1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Aus Hilfslieferungen wird Freundschaft

EIL

Zehn Jahre "Notruf Ukraine" / Osteuropäische Gäste erkunden die Region Aus Hilfslieferungen wird Freundschaft

Von Sandra Reulecke 02.03.2012, 05:24

Huysburg l Der Verein "Notruf Ukraine - Polizisten helfen", der sich die Unterstützung osteuropäischer Krankenhäuser auf die Fahnen geschrieben hat, feiert in dieser Woche sein zehnjähriges Bestehen. Aus diesem Anlass wurden fünf leitende Ärzte des Partnerkrankenhauses aus Sambie in der Ukraine und zwei Geistliche nach Osterwieck eingeladen. Seit Montag lernen sie Deutschland kennen und erkunden die Region. "Wir wollen so für die gute Zusammenarbeit danken und als Partner sollen sie an unserem Jubiläum teilnehmen", sagte Ulrich Scholle. Der Vereinsvorsitzende und Dolmetscher begleiten die Doktoren während ihrer Reise.

Auf Spuren der Benediktiner und der Kultur der Region

Auf dieser Tour besichtigten sie auch das Benediktiner-Kloster auf der Huysburg. Unterstützt durch zwei Übersetzter erzählte ihnen der Mönch Ambrosius Krause von der bewegten Geschichte des Klosters und der des Namensgebers Benedikt. Er berichtete aus der Zeit des 30-Jährigen Krieges, der Auflösung des Klosters im Zuge der Französischen Revolution und der Besetzung durch russische Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Schon aus beruflichen Gründen interessierten sich die Besucher besonders für die Einrichtung eines staatlichen Pflegeheims auf dem Gelände der Huysburg zu DDR-Zeiten.

Bruder Ambrosius führte die Ärzte durch die Gemäuer und erläuterte die Veränderungen der einzelnen Epochen. Nach der politischen Wende wurden umfassende Renovierungs- und Sanierungsarbeiten vorgenommen. Diese verschlangen insgesamt Investitionen im Wert von rund 9,5 Millionen Euro.

Der Mönch gewährte den Ärzten außerdem einen Einblick in das heutige Klosterleben und in das Refektorium - den Speisesaal der Glaubensbrüder. "Mönche sind die Erfinder des Hörbuches", sagte Bruder Ambrosius im Scherz. "Es ist Tradition, dass ein Bruder zu jeder Mahlzeit den anderen etwas vorliest. So lernt man pro Jahr drei bis vier Bücher kennen, ohne sie selbst lesen zu müssen."

Die Besucher nutzten das Gespräch mit dem Mönch, um ihm Fragen zum Alltag in einem Kloster zu stellen: "Halten sich die Brüder noch heute an alle Fasten-Regeln? Trinken sie Alkohol? Wie sehen die Zellen eines Mönchs aus?"

Nach einem gemeinsamen Gottesdienst in der Klosterkirche setzte die ukrainische Reisegruppe ihre Erkundungstour fort. Im Halberstädter Krankenhaus begutachteten sie medizinische Geräte, die dort ausrangiert werden. "Alles was benötigt wird, nehmen wir auf der nächsten Hilflieferung mit", so Scholle. Auch Besuche der Werkstätten eines Sanitätshauses und der Anstalten in Neinstedt standen auf dem Programm der Ärzte. Sehenswürdigkeiten der Region und typische Speisen ließen sie sich ebenfalls nicht entgehen. Neben der Besichtigung des Wasserschlosses in Hessen freuten sie sich auf ein "Schlachte-Essen" in Rohrsheim.

Verein engagiert sich seit zehn Jahren für Osteuropa

Zum Abschluss ihrer Deutschlandreise nehmen die Ärzte heute Abend an der Jubiläumsfeier des Vereins "Notruf Ukraine - Polizisten helfen" in Osterwieck teil. "Mit den Hilfslieferungen haben wir vor zehn Jahren begonnen. Damals waren wir 20 Polizisten. Mittlerweile zählt unser Verein fast 130 Mitglieder aus allen erdenklichen Berufen", berichtete Ulrich Scholle. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Vereins. Anfangs stand nur die Ukraine auf dem Fahrplan, inzwischen werden Hilfslieferungen auch nach Polen und Rumänien gebracht. Mehr als 1000 Tonnen wurden in den vergangenen Jahren in die osteuropäischen Länder transportiert. "¿Wir arbeiten eng mit den Medizinern vor Ort zusammen. Aus den Hilfslieferungen entwickelten sich im Laufe der Jahre Freundschaften. Deshalb ist es uns wichtig, unser zehnjähriges Bestehen auch gemeinsam mit den Ärzten zu feiern", so Scholle.

Die nächsten Hilfsgüter werden zwischen dem 10. und 16. Mai nach Rumänien geliefert.