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Diakonie-Mitarbeiter fordern in Halberstadt von der Bundespolitik ein Rettungspaket Protest gegen Altenpflege-Notstand

Protestaktion auf dem Fischmarkt in Halberstadt. Mitarbeiter des
Diakonischen Werks des Kirchenkreises machen auf den Pflegenotstand
aufmerksam und fordern von der Politik eine gerechtere Finanzierung der
Altenpflege.

Von Jörg Endries 13.05.2014, 03:17

Halberstadt l Personalnot, Pflege nach der Stoppuhr, die zu dem noch chronisch unterfinanziert ist. Die Situation in der Altenpflege ist kritisch, darauf haben am Montagmittag Mitarbeiter des Diakonischen Werks des Kirchenkreises Halberstadt mit einer Protestaktion auf dem Fischmarkt der Kreisstadt aufmerksam gemacht.

An insgesamt zehn Orten in Sachsen-Anhalt und Thüringen haben gestern Diakonie-Mitarbeiter symbolisch zeitgleich fünf Minuten vor 12 Uhr eine vier mal zwei Meter große Wand aus 30 Paketen aufgebaut, auf denen die Kernforderungen der Diakonie für ein "Rettungspaket Pflege" festgehalten sind.

"Die Menschen müssen im Mittelpunkt stehen und mit Würde behandelt werden, sie sind keine Maschinen." - Gabriele Schwentek, Geschäftsführender Vorstand Diakonisches Werk des Kirchenkreises Halberstadt

Gabriele Schwentek, Geschäftsführender Vorstand des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Halberstadt, fordert eine gerechte Finanzierung der Pflege. Das Diakonische Werk beschäftigt derzeit 260 Mitarbeiter und 20 im Bundesfreiwilligendienst. Sie betreuen 129 Bewohner stationär in zwei Pflegeheimen in Wernigerode und Osterwieck sowie 220 Senioren ambulant im "neuen wohnen" in Halberstadt, Wernigerode und Osterwieck.

"Die Menschen müssen im Mittelpunkt stehen und mit Würde behandelt werden, sie sind keine Maschinen", kritisiert Gabriele Schwentek das Pflegesystem, das von Bürokratie und Zeitdruck beherrscht werde. Es sei vor allem mehr Zeit für die Pflege notwendig, die aber von Bürokratie aufgefressen wird. Der Aufwand für die Dokumentation muss sich in Grenzen halten und darf nicht die dringend notwendige Pflege und Zuwendung beanspruchen. Pflege, die die Stoppuhr bestimmt, sei menschenunwürdig. Daher fordert die Diakonie eine würdevolle Pflege, eine gerechte Finanzierung, die familiäre Entlastung und eine attraktive Ausbildung.

Personalnot: Ursel Sommer (90) ist ehrenamtlich im Dienst

Schwentek: "Um den Personalnotstand in den Griff zu bekommen, müssen mehr Jugendliche für den Beruf des Altenpflegers begeistert werden." Das sei aber unter den gültigen Rahmenbedingungen fast unmöglich. Wer sich für den Beruf interessiert, muss für seine Ausbildung Geld mitbringen, statt dafür entlohnt zu werden. Für Jugendliche sei das kein Anreiz. Es sei 5 vor 12 und die Politik müsse umgehend handeln. Gabriele Schwentek: "Für die Banken hat die Bundesregierung ein Rettungspaket geschnürt. Wir fordern jetzt für die Altenpflege ein Rettungspaket. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt und somit auch der Bedarf an Fachkräften, betont die Geschäftsführerin. 2010 waren bereits 4,2 Millionen Menschen in Deutschland älter als 80, 2050 werden es bereits zehn Millionen sein. 2,45 Millionen Menschen seien derzeit pflegebedürftig, 4,2 Millionen sind es 2050.

Die Forderungen der Diakonie unterstützt auch Halberstadts Ehrenbürgerin Ursel Sommer. Die Diakonie-Schwester befindet sich mit ihren 90 Jahren immer noch nicht im Ruhe- sondern Unruhestand. Sie engagiert sich in der Altenpflege und der Hospizarbeit. "Menschen nach Zeitplan zu pflegen, ist unwürdig. Ich fordere deshalb alle auf, dabei zu helfen, die finanzielle Not zu beseitigen."