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Beschädigtes Gebäude Akute Gefahr nach Busunfall in Halberstadt gebannt

Nach dem schweren Unfall mit einem Linienbus bleibt die Harmoniestraße
in Halberstadt bis kommende Woche teilweise gesperrt. Das Schicksal des
beschädigten Hauses bleibt offen.

Von Jörg Endries und Dennis Lotzmann 12.06.2014, 01:23

Halberstadt l Die akute Einsturzgefahr, die nach der Kollision eines Linienbusses der Harzer Verkehrsbetriebe (HVB) mit einem Wohn- und Geschäftshaus in der Harmoniestraße/Ecke Spiegelstraße in Halberstadt drohte, ist Geschichte. Bereits kurz nach dem Horrorunfall hatte die Feuerwehr Halberstadt das Technische Hilfswerk (THW) alarmiert, dessen Helfer beim Bergen des Busses halfen und das Sichern des Hauses übernahmen. Am Dienstagmorgen war ein Bus, dessen Fahrer offenbar einen Herzinfarkt erlitten hatte, ungebremst ins Haus gerast. Der Fahrer kam ums Leben, sieben Fahrgäste wurden verletzt (Volksstimme berichtete).

"Insgesamt 36 Helfer sind bei der Sicherung des Gebäudes zum Einsatz gekommen. Um 11 Uhr rückten die Einsatzgruppen des Ortsverbandes Halberstadt mit 14 Helfern aus, die ab 12 Uhr durch die Fachgruppen des Ortsverbandes Quedlinburg mit 22 Helfern unterstützt wurden", berichtet THW-Sprecherin Sandra Pampus. Nach der Beräumung des Gebäudes und des Busses von Schutt und Trümmerteilen wurde bis in die Abendstunden ein Abstützsystem aus Holz zur ersten Gebäudesicherung aufgebaut.

Das Schicksal des Hauses ist nach der Notsicherung noch weitgehend unklar. Dombaumeister Dr. Volker Lind, der als Prüf-Ingenieur die Bergungs- und Sicherungsarbeiten im Auftrag der Kreisverwaltung Harz begleitet hat, attestiert, dass das Haus und auch die beschädigten Räume betreten werden können. "Die evakuierten Mieter konnten in ihre Wohnungen zurückkehren", so der Fachmann auf Volksstimme-Nachfrage.

Nur dank der Fachwerkkonstruktion sei das Haus nicht eingestürzt. Eine Strebe sei stehen geblieben, die habe das Schlimmste verhindert. Volker Lind: "Ich bin sehr beeindruckt vom professionellen Vorgehen von Feuerwehr und THW, dafür ein großes Lob." Ob und wie der Schaden am Haus letztendlich behoben wird, darüber müsse ein Gutachter entscheiden, sagt der Halberstädter.

Die Harmoniestraße ist weiterhin stadteinwärts gesperrt, stadtauswärts rollt der Verkehr wieder. "Die Straße ist aufgrund der Sicherungsarbeiten erst einmal bis zum 17. Juni zu, dann muss neu entschieden werden", so Ingelore Kamann von der Kreisverwaltung Harz.

HVB-Geschäftsführer Bjoern Smith ist gegenwärtig dabei, zu den insgesamt sieben verletzten Fahrgästen Kontakt aufzunehmen. "Wir wollen sehen, wie es ihnen geht und ob wir irgendwie helfen können." Sechs der sieben Verletzten hatten am Dienstag nach ambulanten Behandlungen die Kliniken wieder verlassen können. Ein Verletzter wird weiter im Halberstädter Krankenhaus behandelt.

Tragisch sei auch das Schicksal des tödlich verunglückten 58-jährigen Busfahrers aus Ilsenburg, der eine Frau und zwei erwachsene Kinder hinterlässt. "Wir sind auch hier bemüht, zu helfen, wo es irgendwie möglich ist", so Smith.

Beim verunglückten Bus rechnet er mit einem Totalschaden. Am Bus selbst habe es keine Mängel gegeben. "Zwei Sachverständige haben das Ende 2005 gebaute Fahrzeug ohne Mängel freigegeben, es ist auch nicht beschlagnahmt worden." Busse seien mit zwei separaten Bremssystemen ausgestattet - wenn eines versagt, greife automatisch das zweite. Außerdem wirke bei Ausfall beider Komponenten das Handbremssystem.

Unterdessen haben sich Busfahrer kritisch und mit einer Forderung zu Wort gemeldet: Linienbusse müssten ausnahmslos mit Klimatechnik ausgerüstet werden, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Auch wenn bei dem tragischen Unglück am Dienstagmorgen gegen 8.40 Uhr die Hitze noch keine Rolle gespielt haben dürfte, seien die Pfingsttage mit mehr als 30 Grad Celsius eine extreme Herausforderung gewesen. Und die Prognose der Klimaexperten sei klar: Es sei mit immer heißeren Sommern zu rechnen

"Bei 35 Grad und praller Sonne habe ich im Fahrerbereich schnell 40 Grad Celsius", sagt ein Fahrer. Und so hohe Temperaturen gingen ganz automatisch zu Lasten von Konzentration und Sicherheit. Dennoch, so der Tenor unter den Fahrern, seien nur manche HVB-Busse mit Klimatechnik versehen. In anderen sei die zwar vorhanden, habe aber bei Wartung und Pflege nicht den Stellenwert wie sicherheitsrelevante Komponenten. "Oft wird die Kühltechnik, wenn Defekte auftreten oder teure Wartungen fällig sind, außer Betrieb genommen", klagt ein Betroffener.

Kritik, die aus Sicht von HVB-Geschäftsführer Bjoern Smith nur bedingt berechtigt ist: "In der Tat ist unsere Bestandsflotte nur zu knapp einem Drittel mit Klimatechnik versehen. Das wird sich aber in der Zukunft schrittweise ändern, denn alle neu zu beschaffenden Busse werden grundsätzlich mit Vollklimatisierung ausgerüstet", versichert der HVB-Chef. Auf den Bestands-Fuhrpark der HVB mit aktuell 143 Bussen habe das aber keinen Einfluss, denn eine Nachrüstung sei wirtschaftlich nicht tragbar.

"Es ist richtig, dass bis 2012 nur ein Teil der Busse mit Klimatechnik beschafft wurde", erklärt der 43-jährige Geschäftsführer. Und es gebe auch Unterschiede bei den einst eigenständigen HVB-Betrieben. Während in Wernigerode von jeher auf Vollklimatisierung gesetzt worden sei, gebe es im Q-Bus-Bereich im Alt-Kreis Quedlinburg eher Busse mit Klimatechnik im Fahrerbereich.

Pro Bus - Kaufpreis rund 220 000 Euro netto - schlage die Klimatechnik mit etwa 20 000 Euro Mehrkosten zu Buche. Bei durchschnittlich zwölf Jahren Nutzungsdauer sei es natürlich eine Frage der Zeit, bis alle Busse den neuen Standard hätten. "In den vergangenen acht Monaten haben wir aber schon neun vollklimatisierte Neuanschaffungen getätigt", so Geschäftsführer Smith.