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Halberstädter Verein zur Bewahrung des jüdischen Erbes organisierte Fahrt nach Bremen Zimmerdenkmal - Ausstellung auf den Spuren der Familie Lundner

Von Renate Petrahn 15.03.2013, 01:14

Halberstadt/Bremen l Lundner - ein allgegenwärtiger Name für alle, die sich mit der jüdischen Geschichte Halberstadts beschäftigen. Um mehr über das Schicksal der weit verzweigten Familie zu erfahren, organisierte der Halberstädter Verein zur Pflege des jüdischen Erbes eine Fahrt nach Bremen. Hier wohnten im Haus Plattenheide 40 in Hastedt im Stadtteil Hemelingen Salomon und Chana Lundner mit ihren Kindern Beate, David, Ella und Israel fast zehn Jahre lang - bis zu ihrer Deportation 1938.

Heute lebt die Künstlerin/Kunstpädagogin Kim Böse mit ihren beiden Töchtern in der Erdgeschoss-Wohnung des Lundner-Hauses. Nur durch einen Zufall erfuhr sie von Nachbarn, dass vor dem Zweiten Weltkrieg dort eine jüdische Familie gewohnt hat. Ebenso zufällig stieß sie bei Renovierungsarbeiten auf Spuren der früheren Bewohner. Das war der Anstoß für sie "das Haus zum Sprechen zu bringen". Sensibel hat sie in Zusammenarbeit mit acht weiteren Künstlern ihre Wohnung in ein zeitweiliges Memorial für die Familie Lundner umgestaltet.

Das "Zimmerdenkmal" spricht facettenreich durch Fotos, Radierungen, Druckgrafiken, Originaldokumente, einen Film und Skulpturen im angrenzenden Garten zu den Besuchern. Bereits an der Wohnungstür erhalten sie die ersten Hinweise auf die Familie. Die Namen der Familienmitglieder Chana und Salomon sowie ihrer vier Kinder Israel, Beate, David und Ella sind hier symbolisch dargestellt. Für Salomon zum Beispiel ist eine Krone abgebildet.

Fachliche Unterstützung erhielt Kim Böse dabei von Benjamin Pappenheim, dem Großneffen des Ehepaars Lundner, der ebenfalls mit der Miriam-Lundner-Grundschule in Halberstadt gute Kontakte pflegt.

In besonderer Erinnerung bleiben den Gästen aus Halberstadt die von Kim Böse bemalten Fliesen mit einem Familienbaum der Lundners. Sie erinnern daran, dass 42 von den 49 auf dem Lebensbaum vereinten Menschen durch die Nationalsozialisten ermordet wurden. Fast unscheinbar, aber desto eindrucksvoller erinnert weiter der Abrisskalender im Wohnzimmer an das Schicksal der Lundners. Er zeigt das Datum 27. 10. 1938. An diesem Tage mussten Salomon, Chana und ihre Kinder ebenso wie weitere Familienmitglieder, die in verschiedenen Hastedter Straßen lebten, Bremen verlassen und "nach Polen übersiedeln". Die Bewohner des Hauses Plattenheide 40 wurden vermutlich 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Wenn die Ausstellung am 17. März endet, werden die Spuren der Lundners nicht vergessen. Seit 2011 erinnern sechs Gedenksteine des Bildhauers Gunter Demnig im Bürgersteig vor dem Haus an Salomon und Chana sowie an ihre Kinder Israel, Beate, David und Ella. Insgesamt gibt es 19 Stolpersteine für Lundners in Bremen.

Zur Erinnerung an den Besuch aus Halberstadt überreichte Ortschronist Werner Hartmann der Künstlerin Fotos, aufgenommen zum Zeitpunkt, als eine Gedenktafel im Westendorf 15 für Jakob Lundner und seine Familie angebracht wurde.