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Landeselternrat und Vernetzungsstelle fordern die Umsetzung von DGE-Qualitätsstandards Essen in Schulen soll gesünder werden

Von Christopher Kissmann und Tobias Dachenhausen 30.11.2011, 04:23

Gesunde Ernährung ist besonders im Kindesalter wichtig. Der Landeselternrat Sachsen-Anhalt fordert deswegen eine Verbesserung des Schulessens. Die Genthiner Eltern zahlen für eine Essensportion aber schon jetzt 50 Cent mehr als der Landesdurchschnitt.

Genthin l Nudelsuppe mit Gemüse, Rührei mit Spinat oder doch fruchtiges Curryhuhn mit Gemüserisotto - die Speisepläne an den Genthiner Schulen für die Verpflegung sind durchaus vielseitig und abwechslungsreich. An einigen Einrichtungen haben die Kinder täglich eine Auswahlmöglichkeit zwischen mehreren Gerichten. Dem Landeselternrat Sachsen-Anhalt reicht der aktuelle Standard allein jedoch noch nicht aus. "Schüler- und Elternvertretungen, Schulleitungen, Schulträger und Essenanbieter sollen gemeinsam an einer den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) entsprechenden Umsetzung arbeiten", fordert der Landeselternrat in Bezug auf die Schulverpflegung.

In der Genthiner Grundschule Stadtmitte nehmen derzeit 93 von 137 Schülern an der Schulspeisung teil. Diese wird jedoch nicht im Haus zubereitet, sondern von der Qualifizierungs- und Strukturförderungsgesellschaft mbH (QSG) geliefert. "Nach Aussage der QSG werden die Speisen, so weit es möglich ist und sie im Kostenlimit bleiben, nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung hergestellt", sagt Schulleiter Ingo Doßmann, der vernünftige Ernährung für elementar hält. "Für die Ganztagsbetreuung der Schüler ist gesunde, abwechslungsreiche und warme Kost am Tag sehr wichtig."

Auch die Grundschule Ludwig Uhland bezieht die Schulverpflegung von der QSG, 136 von 173 Schülern nehmen regelmäßig daran teil. Wie die Schule und QSG-Prokurist Fritz Mundt auf Volksstimme-Anfrage erklären, können unter Berücksichtigung der finanziellen Rahmenbedingungen keine Bioprodukte verwendet werden. Dagegen würden Obst und gesunder Joghurt regelmäßig zu den Essensportionen dazugehören.

Während bei den beiden Grundschulen nur ein Essen angeboten wird, können die Sekundarschüler der Schule Am Baumschulenweg täglich Essen auswählen. Beliefert wird die Einrichtung von der Firma Schmieder (Peti`s Partyservice). "Bei uns gibt es zusätzlich Salat und andere Imbissangebote, beispielsweise Bockwurst, Müsliriegel und Hanuta", sagt Schulleiterin Monika Reinhold und ergänzt: "Schulessen sollte schon abwechslungsreich sein. Es ist aber immer eine Gratwanderung zwischen dem, was die Kinder mögen und den gesundheitlichen Erfordernissen." Dass das Essen preiswert bleibe, sei ein wichtiger Faktor, auch gesund solle es sein, meint Monika Reinhold.

"Grundsätzlich haben wir eine sehr gute Versorgungsstruktur in Sachsen-Anhalt, allerdings geht die Qualität von wenig gut bis 100 Prozent Bio", erzählt Melanie Nitschke von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Sachsen-Anhalt. Der große Knackpunkt ist dabei die Warmverpflegung. "Oft müssen von den Lieferanten lange Strecken zurückgelegt werden. Durch das lange Warmhalten leidet das Essen optisch und auch sensorisch. Zudem gehen wichtige Nährstoffe verloren", weiß Nitschke.

Konkrete Beispiele für eine gesunde Ernährung nennt die Mitarbeiterin. "Es muss nicht immer vier- oder fünfmal die Woche Fleisch angeboten werden. Die Gerichte sollten mehr Gemüse enthalten, und wenn ich ein vegetarisches Angebot mache, sollte das nicht immer Milchreis oder Kartoffelpuffer sein. Hier gibt es noch sehr viel Spielraum", weiß sie.

Neben den Mittagsangeboten wären laut Nitschke auch Zwischenmahlzeiten abseits des Kioskangebotes und eine ganztägige Wasserversorgung wünschenswert. "Bei Wassermangel sinkt die Konzentration. Der Fokus auf die Ess- und Trinkkultur sollte bei den langen Tagen auch in die Schulkultur mit einfließen", erklärt Nitschke.

Durchschnittlich zahlen die Eltern laut der Vernetzungsstelle 1,86 Euro für das Schulessen. "Hier müsste aber auch die Bereitschaft vorhanden sein, etwas mehr zu bezahlen. Natürlich stellt das eine Herausforderung für sozialschwache Familien dar, aber durch das Bildungspaket werden hier ja Möglichkeiten geschaffen. Jedoch hat das Essen hier nicht den Stellenwert, den es in anderen Ländern hat", sagt Nitschke. In Genthin scheint die Zahlungsbereitschaft jedoch vorhanden zu sein.

Auf Nachfrage der Volksstimme erklärt QSG-Prokurist Fritz Mundt, dass ein Schulverpflegungsessen rund 2,40 Euro pro Portion kostet - 54 Cent über dem landesweiten Durchschnittspreis. Sollte die Forderung nach einer Verbesserung des Schulessens umgesetzt werden, würde das wohl nur über eine Preissteigerung zu finanzieren sein.

Auch technische Apparaturen in den Schulen, um das gelieferte Essen runterzukühlen, einzufrieren und wieder aufzutauen, sind eine Kostenfrage. "Fördertöpfe gibt es dafür nicht. Jedoch könnten Umbaumaßnahmen, die eventuell schon laufen, dafür genutzt werden. Es muss ja nicht gleich alles zu 100 Prozent passen, aber vielleicht Schritt für Schritt", hofft die Mitarbeiterin der Vernetzungsstelle für Kita- und Schulverpflegung.

Für Grundschulleiter Ingo Doßmann reicht die Thematik jedoch noch viel weiter: "In die Betrachtungen zur gesunden Ernährung in den Schulen muss auch die Ernährung in den Elternhäusern einbezogen werden. Kernfragen wie \'Haben die Kinder vor der Schule bereits gefrühstückt?\', \'Was haben sie gegessen?\' und \'Was ist in der Brotbüchse der Kinder für den Schultag?\' sind genauso wichtig." Er würde sich wünschen, dass Obst und Gemüse, Vollkornprodukte oder Milch als Getränk stärker Beachtung finden. "Das ist leider nicht selbstverständlich", weiß Doßmann aus Erfahrung.