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Oldtimer-Freunde aus der Börde trainieren im Harz für WM auf der Großglocknerstraße "Geschwindigkeit ist für uns kein Reiz"

Von Tom Koch 12.05.2011, 04:31

Im September findet in Österreich die 10. Oldtimer-Traktoren WM statt. Sachsen-Anhalts Landesmannschaft trainiert für diese Herausforderung im Harz. Am 14. Mai fahren die historischen Fahrzeuge von Wernigerode nach Schierke. Oldtimer-Freunde aus nah und fern sind eingeladen, sich an der Ausfahrt zu beteiligen.

Wernigerode. Acht Traktoren, der jüngste wurde in den 1960er-Jahren gebaut, der älteste ist Baujahr 1939, begeben sich auf eine Bergfahrt. Gesteuert werden sie von der Landesmannschaft Sachsen-Anhalts.

Diese Tour ist kein normaler Korso historischer Landtechnik, sondern braucht knallhartes Training. Am kommenden Sonnabend um 9.30 Uhr beginnt am Wernigeröder Westerntor die Ausfahrt hinauf in den Harz. Nach 16 Kilometern ist der Schierker Bahnhof das Ziel der Piloten, die im Herbst die Alpen meistern wollen.

Der Plan von Organisator Erich Bänecke ist, den um 11.30 Uhr vom Bahnhof des Brockenorts abfahrenden Sonderzug zu erreichen. Nachdem der Harzgipfel mit Hilfe historischer Bahntechnik erreicht worden ist, werde auf gleichem Wege die Rückfahrt nach Schierke bewältigt. Dort starten die Oldtimer um 15 Uhr ihre Talfahrt nach Wernigerode.

Bänecke, der in der Börde einen Reifen- und Fahrzeugteilehandel betreibt, hat seine familiären Wurzeln in Elbingerode. So war für ihn die Idee naheliegend, für die Großglockner-Tour in den höchsten Bergen Sachsen-Anhalts zu trainieren (Volksstimme berichtete).

Allerdings musste sich der passionierte Technik-Fan von einem anbitionierten Wunsch inzwischen verabschieden: Dass wenigstens ein Traktor bis hinauf auf die Brockenkuppe fahren darf. Vergebens hatte er versucht, Nationalpark-Chef Andreas Pusch als Verbündeten zu gewinnen.

"Traktorenkolonne im Nationalpark geht gar nicht"

Dieser erklärte nach dem Bänecke-Gespräch gegenüber der Volksstimme, er sei sehr wohl jemand, der ehrenamtliches Engagement zugunsten historischer Technik zu schätzen wisse, aber: "Eine Traktorenkolonne durch den Nationalpark geht gar nicht. Auch nicht nur einer, selbst wenn es sich um eine symbolische Trainingsfahrt mit einem Oldtimer handelt." Außerdem, so Pusch, entscheide nicht seine Behörde, sondern die Kreisverwaltung darüber, ob es eine Genehmigung zum Befahren der Brockenstraße gibt.

Bänecke indes hat im Landratsamt keinen weiteren Anlauf in dieser Sache unternommen. Unterdessen musste sich der Organisator von einer nicht minder attraktiven "Havarievariante" verabschieden. Die Idee war, auf einem Güterwagen der Harzer Schmalspurbahnen einen Traktor zum Gipfel zu fahren. HSB-Chef Matthias Wagener hatte in einer ersten Reaktion erklärt: "Warum nicht, Kamele haben wir auch schon auf diese Weise auf den Brocken befördert." Da am 14. Mai jedoch bereits der "Bockbier-Sonderzug" verkehre, könne an diesen nicht ohne weiteres ein Güterwagen angehängt werden. Also wird es an diesem Sonnabend keinen Oldtimer-Trecker auf dem Blocksberg geben.

Egal, Erich Bänecke hofft dennoch auf möglichst viele Oldtimer-Freunde, die mit ihm und der Landesauswahl die Strecke von Wernigerode nach Schierke unter die Pneus ihrer betagten Fahrzeuge nehmen wollen. Interessenten daran samt Zugfahrt auf den Brocken sollten sich bei ihm bis zum 11. Mai melden, telefonisch sei er unter der Rufnummer (01 71) 9 90 27 78 zu erreichen. Wichtig ist ihm der Hinweis, dass es sich dabei um eine "Freie Ausfahrt" handele. Das bedeute, diese Oldtimer-Piloten seien selbst für die Fahrtüchtigkeit der Traktoren, auch für die Gültigkeit ihrer Papiere verantwortlich.

Was genau will die Traktoren-Landesauswahl im Harz eigentlich trainieren? Immerhin erreicht die Großglockner-Hochalpenstraße die stolze Passhöhe von 2506 Metern, beinahe mehr als zweimal höher als der Brocken, von der Meereshöhe über Null des Schierker Bahnhofs mit 687 Metern ganz zu schweigen. Erich Bäneke weiß, dass die Steigung beider Straßen durchaus vergleichbar ist, auch Österreichs höchstgelegene Passstraße weise maximal einen zwölfprozentigen Anstieg auf.

"Steigung ist mit den Alpen durchaus vergleichbar"

Es gehe selbstverständlich nicht um Höchstgeschwindigkeiten oder gar Streckenrekorde, so Bänecke. Schließlich gebe es auch bei der WM im September wieder Prüfungen, bei denen die Starter möglichst genau eine Durchschnittsgeschwindigkeit von zwölf Kilometern pro Stunde fahren sollen. "Die Geschwindigkeit ist für uns kein Reiz." Vielmehr soll im Harz unter durchaus realistischen Bedingungen die Einsatzbereitschaft der Traktoren-Veteranen mit so stolzen Fabrikaten wie Eicher, Lanz Bulldog, Brockenhexe oder Belarus überprüft werden.