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Sparkassen-Kundin fordert 240 Euro zurück und blitzt bei Bank ab / Wernigeröderin will notfalls vor Gericht ziehen Tauziehen um kassierte Kreditgebühr

Von Dennis Lotzmann 04.03.2015, 02:25

Die Harzsparkasse ist wegen ihres Geschäftsgebahrens rund um erhobene Kreditgebühren in die Kritik geraten. Eine Frau aus Wernigerode fordert 240 Euro zurück und ist empört über die Töne, die ihr entgegenschlagen.

Wernigerode l "Eigentlich", sagt Hannelore Becker, "war ich bislang ja ein ganz zufriedener Kunde der Harzsparkasse". Eine Einschätzung, die sich in den vergangenen Wochen jedoch gründlich verändert hat. Hintergrund sind ein im Sommer 2010 bei der Sparkasse aufgenommener Kredit und die in diesem Zusammenhang vom Bankhaus in Rechnung gestellte Bearbeitungsgebühr. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom Mai 2014, wonach derartige Gebühren unzulässig sind, bat Hannelore Becker die Sparkasse um Rückzahlung jener 240 Euro. Bislang allerdings erfolglos. Mitarbeiter des Vorstandssekretariats wiesen die Forderung der Wernigeröderin zurück.

Die Volksstimme bat Gabriele Emmrich von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt um eine rechtliche Bewertung von Hannelore Beckers Fall. Ihr Fazit ist eindeutig: Die für den am 31. August 2010 abgeschlossenen Privatkredit automatisch berechneten 240 Euro Gebühr seien mit Blick auf die BGH-Rechtsprechung allem Anschein nach unberechtigt erhoben worden.

Jenes Entgelt, versichert Hannelore Becker, sei nicht gesonderter Verhandlungsgegenstand gewesen, sondern wurde - wie es juristisch formuliert wird - im Zuge des Kreditabschlusses "formularmäßig" mit erhoben. Und der Kreditabschluss fällt in den vom BGH definierten Verjährungszeit- raum.

"Es gibt Banken, die zahlen anstandslos. Andere versuchen, sich der Forderungen zu entledigen, indem sie abwimmeln und auf Zeit spielen."

Gabriele Emmrich, Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt

Im Normalfall liegt diese Frist in Deutschland bei drei Jahren. Weil jedoch erst 2011 Gerichte der Vorinstanz zugunsten der Kreditkunden entschieden, verlängerte der BGH die Verjährung im Herbst 2014 einmalig auf zehn Jahre. Um wiederum von diesem Urteil zu profitieren, mussten die Betroffenen ihre Rückforderungen bis zum 31. Dezember 2014 geltend machen. Und genau das hat Hannelore Becker im November getan.

Die ablehnende Antwort der Sparkasse (Ausriss) vom 11. Dezember 2014 hat die 62-Jährige "mit großer Enttäuschung" zur Kenntnis genommen. Insbesondere die beiden letzten Sätze, mit denen die Unterzeichner nicht einmal ansatzweise Gesprächsbereitschaft erkennen lassen: "Bitte betrachten Sie unseren Standpunkt hierzu als abschließend. Zu Verhandlungen oder Gesprächen hierüber sind wir nicht bereit."

Inhaltlich begründen die Bankmitarbeiter ihre Ablehnung eher allgemein mit der erfolgten vorbehaltlosen Rückzahlung des Gesamtdarlehens durch Kreditnehmerin Becker. Und daraus konstruieren sie kurzerhand einen verwirkten Rückforderungsanspruch.

Ein Antwortschreiben, das eine "ganz typische Hinhalte- und Abwimmelungstaktik erkennen lässt", sagt Verbraucherschützerin Emmrich. Obendrein wirft es für sie juristische Fragen auf: "Wie kann etwas verwirkt sein, wenn es ganz offensichtlich noch nicht mal verjährt ist?" Die Kundin habe als juristischer Laie im guten Glauben den gesamten Kreditbetrag abgezahlt und nicht ahnen können, dass zwischenzeitlich Gerichte jene Gebühr für unzulässig erklären, so Emmrich.

Ob Hannelore Becker ein Einzelfall ist oder nur einer von vielen, wollte die Volksstimme beim Vorstand der Harzsparkasse in Erfahrung bringen. Ein Fragenkatalog hinsichtlich der Gesamtzahl von Rückforderungen und der Erfüllungsquote seitens der Sparkasse blieb jedoch ebenso unbeantwortet wie konkrete Fragen zum Fall Hannelore Becker. Eher allgemein hieß es: "Die BGH-Urteile zum Thema Bearbeitungsgebühren wurden von unseren Juristen geprüft. In allen Fällen in denen nach unserer Rechtsauffassung die Urteile übertragen werden konnten, erfolgte eine Erstattung der Bearbeitungsgebühr durch die Harzsparkasse." Zum Fall Becker möchte man - trotz Entbindung vom Bankgeheimnis - wegen des anhängigen Gerichtsverfahrens in der Chefetage in Wernigerode gar nichts sagen.

"Ich fühle mich unfair behandelt, mir geht es jetzt auch ein bisschen ums Prinzip."

Hannelore Becker, Kreditkundin der Harzsparkasse

Dass Becker längst kein Einzelfall ist, belegt ein anonymisiertes Schreiben, das der Volksstimme vorliegt. Darin weist das Vorstandssekretariat der Harzsparkasse das Rückforderungsbegehren anderer Kreditnehmer mit der wortwörtlich identischen Formulierung zurück.

Die Banken in Sachsen-Anhalt reagieren höchst unterschiedlich auf die BGH-Urteile und Rückforderungen seitens der Kunden, hat Gabriele Emmrich beobachtet. "Es gibt welche, die zahlen anstandslos und sogar mit Zinsaufschlag. Andere wiederum versuchen, sich der Forderungen zu entledigen, indem sie abwimmeln und auf Zeit spielen."

Was Hannelore Becker aus eigener Erfahrung bestätigen kann: "Ich hatte vor dem Sparkassen-Darlehen noch einen Kredit bei einer anderen Bank - dort wurden die Gebühren anstandslos erstattet." Ähnlich sei es bei ihrem Mann und wieder einer anderen Bank gewesen. Dort sei die Gebühr sogar plus Zinszuschlag zurückgezahlt worden.

Hannelore Becker will nun auch bei der Harzsparkasse hartnäckig bleiben. Sie hat rechtzeitig vor dem 31. Dezember 2014 einen Mahnbescheid gegen die Bank erwirkt. Die Harzsparkasse ist dagegen in Widerspruch gegangen. Der Streitwert ist damit um 105 Euro gestiegen - von 240 auf nunmehr 335 Euro. Becker ist es das wert: "Ich fühle mich unfair behandelt, mir geht es jetzt auch ein bisschen ums Prinzip", sagt die 62-Jährige, die der Sparkasse seit mehr als 20 Jahren die Treue hält.

Wie der Streit ausgeht und ob am Ende wirklich Richter entscheiden müssen, bleibt abzuwarten. Das Vorstandssekretariat der Bank hat Hannelore Becker Mitte Februar bestätigt, dass die Verjährung ihrer Forderung aufgrund des Mahnbescheids gehemmt sei. Nachdem Mitte Dezember bereits von Verwirkung die Rede gewesen war.