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Feierstunde im ehemaligen Zwangsarbeiterlager Wernigerode anlässlich des Kriegsendes vor 70 Jahren / An Oberst Gustav Petri erinnert Ein "Nein", das vielen Menschen das Leben rettete

Von Theo Weisenburger 13.04.2015, 01:24

Wernigerode l Vor 70 Jahren, am 11. April 1945, endete mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen für die Wernigeröder der Zweite Weltkrieg. Gleichzeitig wurde das Zwangsarbeiterlager am Veckenstedter Weg aufgelöst, die letzten dort noch verbliebenen Zwangsarbeiter erhielten ihre Freiheit zurück. Nur wenige Menschen starben in Wernigerode an diesen letzten Kriegstagen. Das ist dem letzten Stadtkommandanten, Oberst Wolfgang Petri, zu verdanken, der sich dem Befehl zur Verteidigung der Stadt widersetzte. Tags darauf wurde er deshalb von der SS bei Drei Annen Hohne erschossen.

All dieser Ereignisse gedachten am Sonnabend Vertreter von Kreis und Stadt in der Mahn- und Gedenkstätte am Veckenstedter Weg. Erinnern alleine reiche nicht aus, sagte Landrat Martin Skiebe (CDU). Gerade angesichts aktueller Ereignisse müsse man sich dessen bewusst sein, "dass die Demokratie verletzlich ist", spielte Skiebe auf die Vorfälle in Tröglitz an. Deshalb müssten alle ihre Stimme erheben für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte.

Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) sprach vom "Nein" des Obersten Petri, das vielen Menschen das Leben gerettet hat. Mit Flüchtlingen, Zwangsarbeitern und Patienten des Lazaretts lebten in den letzten Kriegstagen mehr als 50000 Menschen in der Stadt. Oberst Petri hielt die Verteidigung der Stadt für sinnlos, das habe er mit dem Leben bezahlen müssen.

Gaffert sprach aber auch von heutigen Zeiten. "Die Welt ist instabiler geworden", sagte er und zählte die Unruheherde in der Welt und in Deutschland auf: Krim und Ukraine, Naher Osten und Syrien, aber auch Pegida und Tröglitz, wo ein Haus angezündet wurde, "in dem Menschen ein Zuhause finden sollten, die alles verloren haben". Deshalb müsse man auch heute weiter "Nein" sagen zu Verharmlosung, Relativierung und Rassismus.

Gedenkstättenleiter Matthias Meißner erinnerte daran, dass es nicht nur in Wernigerode, sondern in vielen Orten des Harzkreises Zwangsarbeitslager gegeben habe. Er stellte die Umbauarbeiten der vergangenen Jahre vor. Vor allem die Außenanlagen, die zu DDR-Zeiten mit Ziersträuchern bepflanzt waren, wurden in ihren ursprünglichen, tristen Zustand zurückgeführt. Das sei authentischer, sagte Meißner. Bedauerlich sei, dass nur wenige Schüler aus der Region den Weg in die Gedenkstätte finden. Es gebe lediglich zwei Schulen, die regelmäßig zu Besuch seien. Die meisten Schülergruppen kämen von außerhalb des Harzkreises und des Landes Sachsen-Anhalt.

Einige davon waren auch am Sonnabend vor Ort. Schüler aus dem französischen Belfort, der Partnerregion des Kreises, stellten ihre Forschungsergebnisse zum Thema "Resistance und Deportation" vor.

Im Anschluss an die Feierstunde gedachten zwei Vertreterinnen der Wernigeröder CDU auf ihre Weise Oberst Gustav Petri. Landtagsabgeordnete Angela Gorr und Stadträtin Jutta Meier legten am Gedenkstein in Drei Annen Hohne einen Kranz nieder. Die CDU-Fraktion kümmert sich seit seit 15 Jahren um die Anlage.