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Eklat um Weihnachtsmarkt Vertragsunterschrift in der Schwebe

Das Tauziehen um den Weihnachtsmarkt in Halberstadt nimmt immer
bizarrere Formen an. Nach dem vorzeitigen Ausstieg des künftigen
Betreibers überziehen sich die Beteiligten mit Schuldzuweisungen. Ob ab
2015 Jens Ganso den Markt organisiert, ist derweil offen.

Von Dennis Lotzmann 19.12.2014, 02:21

Halberstadt l Ist die Vergabe der Halberstädter Weihnachtsmärkte in den Jahren 2015 bis 2019 wirklich schon in trockenen Tüchern? Ist der Vertrag zwischen der Kommune und dem vorgesehenen künftigen Betreiber Jens Ganso von der Veranstaltungs-Com GmbH tatsächlich fix und wasserdicht? Nein. Ganso, der am Mittwochabend gegenüber der Volksstimme noch von "wasserdicht" gesprochen hatte, ruderte am Donnerstag zurück: Es gebe Protokolle und einen Vergabe-Beschluss der Kulturausschuss-Mitglieder zu seinen Gunsten, so der Geschäftsmann, der daraus einen verbindlichen Zuschlag an seine Firma ableitet hatte. Einen von beiden Seiten unterzeichneten Vertrag, räumte er schließlich kleinlaut ein, gebe es tatsächlich noch nicht.

Auf die juristisch noch mögliche Kurskorrektur hatte Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) schon am Mittwochabend hingewiesen. Henke hatte gegenüber Markthändlern anklingen lassen, dass er dem Kulturausschuss empfehle, das Vergabevotum zugunsten von Gansos Firma angesichts der aktuellen Entwicklung kritisch zu prüfen.

Anlass für die aufgekommene Debatte ist Gansos Rückzug vom Weihnachtsmarkt. Der Halberstädter hatte bislang zwei Stände betrieben. Am Montagabend baute er diese ab. Seinen vorzeitigen Rückzug - der Markt ist bis Sonntag offen - begründete er mit schlechten Umsätzen und Verlusten. "Ich musste als Geschäftsmann einfach reagieren."

Ein Schritt, den Henke nicht akzeptieren will. "Egal, warum das passiert ist - das zeugt nicht von Verantwortung", so der Oberbürgermeister. So ein Markt beinhalte nun mal ein gewisses unternehmerisches Risiko. Und Henke spann am Donnerstag den Bogen ins nächste Jahr: "Jens Ganso soll ab 2015 unseren Weihnachtsmarkt organisieren. Baut er dann, wenn die Umsätze nicht den Erwartungen entsprechen, auch vorzeitig ab?"

Konkrete Konsequenzen wollte Henke am Donnerstag noch nicht formulieren. "Ich rate den Mitgliedern des Kulturausschusses, Herrn Ganso noch einmal zu hören, sein Verhalten kritisch zu hinterfragen und dann über den Fortbestand der Vergabe oder eine neue Vergabe zu entscheiden."

Zurückhaltend reagierte Ausschuss-Chef Jürgen Jüling (Linke). Er werde jetzt mit den weiteren Ausschuss-Mitgliedern entscheiden, ob Ganso noch einmal im Gremium Rede und Antwort stehen sollte und ob es obendrein Diskussionsbedarf über die bereits getroffene Vergabeentscheidung gibt. Die nächste reguläre Sitzung des Ausschusses sei am 18. Februar geplant. Er sehe keinen Anlass für eine Sondersitzung. "Wir wollen ja nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen."

Unterdessen geht der auch persönlich gefärbte Schlagabtausch zwischen den Akteuren auf dem Markt weiter. Die Stadtverwaltung hat den Noch-Betreiber Coex aufgefordert, die von Jens Ganso verursachte Lücke umgehend zu schließen. Coex-Geschäftsführer Eberhard Heieck, dessen Betreibervertrag zum Jahresende ausläuft, kündigte gegenüber der Volksstimme für den heutigen Freitag einen ersten Ersatzstand an.

Reichlich verschnupft zeigt sich Henke über die gesamte Entwicklung auf dem Fischmarkt, die Beobachter mittlerweile nur noch als Provinzposse bezeichnen. So konträr sich Heieck und Ganso gegenüberstehen - in einem Punkt sind sie sich überraschend einig: Der Halberstädter Markt sorge längst bis Magdeburg vor allem für eine Mischung aus Mitleid und Spott.

Eine Bewertung, die Henke künftig verhindern will. "Sollte es bei der Vergabeentscheidung zugunsten von Jens Ganso bleiben, werde ich dessen Betreibervertrag mit klaren Klauseln und Restriktionen versehen lassen, um eine erneute Pleite zu verhindern", kündigte der Oberbürgermeister an.