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Osterwiecks größter Arbeitgeber, die Druckerei Borek, hat sich völlig neu aufgestellt "Technische Revolution, die noch lange nicht am Ende ist"

Von Mario Heinicke 26.04.2011, 06:37

Borek Kommunikation ist mit etwa 250 Arbeitsplätzen der größte Arbeitgeber im Osterwiecker Stadtgebiet. Hervorgegangen aus der Druckerei Demos, die der Braunschweiger Unternehmer Henning Borek vor 21 Jahren kaufte, hat sich das Unternehmen in Osterwieck in den vergangenen Jahren völlig neu aufgestellt. Den klassischen Druck gibt es hier nicht mehr.

Osterwieck. Es ist leiser geworden in der riesigen Produktionshalle an der Lüttgenrode Straße. Wo früher 25 Meter lange Druckmaschinen liefen, stehen heute hohe Lagerregale. Produziert wird an anderer Stelle an verhältnismäßig kleinen Maschinen, die eher an einen überdimensionalen Drucker im Büro erinnern. Den klassischen Druck hat Borek 2007 aufgegeben, die Maschinen wurden verkauft, 70 Mitarbeiter entlassen. "Das war eine sehr schwere Entscheidung. Für mich war es das Schwierigste, den Leuten in die Augen zu schauen, die mich 1990 gewählt hatten, die Druckerei zu übernehmen." Aber ohne diese Entscheidung, so Borek, "hätte ich mir den Tod des Unternehmens ausrechnen können. Wir mussten uns umstellen."

Wenn Henning Borek heute über sein Unternehmen spricht, kommt das einfache Wort "Druck" nur noch selten vor. Eher schon als "Digitaldruck", noch öfter spricht er von "Daten", und das in vielen Variationen - Datenverarbeitung, Datenmanagement, Datendruck, Datensicherheit. "Wir erleben eine technische Revolution, die noch lange nicht am Ende ist", erklärt er.

Daten zu drucken, ist ein komplizierter Prozess. Und ein äußerst vielfältiges Aufgabengebiet. "Wir sind sehr breit aufgestellt." Borek druckt in rasender Geschwindigkeit Serienbriefe, wobei von Brief zu Brief andere Adressen aufgedruckt werden. 13 der 16 deutschen Lottogesellschaften werden von Osterwieck aus beliefert. Früher wurden die Lottoscheine in Osterwieck gedruckt, jetzt kommen diese aus Polen und werden in Osterwieck verarbeitet. Hier kommen zum Beispiel die vorgedruckten Kreuze und bei bestimmten Lottoformen die Zahlen auf die Tippscheine. Auch Rubbellose werden jetzt hier hergestellt. Borek arbeitet für Finanzdienstleister und große Unternehmen mit sensiblen Daten, druckt zum Beispiel Lohn- und Gehaltszettel. "Früher zeigte sich Qualität in der Farbe auf dem Papier, heute ist es die Sicherheit der Datenverarbeitung."

"Ohne die Mitarbeiter in Osterwieck hätten wir die Anpassung nicht geschafft"

Das Internet spielt eine immer größer werdende Rolle. "Web to print" heißt ein Schlagwort, Druckprozesse werden übers Internet angesteuert. Gerade erst wurde bei Borek eine neue Webseite ins Netz gestellt, die dem Rechnung trägt. Erste Schritte geht das Unternehmen jetzt bei der Produktion von Fotobüchern. Eine neuartige Form als Album, dessen Seiten von den Kunden nach und nach komplettiert werden können.

Aufträge für klassischen Druck nimmt Borek weiterhin an und gibt diese an Druckereien auch im Landkreis weiter.

Bewegt spricht Henning Borek heute noch von seinen allerersten Besuchen in Osterwieck nach der Grenzöffnung 1989. Kontakt zu Osterwiecker Demos-Druckern bekam er 1990 in Magdeburg bei einem Treffen zwischen der IHK Braunschweig und der Magdeburger Plankommission. Die ersten Besuche in Osterwieck seien "emotional aufwühlend" gewesen, vor allem als ihm ein Drucker auf die Schulter klopfte und sagte: "Jetzt müssen Sie das machen." In Abwesenheit sei er von der Belegschaft gewählt worden, den Betrieb zu übernehmen.

"Ich habe die Osterwiecker lieb gewonnen", sagt Henning Borek. Ob er den permanenten Anpassungsprozess an die Veränderungen auch am Alt-Standort in Braunschweig geschafft hätte, bezweifelt er. "Ohne die Mitarbeiter in Osterwieck hätten wir die Anpassung an neue Märkte nicht geschafft. Auf die Menschen im Osten konnte ich immer bauen. Sie sind loyaler, motivierter und einsatzwilliger als im Westen." Das habe auch den Ausschlag gegeben, 1997 sein Unternehmen nicht in Braunschweig, sondern in Osterwieck zu erweitern. Mittlerweile ist selbst die Verwaltung in die Ilsestadt umgezogen. Henning Borek unterhält nur noch für sich selbst ein Büro in Braunschweig, wo aber weiterhin der offizielle Geschäftssitz ist.

Eine neue Ausrichtung erfordert auch neue Berufsgruppen im Unternehmen. Borek bildet Nachwuchs aus, von Digitaldruckern über Datenmarketingkaufleuten, Mediengestaltern bis Lagerlogistikern. Letztere werden für den umfangreichen Versand benötigt. Tagtäglich holen geschätzte vier Lkw und zehn Kleintransporter Drucksachen ab.

Kürzlich gab es Kontakt mit der Osterwiecker Bürgermeisterin. Im Ergebnis soll die Zusammenarbeit mit den Schulen in Osterwieck und Dardesheim verstärkt werden, vielleicht auch als Partnerunternehmen, um hier verstärkt Berufsnachwuchs zu werben.

Etwa 150 Arbeitsplätze entfallen bei Borek auf Tätigkeiten im Niedriglohnbereich, vor allem in Verpackung und Versand. Der Inhaber hebt dabei die Flexiblität der Osterwiecker hervor, in Spitzenzeiten schnell zur Stelle zu sein.

Henning Borek steht jetzt in der sechsten Generation des Familienunternehmens. Er sieht sich und seine Mitarbeiter auch trotz der zunehmenden Digitalisierung seiner Branche in der Tradition des Buchdruck-Erfinders Johannes Gutenberg, was sich in Osterwieck weiterhin auch im Gautschen der Jung-Gesellen ausdrückt. "Der Buchdruck war eine Kunst", erklärt Borek. Eine Internetseite werde im Prinzip heute noch nach ähnlichen Regeln gestaltet. "Das ist auch Kunst."

www.borekmedia.de www.meinfoto-album.de