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Disput zwischen Ströbeck und der Spitze im Rathaus wirft eine Frage auf: Was ist eigentlich los? Haussegen hängt mal wieder schief

Von Dennis Lotzmann 30.03.2015, 03:23

Zwischen Ströbeck und der Verwaltung im Halberstädter Rathaus knirscht es. Ein Ortschaftsrat ist jüngst mit einem Paukenschlag von allen Ämtern zurückgetreten. Ortsbürgermeister Jens Müller zeigt sich verärgert und übt den zivilen Ungehorsam. Doch was ist überhaupt passiert?

Halberstadt/Ortsteile l Wenn die Ressortchefs in der Halberstädter Verwaltung demnächst zu ihren turnusmäßigen Dienstberatungen mit Oberbürgermeister Andreas Henke zusammenkommen, ist wieder mehr Mobilität gefragt. Der Grund ist einfach: Neben dem Rathaus sollen auch die Ortsteile wieder stärker als Tagungsorte genutzt werden. Mit dieser Entscheidung reagiert Linkspolitiker Henke auf Kritik aus dem Schachdorf Ströbeck. Der dortige Ortsbürgermeister Jens Müller hatte kürzlich wieder eine gewisse Entfremdung zwischen Kernstadt und Ströbeck konstatiert.

Unter anderem kritisierte der SPD-Politiker die fehlende Präsenz der Verwaltungsspitze in seinem Ortsteil. Früher, nach der Eingemeindung in die Kreisstadt, habe es jene Treffen in den Dörfern regelmäßig gegeben. Das habe die Möglichkeit eröffnet, gemeinsam durchs Dorf zu gehen und Probleme gleich vor Ort zu besprechen. Dies, so Müller vor einigen Wochen zur Volksstimme, sei leider wieder eingeschlafen.

Kritik, auf die OB Henke reagiert: Ab Mai, sagte er jetzt auf Anfrage, werde es die Treffen unter Einbeziehung von Ortsbürgermeistern und Ortschaftsräten erneut geben - "wir beginnen damit am 6. Mai in Athenstedt".

Zugleich zeigte sich Henke verwundert über die Kritik aus und die Entwicklungen in Ströbeck. Dort hatte, wie kürzlich berichtet, Maik Ledderbohm alle Ämter im Ortschaftsrat und bei der Feuerwehr hingeschmissen, weil er keine Möglichkeiten mehr sah, die kommunalen Entwicklungen bewusst mitzugestalten. Ortsbürgermeister Müller hatte seinerseits besagte Dienstberatungen kritisiert.

Abgesehen davon sieht Jens Müller noch mehr Kritikpunkte im Miteinander zwischen Verwaltung und Dorf. Konkret äußern wollte er sich dieser Tage dazu jedoch nicht. Er habe sich schriftlich an OB Henke gewandt und noch keine Antwort erhalten. Deshalb gebe es vorerst keine Details in der Öffentlichkeit, stellte er klar.

Gleichwohl müssen die Themen brisant und der Handlungsdruck aus Sicht des Ströbeckers akut sein: Jens Müller verweigert, wie er sagte, bis auf weiteres die Teilnahme an den Zusammenkünften der Ortsbürgermeister mit Oberbürgermeister Henke.

Warum? "Das sage ich erstmal nicht. Für mich ist das aber eine Form des zivilen Ungehorsams. Ich will einfach mal ein Exempel statuieren", erklärte der Sozialdemokrat. Nur soviel: Die Kernstadt und Ströbeck hätten sich damals zur Eingemeindung bekannt - "dazu gehört, dass wir jetzt auf Augenhöhe verwaltet werden". Das sei nicht zuletzt auch der Tenor im Gebietsänderungsvertrag. "Das Problem ist, dass wir vom Schreibtisch aus verwaltet werden", so Müller.

Signale, die OB Henke verwundert registriert, wie er jetzt sagte. "Es ist richtig, ich habe Post von Jens Müller bekommen und darauf noch nicht geantwortet." Aus gutem Grund, so Henke: "Ich musste die Kritikpunkte erstmal verwaltungsintern prüfen lassen." Anders als Müller ging Henke auf Nachfrage auch etwas ins Detail: Die Kritik beziehe sich auf Arbeitsaufträge im Baubereich, den Umbau eines alten Stalls zum Domizil für den Feuerwehrverein und Probleme, die den Schachverein tangierten.

Dessen ungeachtet zeigt sich Henke von den Entwicklungen irritiert und verwundert: "Die Entscheidung von Maik Ledderbohm bedauere ich sehr. Auf die Kritik von Ortsbürgermeister Müller werde ich natürlich reagieren und das direkte Gespräch mit ihm suchen."

Verwundert ist offenbar nicht nur Henke, wie die Reaktionen in anderen Ortsteilen zeigen. Die Volksstimme hat mit mehreren Ortsbürgermeistern gesprochen. Zum Disput zwischen Ströbeck und der Verwaltung will sich niemand direkt äußern. "Wir kennen keine Details", heißt es unisono. Dafür herrscht jedoch weitgehend Einigkeit, dass man Ledderbohms Schritt nicht versteht und das Agieren von Müller schwerlich nachvollziehen kann.

"Es gibt immer mal wieder Sandkörnchen im Getriebe, daran habe ich mich aber gewöhnt", sagt ein Amtskollege. "Es gibt Verwaltungsmitarbeiter, mit denen klappt es immer perfekt. Und es gibt andere, da funktioniert es eben nicht so gut. Da muss man halt mehr Druck machen."

Ein anderer Bürgermeister erinnert daran, dass man auf die Entwicklung in den Ortsteilen eigentlich gemeinsam stolz sein könne. "Ja, mitunter müssen wir in der Verwaltung auch mal wieder deutlich machen, dass es uns gibt. Deshalb ist es gut, dass der OB nun auf die berechtigte Kritik reagiert und wieder häufiger in die Dörfer kommen will." Genau das sei der richtige Schritt: "Miteinander reden, gemeinsam nach Lösungen und Kompromissen suchen, stets nach vorn schauen und niemals die Tür zuschlagen." Auch wenn die öffentlichen Kassen leer seien - "Not macht bekanntlich erfinderisch".

Und das Schachdorf Ströbeck - das ist allgemeiner Konsens unter den Ortsbürgermeistern - könne sich wahrlich kaum beklagen. Dort sei doch viel passiert und zuletzt das neue Feuerwehr-Depot gebaut worden.

Deshalb will OB Henke die Signale aus dem Schachdorf auch nicht überbewerten. Er spricht von "atmosphärischen Störungen", will das Gespräch mit Jens Müller suchen und ist sich sicher, "dass wir das wieder hinbekommen".