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Wiederaufbau des Kirchturms in Eilenstedt kommt voran: Erste beiden Etagen werden jetzt betoniert "Betonköche" suchten lange Optimal-Rezept

Von Dennis Lotzmann 21.05.2011, 06:34

Mit etwas Verzögerung haben jetzt die Betonarbeiten für die ersten beiden Geschosse des neuen Kirchturms in Eilenstedt begonnen. Bis Mitte Juni sollen die beiden Etagen fertig betoniert sein, heißt es aus dem zuständigen Architekturbüro. Parallel dazu wird nach Möglichkeiten für die weitere Finanzierung des Neubauprojektes gesucht, um die rest- lichen Geschosse des Turmes rasch bauen zu können.

Gemeinde Huy/Eilenstedt. Wird das überhaupt noch was? Eine Frage, die in Eilenstedt mit Blick auf das große Ziel - den Neubau des vor Jahren gänzlich abgerissenen Kirchturms - zuletzt durchaus schon mal häufiger zu hören war. Knapp ein Jahr nach dem Gießen der Fundamentpfähle und der offiziellen Grundsteinlegung im Sommer 2010 war es auf der Baustelle an der Sankt-Nicolai-Kirche zuletzt verdächtig ruhig geworden. Sogar die bereits aufgebauten Schalungswände wurden später wieder demontiert.

Allerdings aus gutem Grund, wie Bauplaner und -überwacher Ulrich Rütjerodt vom Planungsring Wernigerode weiß: "Es gab eine ganze Reihe von Details zu klären, und das hat einfach verdammt viel Zeit gekostet", erklärt der Architekt und geht ins Detail: Vereinfacht formuliert hatten die "Köche" einige Probleme mit der optimalen Rezeptur des Betons.

Ganz konkret, präzisiert Rütjerodt, sei es wegen der angestrebten möglichst hellen Farbe des Betons um die Frage der richtigen Mischung gegangen. Eigentlich ein eher unbedeutender Aspekt, wäre da nicht die bauliche Besonderheit des neuen Kirchturms: Dessen Schaft werde aus Sichtbeton gebaut und äußerlich nicht gedämmt oder verkleidet, erklärt der Baufachmann.

Langfristig sei das ein großer Vorteil, weil so wenig Aufwand für die bauliche Unterhaltung - beispielsweise spätere neue Farbgebung - entstehe. "Im Umkehrschluss muss dieser Sichtbeton natürlich optisch ganz sauber und akkurat ausgeführt sein", erklärt der Bauplaner. Und möglichst hell im Grundfarbton. Um diese Wünsche aller Beteiligten zu erfüllen, sei extra ein Betonteam gebildet worden.

"Solcher Sichtbeton muss ganz sauber und akkurat ausgeführt sein"

Ein ganz wesentliches Thema in dieser Gruppe war der Wunsch des Bauherren, jenen Sichtbeton nicht zu dunkel werden zu lassen. "Das aber ist wegen der hiesigen Zuschlagstoffe nicht gerade einfach", skizziert Rütjerodt mit Blick auf den typischen Bodekies die Schwierigkeit. Der färbe den Beton nämlich eher dunkel. Gleichzeitig hätten alle Beteiligten aber wiederum Wert auf regionale Bestandteile gelegt.

Ein schwieriger Spagat, der nicht nur in lange Diskussionen mündete, sondern obendrein sogar Experimente mit Muster-Betongüssen ausgelöst habe, berichtet der Bauplaner. Schließlich könne die Helligkeit mit der Zugabe von Farbpigmenten zum Beton ebenso erreicht werden wie mit der Gabe von Titandioxid. "Letztlich haben wir uns im Betonteam aber gegen Farbpigmente entschieden und uns auch mit dem Einsatz von Titandioxid sehr schwer getan", bilanziert Rütjerodt. Denn dies berge wiederum die Gefahr der Marmorisierung, also die Bildung von Flecken, im Sichtbeton.

Nachdem die "Betonköche" ihre Debatte um die optimale Rezeptur vor wenigen Tagen beendet hatten, konnten jetzt die Betonwerker in Halberstadt mit dem Mischen des "Eilenstedter Sichtbetons mit Weißzement" beginnen. Überdies musste die Schalung noch einmal demontiert werden, weil das Schalungsöl, mit dem das Anhaften des Betons verhindert werden soll, vom Regen ausgewaschen worden war.

Beim Beton selbst geht es um beachtliche Mengen: Um das im aktuellen Bauabschnitt geplante Erdgeschoss, die Geschossdecke sowie das erste Obergeschoss samt Decke zu gießen, müssen laut Bauplaner insgesamt 165 Kubikmeter Beton in die vor Ort aufgebaute Schalung gegossen werden. Außerdem sorgten im Innern der 30 Zentimeter dicken Betonschicht 16 Tonnen Armierungsstahl für die notwendige Belastbarkeit.

Nachdem in dieser Woche zunächst die Seitenwände des Erdgeschosses gegossen wurden, sollen Anfang kommender Woche die Schalung wieder demontiert und zum Ende der Woche hin die Decke gegossen werden. Anschließend folge das Obergeschoss samt Deckenplatte. Aufgrund der notwendigen Aushärtezeit des Betons - Fachleute rechnen nach 28 Tagen mit der Endfestigkeit - würden die Arbeiten voraussichtlich Anfang/Mitte Juni beendet sein.

Dann wird freilich erst ein Teil des insgesamt 22,5 Meter hohen Turmschaftes fertig sein. "Der jetzige Bauabschnitt endet nach der Decke des ersten Oberschosses bei rund 7,50 Metern Höhe", überschlägt der Bauplaner. Für die übrigen Etagen, deren Räume Kirche sowie Kommune später gemeinsam nutzen wollen, laufen derzeit die finanziellen Planungen.

Alles in allem werden für den gesamten Turmschaft 465 Kubikmeter Beton und 45 Tonnen Stahl verbaut. Auf den Schaft werde später die rund 22 Meter hohe Turmspitze aufgesetzt. Turm und Turmspitze, die sich baulich am Original orientieren, ruhen wegen der schwierigen Bodenverhältnisse auf 31 Stützpfählen, die in einer Gesamtlänge von 330 Metern ins Erdreich getrieben wurden.

Finanziert wurden die bisherigen und die jetzigen Arbeiten mit Mitteln aus dem Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten, dem Fonds der Lokalen Aktionsgruppe Huy sowie mit Leader-Mitteln für die Dorfentwicklung. Ferner gaben die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, der Kirchenkreis Halberstadt und die Kirchengemeinde Eilenstedt Mittel. Insbesondere die Kirchengemeinde hofft nun bei den weiteren Bauabschnitten auf finanzielle Unterstützung. Das Ziel ist klar: Am 6. Dezember 2013 - genau 830 Jahre nach der Erstweihe - wollen die Eilenstedter ihre Kirche neu weihen.

www.turmprojekt-eilenstedt.de