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Weniger Brutgelegenheit durch Flächenabriss Kinderstuben-Not bei Mauerseglern

Ist der Mauersegler in Halberstadt gefährdet? Klaus Schönyan hat
beobachtet, dass den eindrucksvollen Vögeln, bedingt durch den Abriss
und die Sanierung von Plattenbauten, zunehmend die Nistgelegenheiten
ausgehen.

Von Jörg Endries 27.05.2015, 03:24

Halberstadt l Mauersegler ziehen wieder ihre Kreise über Halberstadt. Sie brüten in der Stadt. Klaus Schönyan befürchtet, dass den Vögeln die Brutplätze zunehmend verloren gehen. "Meine Beobachtungen zeigen, dass die Mauersegler sehr häufig in den sogenannten Plattenbauten die Fugen für den Nestbau nutzen. Mit der fortschreitenden Sanierung beziehungsweise dem Abriss dieser Wohngebäude werden immer mehr Nistmöglichkeiten beseitigt", ist er besorgt. Dies bestätigt auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Der Mauersegler sei bereits auf die Vorwarnliste der "Roten Liste" gefährdeter Brutvögel gesetzt worden.

Weit mehr als 1000 Plattenbauwohnungen aus den 1980er Jahren sind in Halberstadt seit den 1990er Jahren von den beiden großen Wohnungsunternehmen Halberstädter Wohnungs Gesellschaft (HaWoGe) und der Wohnungsbau Genossenschaft Halberstadt (WGH) abgerissen worden. Die vorerst letzten sind 2014 in der Kühlinger Straße zurückgebaut worden. Klaus Schönyan befürchtet, dass der Mauersegler in Halberstadt keine Zukunft hat. "Was tun die hier ansässigen Wohnungsunternehmen, um das Problem zu lösen", fragt der Halberstädter.

Die HaWoGe hat für den Verlust von Brutplätzen, bedingt durch den Abriss von Häusern im Nordring, einen Ausgleich geschaffen, informiert Geschäftsführerin Beate Grebe. "Wir haben eine Nistkastenanlage an einem Wohnhaus am Burchardikloster installiert. WGH-Sprecher Thomas Schatz: "Aspekte des Vogelschutzes werden in der Vorbereitung für energetische Modernsierungen bedacht. Dazu stehen wir im Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde beim Landkreis Harz, die die Vorhaben der Genossenschaft umweltfachlich begleitet."

"In der Tat, die zu DDR-Zeiten sehr schlampig gebauten Plattenbauten haben den Mauerseglern dank großer Hohlräume und Fugen, die nicht verfüllt wurden, zahlreiche Nistgelegenheiten geboten", bestätigt auf Volksstimme-Anfrage Dr. Bernd Nicolai, Direktor des Vogelkundemuseums Heineanum. Im Nordring Halberstadts habe es mit 100 Brutpaaren in der Kreisstadt die größte Mauerseglerkolonie gegeben. Mit dem Abriss der meisten Wohnhäuser seien viele Nistplätze verloren gegangen. "Und die wenigen Häuser, die übrig geblieben sind, wurden natürlich saniert. Hohlräume, Fugen und Nistgelegenheiten sind damit verschwunden", bedauert Bernd Nicolai. In Halberstadt sei man allerdings nicht tatenlos geblieben. "Problem ist nur, dass die Mauersegler sehr stur sind. Es braucht meist Jahre, bis die Brutpaare einen neuen Nistplatz annehmen." Nach seinen Erkenntnissen würden einige Paare in diesen Anlagen mittlerweile ihre Jungen aufziehen.

Die Problematik würde man nicht aus dem Auge verlieren, so der Chef des Heineanums. Aktuell seien an der erst kürzlich fertiggestellten Fachwerkfassade am Gleimhaus mehrere Einfluglöcher für Mauersegler mit installiert worden. Die Mauersegler-Population in Halberstadt sei auf keinen Fall gefährdet. Die genaue Erfassung sei sehr schwierig, betont der Ornithologe. Die letzte Schätzung stammt aus dem Jahr 2000. Danach wird die Zahl der Brutpaare mit 600 bis 750 angegeben.