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Bleiverglastes Altarfenster Neue Lichtspiele in der Nicolaikirche in Vogelsdorf

Dieser Sonntagmorgen wird den Besuchern des Gottesdienstes in der
kleinen Nicolaikirche in Vogelsdorf in ganz besonderer Erinnerung
bleiben. Zum ersten Mal sehen sie ihre Kirche in einem anderen Licht.
Der pensionierte Pfarrer Andreas Knorr lädt die Menschen zur ganz
persönlichen Betrachtung ein.

Von Ramona Adelsberger 25.04.2014, 03:16

Vogelsdorf l Etwas ist anders an diesem Ostersonntagmorgen, stellen die Besucher des Gottesdienstes fest, als sie die kleine Nicolaikirche betreten. Es ist zwar kalt, doch das Licht ist wärmer als gewohnt.

Pfarrer i.R. Andreas Knorr begann diesen Gottesdienst, indem er neben der Freude über das Osterfest vor allem seine Freude über das neu gestaltete Fenster verkündete. Auf einer Seitenbank hatte auch der Künstler Günter Grohs Platz genommen. Er war persönlich nach Vogelsdorf gekommen und sichtlich erfreut über die Wirkung des kleinen Fensters hoch oben über dem Altar.

Kontakt zu dem Glasgestalter aus Wernigerode hat Andreas Knorr noch aus seiner Zeit als Pfarrer in Wuppertal. Als in Vogelsdorf der Wunsch nach einem neuen Fenster laut wurde, vermittelte er den Kontakt zu Günter Grohs. Dessen Entwurf für das neue Fenster stieß auf breite Zustimmung.

Wo das ursprüngliche Fenster abgeblieben ist, weiß keiner so recht. Pfarrer Knorr vermutet, dass dieses noch zu DDR-Zeiten entwendet wurde. Seitdem war das Fenster nur einfach verglast.

Während des Gottesdienstes versuchte sich der Pfarrer an einer Deutung des Fensters und es gelang ihm, die Ostergeschichte über die Auferstehung mit den Farben und Formen des Fensters zu verbinden. Die dunklen Flächen am Rand des Ovals verglich er mit den Schattenseiten des Lebens, zu denen Kummer, Krankheit und Tod gehören. Dagegen leuchtet das Gelb in der Mitte des Fensters warm und hell. Pfarrer Knorr sieht darin das Licht der Auferstehung. Für die hellen Sprenkel im Dunklen hat er eine Erklärung. "Selbst im tiefsten Dunkel herrscht Hoffnung." Er lädt alle Betrachter ein, ihre ganz eigene Deutung zu finden und sagt diplomatisch: "Jeder wird das Fenster auf seine eigene Weise betrachten."

Das ist auch das Anliegen des Künstlers Günter Grohs, mit dem die Vogelsdorfer im Anschluss an den Gottesdienst ins Gespräch kamen. Er bedankte sich bei den Bürgern für das Vertrauen. Mit dem Fenster habe er versucht, das harmonische Miteinander in der kleinen Kirche zu ergänzen.

Günter Grohs sieht jede seiner Arbeiten als ein kleines Abenteuer an und ist sich der Verantwortung bewusst: " Meine Arbeit wird mich überdauern und soll auch noch in 100 Jahren gefallen." An diesem Tag sei er einfach nur glücklich, freute er sich über das Farbspiel in der Kirche.

Je nach Sonneneinstrahlung wirkt die Kirche ganz verschieden. Für die gesamte Ostfront der Kirche hat Grohs einen Komplettentwurf für die insgesamt vier Fenster mitgebracht. Weil das größte der Fenster komplett hinter dem Altar verschwindet und nicht sichtbar ist, empfiehlt er der Kirchengemeinde, nur die beiden Seitenfenster zu erneuern. Dann sollten sich auch die Lichtverhältnisse im Altarraum beruhigen. Zurzeit spricht der Künstler von einem Lichtnebel, der durch zuviel Licht entstehe.

70 Vogelsdorfer gehören insgesamt der Kirche an. Das Geld für das Fenster selbst wurde von den Vogelsdorfern und sogar Auswärtigen gespendet. Auch die Harzsparkasse hatte sich beteiligt. Ausdrücklich bedankte sich Pfarrer Knorr beim Ehepaar Kassner, die dafür gesorgt haben, dass die Türen der Kirche für die Firmen jederzeit offen standen.