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Zum Erhalt des Gewässers investierten Angler mehrere Tausend Euro und wochenlange Arbeit Petrijünger retten den Nonnenspringteich

Von Daniel Schlechter 12.10.2013, 01:08

Mit schwerem Gerät kämpfen Angler gegen die drohende Verlandung des Nonnenspringteiches bei Haldensleben. Der Zustand ist kein Einzelfall, denn die Hälfte der Angelgewässer im Landkreis ist ebenfalls bedroht.

Haldensleben l Richtung Bebertal, hinter dem Restaurant "Alte Ziegelei", führt ein Weg in den Wald. Die Wichmannsburg, einst ein Domizil der Tempelritter, lockt die meisten Spaziergänger in diese Ecke des Waldes. Der Weg dorthin führt vorbei am Nonnenspringteich. Hier sind Kettensägen, Hammerschläge und Männerstimmen zu hören - von der Anglervereinsgruppe Haldensleben Nord.

Allerdings hat niemand eine Angel dabei. Etwas mehr als ein Dutzend Vereinsmitglieder wollen an diesem Morgen keine Hechte aus dem Wasser ziehen, sondern dafür sorgen, dass der Teich an sich erhalten bleibt. Dieser droht nämlich - wie viele andere Gewässer im Landkreis auch - zu verschwinden.

"Die Verlandung ist im Prinzip ein natürlicher Auslesevorgang," erklärt Hartmut Achterberg. Der promovierte Biologe zeigt auf den Rohrkolbenschilf, der am Westufer steht und immer weiter in den Teich hineinwächst. "Der Rohrkolben wuchert regelrecht und mit ihm dringt die Landmasse immer weiter in das Gewässer vor."

"Der Rohrkolben ist steinhart, da helfen die üblichen Gartenmethoden nicht."

Biologe Hartmut Achterberg

Das ist nur eine Hälfte des Problems. Die andere ist das Anschwemmen von Sedimenten, also Sand und Schlick, die sich auf dem Grund des Teichs ablagern und das Wasser verdrängen. Beide Vorgänge lassen sich nicht verhindern, da sie zum Kreislauf des Ökosystems Teich gehören, so dass er mit der Zeit erst zu einem Flachmoor werden und später gänzlich verlanden würde.

"Wir haben ungefähr 60 Gewässer im Landkreis - und gut die Hälfte davon ist akut von Verlandung bedroht, weil sich nicht ausreichend gekümmert wird," kommentiert Kreisgewässerwart Thomas Franz das Problem. Um den Teich zu retten, haben die Angler einen komplexen Arbeitsplan erdacht, der aus zwei Schritten besteht.

Zum einen wollen sie den Rohrkolbenschilf großflächig zurückschneiden, was nicht einfach ist. "Der Rohrkolben ist steinhart, da helfen die üblichen Gartenmethoden nicht," erklärt Achterberg. Zum anderen sollen die Sedimente aus dem Teich gepumpt werden. Für beide Vorhaben müssen die Angler eine Spezialmaschine kommen lassen. Zunächst aber ist sehr viel Vorarbeit nötig, nämlich der Bau eines Damms entlang der Uferseite, damit der Schlamm an Land gebracht werden kann und auch dort bleibt.

Für den Dammbau haben die Angler Unterstützung von einem privaten Waldbesitzer bekommen. Sein Waldstück nahe des Teichs ist entforstet worden, und die gefällten Bäume schleppen die Petrijünger ans Teichufer, zersägen sie und zurren die Äste zu dicken Bündeln zusammen. Am Nordufer des Teichs haben die Angler hunderte Holzpfähle in den Boden geschlagen, zwischen die sie die Bündel drücken, so dass ein fester Wall entsteht. Auf der Uferseite haben sie den Wall mit einem Vlies versehen, damit der Schlamm nicht hindurch sickern kann. "Das ist ein hartes Stück Arbeit, und wir hätten uns gefreut, wenn sich mehr Angler angeschlossen hätten," meint Thomas Franz. Für ihn und seine Vereinsfreunde ist es das siebente Wochenende, das sie am Nonnenspringteich verbringen.

"Ich hätte mit allem gerechnet, nur nicht damit."

Kreisgewässerwart Thomas Franz

Dann wird ein Fahrzeug zu Wasser gelassen, das wie ein kleiner Panzer aussieht. Das schwedische Amphibienfahrzeug trägt ein meterlanges Schneidewerkzeug. Nachdem es sich die ersten Meter durch das Schilf gebahnt hat, offenbart sich den Anglern eine unschöne Überraschung: Unter dem dichten Schilf ist kein Wasser mehr, die Landmasse hat bereits einen neuen Uferstreifen gebildet. Thomas Franz ist schockiert: "Ich hätte heute mit allem gerechnet, nur nicht damit." Mit den vorhandenen Mitteln können die Angler da nichts machen. "Dafür müsste man einen Bagger kommen lassen, denn der Rohrschilf steckt ja noch im Boden drin. Aber wer soll das bezahlen?", fragt er in die Anglerrunde. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zunächst mit dem Schnitt fortzufahren.

Zum Abpumpen der Sedimente verfügt das Amphibienfahrzeug über eine Spezialpumpe. Sie zerkleinert die festen Ablagerungen und pumpt sie hinter den Damm. "Das ist fruchtbarer Boden, in einem Jahr wird er bewachsen sein," erklärt Thomas Franz. Die Kosten für den Maschineneinsatz schätzt er auf 6 000 bis 8 000 Euro.

Doch die Angler erfüllen hier ihren Auftrag: Das Gewässer gehört zwar der Stadt, ist aber vom Landesanglerverband Sachsen-Anhalt gepachtet. Dieser vergibt Mittel an die Ortsverbände, mit denen der Fischbesatz und die Gewässer gepflegt werden sollen.

Es sind jedoch nicht nur die Angler, die etwas vom Erhalt des Nonnenspringteichs haben. "Jeder, der den Wald und seine Vielfalt schätzt, profitiert davon, wenn so ein Waldteich und sein Ökosystem erhalten bleiben", meint Hartmut Achterberg. "Hier wird im Prinzip ein Stück Natur für die Allgemeinheit erhalten." Dieser Aufgabe stellen sich die Angler.