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Gewerkschaft hatte Erzieher zu Arbeitskampf aufgerufen / Keine Betreuung nach Schulschluss Kindertagesstätten dicht: Geteilte Meinung unter den Eltern

Von Martin Weigle 28.03.2014, 01:22

In mehreren Kindereinrichtungen und Horten in Halberstadt haben Angestellte am Donnerstag die Arbeit niedergelegt. Die betroffenen Eltern waren mit Blick auf den Streik geteilter Meinung.

Halberstadt l Wer betreut am Donnerstag mein Kind? Mit dieser Frage sahen sich in dieser Woche viele Eltern konfrontiert. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte landesweit zum Streik in Kindertagesstätten und Horteinrichtungen aufgerufen, um ihrer Forderung nach einer Lohnerhöhung Nachdruck zu verleihen. In Halberstadt waren davon unter anderem die Kitas "Bummi", "Sonnenschein" und "Kinderland" sowie die Hortbetreuung in den Grundschulen "Freiherr Spiegel" und "Anne Frank" betroffen.

Die Schulleitungen waren bereits am Montag von den Streikplänen in Kenntnis gesetzt worden. Antje Lichtenberg, Direktorin der Freiherr-Spiegel-Schule, sagte dazu: "Nachdem wir davon erfahren hatten, haben wir am Dienstag Briefe an die Eltern verschickt, um sicherzustellen, dass die Kinder trotz Streiks versorgt werden."

Beide Grundschulen schlossen am gestrigen Donnerstag um 13 Uhr. Antje Lichtenberg betonte aber, dass sichergestellt gewesen sei, dass nach Unterrichtsschluss kein Schüler allein vor dem Gebäude stehe. Da der Schulhort ein städtisches Angebot sei und dort gestreikt wurde, habe sie nicht mehr für Eltern und Kinder tun können, sagte die Schulleiterin.

"Ab ein Uhr nachmittags unterstehen die Kinder der elterlichen Aufsichtspflicht", war auch aus der Anne-Frank-Grundschule zu hören. Dort waren den Verantwortlichen ebenfalls die Hände gebunden. Eine Sprecherin der Stadtverwaltung Halberstadt, dem Anbieter der Hortbetreuung, verwies auf die Zuständigkeit der Gewerkschaft. Diese, so Ute Huch, habe den Streik organisiert und sei somit für den Betreuungsausfall verantwortlich.

"Die Kindergruppen sind viel zu groß, das muss sich wirklich ändern."

Eine pensionierte Lehrerin

Trotz der Umstände solidarisierten sich viele Eltern und Großeltern mit dem streikenden Personal. "Die sollen ruhig dafür kämpfen, dass sie mehr Geld bekommen", sagte eine Mutter, als sie ihr Kind von der Schule abholte. Andere sehen vor allem die Umstände bei der Betreuung als zwingend für den Streik an: "Die Kindergruppen sind viel zu groß, das muss sich wirklich ändern", äußerte eine pensionierte Lehrerin Verständnis.

Dass es nicht allein um Bezahlung und Lohnerhöhung gehe, ließen indes Lehrer durchblicken. So seien die Hortgruppen mit bis zu 30 Kindern für eine einzige Betreuungskraft einfach zu groß. Des Weiteren seien durch das EU-Konzept der Inklusion zu viele verschiedene Charaktere mit individuellen Bedürfnissen in den Gruppen. Auf das Gleichheitsprinzip und die Integration von Kindern mit Handicaps zu setzen, sei zwar gut, aber für eine einzelne Betreuungskraft nicht zu schaffen, sagte eine Lehrerin. Außerdem sei es unverständlich, wie mit den Erziehern umgegangen werde: "Viele, die am Nachmittag im Hort beschäftigt sind, müssen bis mittags in den Kitas arbeiten", sagte die Pädagogin.

Berufstätige Eltern zeigten zwar Verständnis für die Situation der Betreuer, waren zugleich aber erbost, dass der Streik auf ihre Kosten stattfinde. "Ich muss meine Arbeit auch machen und kann nicht streiken", sagte eine Mutter. Ein Vater stellte rhetorisch die Frage, ob denn im öffentlichen Dienst nicht bereits genug bezahlt werde.

"Ich muss meine Arbeit auch machen und kann nicht streiken."

Berufstätige Mutter

Während es bei den Schulpflichtigen lediglich um die Nachmittagsbetreuung ging, mussten die Eltern von Krippen- und Kindergartenkindern eine Lösung für den ganzen Donnerstag finden. "Viele werden ihre Kleinen bei den Großeltern oder anderen Verwandten untergebracht haben", vermutete eine Köchin in der Kita "Kinderland". Für sie ergab sich keine andere Situation, da sie bei einem Unternehmen arbeitet, welches das Essen für alle Kindereinrichtungen in Halberstadt zubereitet. "Es sind höchstens 200 Essen weniger, die Arbeit bleibt für uns die gleiche", so die Köchin.