitung oder die eventuell notwendige Neugestaltung des Klostermuseums. Dies ist der erste Schritt aus eigener Kraft zu Verbesserungen im musealen Bereich. Zum Kern der Frage kann ich noch keine Antwort geben.

Wo sehen Sie in den nächsten Jahren die großen Aufgabenbereiche in der Klosteranlage?

Die Klausurgebäude Süd und West sind zwar von außen saniert worden. Es fehlt aber der innere Ausbau. Der kann aber nur dann erfolgen, wenn wir für die insgesamt rund 2 500 Quadratmeter Geschossfläche auch eine passende und wirtschaftliche Nutzung finden, zum Beispiel die Erweiterung des Museums, Seminar- und Tagungsräume oder Beherbergung und so weiter. Die Gebäude auf dem Hofgelände (ehemals zur Domäne gehörig)stehen unter Ensemble-Denkmalschutz. Ihre Sanierung ist eine finanzielle Herausforderung. Es muss aber auch hier die Antwort auf die Frage nach einer wirtschaftlichen Nutzung gefunden werden.