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Schüsse auf Katzen und Hunde "Lucy" und "Tschitschi" leben in Wegeleben gefährlich

Seit Jahren werden Hunde und Katzen in Wegeleben von einem oder mehreren
Luftgewehrschützen attackiert. Mehrfach wurden die Tiere mit
ausgelegten Ködern vergiftet. Die örtliche Tierärztin Sandra Günzke
weist auf eine stark ansteigende Zahl an Fällen, die in den Bereich der
Tierquälerei einzuordnen sind.

Von Christian Besecke 25.08.2014, 03:34

Wegeleben l Katzen und Hunde leben in Wegeleben gefährlich. Diese Erfahrung haben Michael Wagner und seine Lebensgefährtin erst kürzlich machen müssen. Kater "Tschitschi" und Katze "Lucy" weisen am Körper Treffer von sogenannten Diabolos auf, die mit einem Luftgewehr verschossen werden. Die Wegelebenerin, die ein großes Herz für Tiere hat, kann es kaum fassen. "Wer macht denn so etwas", fragt sie fassungslos beim Termin mit der Volksstimme. Sie weiß aber auch, dass Tierquälerei in ihrer Stadt eher zur Norm gehört.

Die Belege liefert Tierärztin Sandra Günzke. Vor etwa einem halben Jahr wurde ihr eine Katze vorgestellt, die mit Diabolos geradezu gespickt war. "Sieben Kugeln habe ich allein in dem geröntgen Bereich im Körper des Tiers entdeckt", berichtet sie. "Die arme Katze musste schließlich damit leben, da die Diabolos schon eingewachsen waren." Man habe lediglich den Bleigehalt kontrollieren können, der sei aber unbedenklich gewesen. Sandra Günzke zählt weitere Beispiele auf, die haarsträubend erscheinen, aber der Realität entsprechen. Tiere mit Vergiftungserscheinungen werden immer wieder bei ihr vorgestellt. Eine Katze hatte sie gerade wieder auskuriert, da wurde sie schon wieder eingeliefert - mit einem zertretenen Becken.

"Eine kleine Katze, die von Maden befallen war und jämmerlich geschrien hat, konnte ich nur noch erlösen", sagt die Ärztin. Jüngstes Beispiel sind zwei wenige Tage alte Kätzchen, die jemand am hellichten Tag im Kamp einfach auf die Straße gesetzt hat. "Eine Tiermutter macht so etwas nicht", stellt Sandra Günzke klar. Der kleine Kater sei wohlauf, die Katze musste inzwischen operiert werden. "Ein Hinterlauf war gebrochen, vielleicht vom Hinwerfen. Es ist auch möglich, dass ihr ein Auto über das Bein gefahren ist", schätzt die Ärztin ein. "Den Lauf musste ich operativ entfernen. Die Katze kann durchaus damit leben."

Alle vier bis sechs Wochen landet ein misshandeltes Tier in der Wegelebener Praxis. "Oft haben wir es mit erschreckenden Verletzungen zu tun", weiß Sandra Günzke. "Ich bringe sämtliche Fälle zur Anzeige. Für die Operation einer Katze hat der Katzenschutzbund sogar einmal eine Spende aufgetrieben."

Tierärztin empfiehlt die Anzeige bei der Polizei

Die Regel sei das aber nicht, meist behandele sie die geschundenen Tiere auf eigene Kosten. "Danach kümmern wir uns um eine Weitervermittlung an geeignete Halter", erklärt sie. "Das klappt meistens ganz gut, selbst Katzen mit amputierten Gliedmaßen finden durchaus einen Menschen, der sich um sie kümmert." Sandra Günzke schaut auf die beiden Katzen, die so jung sind, dass sie noch nicht einmal ihre Augen geöffnet haben. "Der kleine Kater ist niedlich, sieht mit seiner schwarzen Nase wie ein Clown aus", befindet sie. "Ich denke, ihn werden wir gut vermittelt bekommen."

Es sind aber nicht nur Katzen, die in der Praxis vorgestellt werden, auch Hunde weisen Treffer von Bleikugeln auf. Die Ärztin empfiehlt: "Die Besitzer sollten in diesen Fällen sofort eine Anzeige machen. Die Polizei und das Veterinäramt müssen darüber informiert werden, nur dann kann sich auch etwas tun." Diese Anzeige haben Mi-chael Wagner und Kathrin Kumetz bereits bei der Polizei gemacht. "Wir rechnen nicht unbedingt damit, dass der Täter gefasst wird", schätzt Michael Wagner ein. "Unser Hauptanliegen ist, dass die Bürger für das Thema sensibilisiert werden und nicht einfach wegschauen, wenn sie Tierquälerei erleben." Von Schüssen auf ihre Tiere berichten auch weitere Wegelebener gegenüber der Volksstimme. Nicht immer wird Hilfe bei der Tierärztin gesucht - eine Anzeige gibt es in den seltensten Fällen.